Der praktische Reisende
— „Nicht einmal eine Sitzgelegenheit habcn die Leute hier!
Aber da habe ich gleich Gelegenheit,-
Dame: Ei ei, Kunstmaler ist Ihr Verehrer — was Sie
für vornehme Bekanntschaften machen — hat der junge Mann
denn schon einen Namen?"
Köchin: „Ia, Schnucki heiß ich ihn!"
— „Daß Sie immer so verrückte Mischungen trinken, Lerr
Brommel!"
— „Na ja, — ungemischte Freuden sollen dem Menschen
nicht beschieden sein."
52
Eine unbegreisliche Gemeinheit
Von Peter Robinson
Diese Geschichte könnte vielleicht recht gut erzählt werden,
— teils mit psychologischen Feinheiten, teils mit spannenden
Verwickelungen, so daß die Leser etwas Ordentliches daran
hätten. Ia wirllich: ein geschickter Schriftsteller lönnte wohl
viel daraus machen. Ich verzichte darauf. Ich werde nur
einen sogenannten trockenen Bericht der Tatsachen geben.
Also:
Zu München in der Pelargonienstraße wohnt im Erd-
geschoß des Äauses Nummer 17 Albert Blaffey, und zwar
links; rechts wohnt Richard Wentsch. Seit etwa zehn Iahren
schon wohnen sie dort; sie kennen einander deshalb natürlich
von Ansehn, haben aber niemals Gelegenheit zu persönlicher
Bekanntschaft gehabt. Albert Blaffey weiß nichts und will
auch nichts wiffen von Nicharb Wentsch, und Nickard Wentsch
weiß nichts und will auch nichts wissen von Albert Blaffey.
Blaffey ist Junggeselle; Wentsch lebt seit fllnfzehn Iahren
in kinderloser, aber im allgemeinen glücklicher Ehe. Seine
Gattin heißt Bertha.
Am es noch einmal zu sagen, denn das muß ausdrücklich
betont werden: Albert Blaffey weiß nichts von Richard
Wentsch. Er hat also gar keinen Grund, irgend eine, auch
nur die leichteste Antipathie gegen Wentsch zu empfinden.
Es hat auch niemals einen der in Mietshäusern sonst üb-
lichen Vorfälle — Lärm, Klavierspiel, Verunreinigung der
Treppe oder sonst etwas gegeben, was Aerger oder Ver-
stimmung zwischen den Nachbarparteien hätte auslösen lön-
nen. Richard Wentsch hat auch durchaus kein so beschaffenes
Gesicht, daß man mit ihm unzufrieden sein könnte; er hat
eine vollkommen neutral harmlose Phyfiognomie. Deshalb
nun ist es ganz und gar unbegreiflich, rätselhast und in ein
überaus isterkwürdiges Dunkel gehttllt, warum eigentlich
Albert Blaffey jene, auch in ihrer Erfindung so sehr seltsame
Gemeinheit verübt hat. Es handelt sich aber um folgendes.
Albert Blaffey mußte einmal nach Berlin fahren. Es
ist anzunehmen, daß dies aus gelchäftlichen Gründen gejchah,
und ebensv, daß er dabei irgendwelche Vorteile erzielte, denn
er trat die Rückreise in einer still heiteren Stimmung an,
der der Wunsch entsprang, die Fahrt durch eine Anter-
brechung unterhaltsam zu gestalten. Blaffey stieg also in
Lalle aus, sah sich diese ihm bisher noch unbekannte Stadt
an, wanderte auch nach dem Giebichenstein hinaus und kehrte
schließlich in einem Gasthof ein. Am nächsten Morgen fuhr
er weiter. Ob es sich nun um einen Irrtum Blaffeys oder
um eine salfche Auskunft eines Bahnsteigschaffners gehandelt
— „Nicht einmal eine Sitzgelegenheit habcn die Leute hier!
Aber da habe ich gleich Gelegenheit,-
Dame: Ei ei, Kunstmaler ist Ihr Verehrer — was Sie
für vornehme Bekanntschaften machen — hat der junge Mann
denn schon einen Namen?"
Köchin: „Ia, Schnucki heiß ich ihn!"
— „Daß Sie immer so verrückte Mischungen trinken, Lerr
Brommel!"
— „Na ja, — ungemischte Freuden sollen dem Menschen
nicht beschieden sein."
52
Eine unbegreisliche Gemeinheit
Von Peter Robinson
Diese Geschichte könnte vielleicht recht gut erzählt werden,
— teils mit psychologischen Feinheiten, teils mit spannenden
Verwickelungen, so daß die Leser etwas Ordentliches daran
hätten. Ia wirllich: ein geschickter Schriftsteller lönnte wohl
viel daraus machen. Ich verzichte darauf. Ich werde nur
einen sogenannten trockenen Bericht der Tatsachen geben.
Also:
Zu München in der Pelargonienstraße wohnt im Erd-
geschoß des Äauses Nummer 17 Albert Blaffey, und zwar
links; rechts wohnt Richard Wentsch. Seit etwa zehn Iahren
schon wohnen sie dort; sie kennen einander deshalb natürlich
von Ansehn, haben aber niemals Gelegenheit zu persönlicher
Bekanntschaft gehabt. Albert Blaffey weiß nichts und will
auch nichts wiffen von Nicharb Wentsch, und Nickard Wentsch
weiß nichts und will auch nichts wissen von Albert Blaffey.
Blaffey ist Junggeselle; Wentsch lebt seit fllnfzehn Iahren
in kinderloser, aber im allgemeinen glücklicher Ehe. Seine
Gattin heißt Bertha.
Am es noch einmal zu sagen, denn das muß ausdrücklich
betont werden: Albert Blaffey weiß nichts von Richard
Wentsch. Er hat also gar keinen Grund, irgend eine, auch
nur die leichteste Antipathie gegen Wentsch zu empfinden.
Es hat auch niemals einen der in Mietshäusern sonst üb-
lichen Vorfälle — Lärm, Klavierspiel, Verunreinigung der
Treppe oder sonst etwas gegeben, was Aerger oder Ver-
stimmung zwischen den Nachbarparteien hätte auslösen lön-
nen. Richard Wentsch hat auch durchaus kein so beschaffenes
Gesicht, daß man mit ihm unzufrieden sein könnte; er hat
eine vollkommen neutral harmlose Phyfiognomie. Deshalb
nun ist es ganz und gar unbegreiflich, rätselhast und in ein
überaus isterkwürdiges Dunkel gehttllt, warum eigentlich
Albert Blaffey jene, auch in ihrer Erfindung so sehr seltsame
Gemeinheit verübt hat. Es handelt sich aber um folgendes.
Albert Blaffey mußte einmal nach Berlin fahren. Es
ist anzunehmen, daß dies aus gelchäftlichen Gründen gejchah,
und ebensv, daß er dabei irgendwelche Vorteile erzielte, denn
er trat die Rückreise in einer still heiteren Stimmung an,
der der Wunsch entsprang, die Fahrt durch eine Anter-
brechung unterhaltsam zu gestalten. Blaffey stieg also in
Lalle aus, sah sich diese ihm bisher noch unbekannte Stadt
an, wanderte auch nach dem Giebichenstein hinaus und kehrte
schließlich in einem Gasthof ein. Am nächsten Morgen fuhr
er weiter. Ob es sich nun um einen Irrtum Blaffeys oder
um eine salfche Auskunft eines Bahnsteigschaffners gehandelt