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Eine gräßliche Berufsangewohnheit

der eine die Dreitausend, der andere die Fünshundert,
worauf der Mann im braunen Iakett schreiend mit zwölf-
hundert zurück bombardierte. Ich hätte nun eigentlich ganz
gern weiter zugehört, aber da ich bereils aufgestanden war,
mochte ich mich nicht zu neugierig zeigen. Ich ging lang-
sam davon, und noch eine ganze Weile konnie ich das
Lärmen der drei Parteien vernehmen, von denen keine
etwas von der in diesem Schähungsstreit durch ste ver-
trelenen Zahl etwas abzulassen geneigt schien.

Ich hatte mich draußen am Fluß in das Gras geseht,
und dann war, so elwa nach fünf Minuten, der Mann im
braunen Iakett gekommen, verärgert vor sich hinblickend.
Er erkannte mich als den davon gewanderten Gast, nickte
mir zu und sprach mich dann an, wie schon berichtet, mit
jenen dunklen Andeutungen auf einen besonderen Geistes-
zusland. Nun zupfte er al'o Gras. Dabei kam er schließ-
lich an meinen Spazierstock, den ich neben mich gelegt hatte.
Er hob ihn auf. Sacht strich er über das Rohr und klopste
auf den Gr ff. „Das Silber ist dünn," sagte er, „aber das
Nohr ist echt Malakka. Neu jetzt gar nicht mehr zu be-
kommen. Scbade, — an diewr Stelle schält sich's ein bißchen
ab. Immerhin, ein schönes Stück, würde mindestens-"

Aber dann schmiß er den Stock fort und machte eine Geste,
als wollte er sich auf den Mund schlagen. „Also schon
wieder! Immerzu kommt das, hört niemals auf. Sagen
Sie: ist das nun nicht gräßlich? Ist das nicht scheußlich?
Ist das nicht zum Verrücktwerden?"

Diese Frage war natürlich schwer zu beantworten. Ich
meinte ausweichend: „Sie scheinen gerne alle möglichen
Dinge auf ihren Wert abzuschätzen."

„Gerne? Lat sich was mit gerne. Sie haben gar
keine Ahnung. Mit Widerwillen, mit Ekel. Aber ich muß,
ich kann gar nicht mehr anders, ich bin ein Taxierautomat,
eine Abschätzungsmaschine. Begreifen Sie, welch ein An-
glück das sür einen Menschen werden kann? Können Sie
sich in so etwas hineindenken? Sehen Sie: jedes Dtng in
der Welt hat doch einen in Zahlen und irgend einer
Währung ausdrückbaren Wert. Es gibt unendlich viele
und verschiedene Dinge in der Welt, und deshalb ist die
Welt von einer eigentlich ganz angcnehmen Buntheit. Aber
,iun nehmen Sie einmal an, aus irgend einem Grunde
würde eingeführt, daß jedes nur irgendwie abzuschätzende
Ding, groß oder klein, teuer oder billia, offm die seinen
Wert anzeigende Zahl tragen müßte. Würde die Welt da
lFortsetzung Seite 7>

Brüder in Apoll — „Der Aukor ist doch Ihr Freund, lieber Doktor, — nach diesem

kläglichen Machwerk sollken Sie ihm die Freundschaft kündigen."
— „Aber warum? Wenn's doch grade kein Erfolg ist."

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