— „Fräulein Jda, ich habe mir vorgenommen, Ihnen hier oben
meine Liebeserklärung zu machen."
— „Dann wird dieser Gipfel für Sie das sportlich einzigartige Er-
lebnis bilt^n, daß Sie für einen Aufstieg zweimal abgefahren sind!"
Sine unbegreifliche Gemeinhett
hat, ist nicht mehr festzuüellen, — jeden-
salls aber bemerkte Blaffey nach einiger
Zeit, daß der Zug auf der Station
Apolda sich befand, unv das durfte
nicht sein. Das heißt: der Zug durfte
dort naiürlich sein, für den war das
sogar vorgeschrieben, aber Blaffey durfte
sich eben nicht in dieiem Zuge befinden,
sondern hätte in einem andern sihen
müssen, der schon ein Stück vorher,
nämlich bei Groß-Leringen, ein wenig
nach Osten abgebogcn und nach Iena
geeilt wäre, von wo es dann immer
weiter und weiter nach München geht.
„Äallo!" sagte Blaffey, als ihm das
klar wurde, ergriff seinen Landloffer
und prang grade noch im lehten Augen-
blick aus dem Zuge.
Da stand er nun auf dem Bahnsteig.
Er war durch den Zwischenfall nicht
erfreut, seine Laune aber auch nicht
grade getrübt. Gelaffen gab er seinen
Koffer in Verwahrung und wanderte
dann durch die etwas lang sich hin-
ziehende Obere Bahnhofstraße in die
Stadt Apolda hinein. Deutschland hat
viele Städte, und manche werden be-
kanntermaßen als „Perlen" bezeichnet
und gern von Reisenden aufgesucht und
angeichaut. Kein vernünftiger Mensch
in Apolda — und das werden doch wohl
alle sein wollen — wird es übel nehmen.
wenn nun gesagt wird, daß Apolda,
sonst gewiß eine brave, wackere und
verdienstvolle Stadt, grade nicht zu
jenen Perlen zu rechnen ist. Blaffey,
ziellos umherschlendernd, fand »ach
einiger Zeit, daß er nichts besonders Merkwürdiges zu
sehn bekam, und daß jener Entschluß den er zuerst als von
gror-er Geistesgegenwart eingegeben betrachtet haite, der
nämlich, noch schnell aus dem Zuge hinauszuspringen, eher
eine gewiffe Aebereilung gewesen war. Denn wenn er im
Zuge sitzen geblieben wäre, hätie er zwanzig Minuten später
in Weimar aussteigen können, und das hätte doch (kein
vernünftiger Mensch in Apolda usw.) zweifellos etwas mehr
gelohnt. Nun, jetzt war daran nichts mehr zu ändern.
Blaffey suchte also die Zeit zu töten. Dazu bediente er
ych zunächst einer Armbrust, in-
dem er nämlich — die meisten
thüringischen Städte haben Arm-
brüste — in einer so benannten
Gastwirtschaft ein Mittelving
zwischen Frühstück und Mittag-
essen einnahm. Er ließ sich recht
lange Zeit dazu und blieb dann
noch bei einer Zigarre stycn.
Blaffey war bisher der ein-
zige Gast in dem Lokal gewesen.
Nunabertauchten aufundnahmen
neben ihm Platz drei ganz ersicht-
lich einheimische Lerren, deren
Seelen durch einen jähen Vor-
fall erschüttert zu sein schienen.
Vlaffey lauschte ein wenig auf
ihr Gespräch. Angefähr folgende Sätze vernahm er. „Lab'
ich mir schon immer gedacht, daß es mal so mit ihm
kommen würde." — „Nicht wahr? Aber er wollte ja nicht
hören, — immer die schweren Mahlzeiten am Abend und
dann das viele Rauchen." — „Aber schrecklich ist es doch I
Vor einer Stunde, sagten Sie?" — „Knapp, — ich hab's
ja selbst mit angesehn. Ich ging auf der andern Seite der
Straße, da sah ich ihn grade aus der Post herauskommen.
Ich will ihm guten Tag zurufen, — bums, da fällt er um!"
Albert Blaffey war neugierig. Er wandte sich an die
Lerren: „Wohl ein Anglücks-
sall?"
Gern gab man ihm Auskunft.
„Das grade nicht, — Schlag-
anfall, sofort tödlich. Einer unserer
geachtetstenMitbürger, der Nent-
ner Alban Schimmke."
Blaffey nicktemitfühlend. „So,
der Lerr Alban Schimmke, Nent-
ner." Dann, nach einer Pause:
„Darf ich fragen, wo der Lerr
gewohnt hat?"
„Natürlich hier in Apolda.
Ah, die Straße meinen Sie?
Schötener Grund 5l, hier ganz
in der Nähe."
lForksctzung Selke 55)
Ou stist nickit I^Ismme, clie rum Isiimmel loclert
kclit wilclem Lckieiri.
Ou bist eir> rusiig gleitencles Leivüsser,
80 tiek unck rein.
Ou sckisust micsi sn mit cleinen clunklen /)ugen
Wie Ickonclscsieinnscsit —
sVenn clicsi clie lüebesteufelcsien clocki psckten
blit gsnrer Ivlsckit. —
Llnc! wenn cku einmsl rürntest —, scki nur
sckimolltest —
Icki könnt's verstekin!
/)cki, wenn clu nickit so grsusig — ssckiseln
wolltest.
^s 'vsr ru sckiön. v. Lrnim
53
meine Liebeserklärung zu machen."
— „Dann wird dieser Gipfel für Sie das sportlich einzigartige Er-
lebnis bilt^n, daß Sie für einen Aufstieg zweimal abgefahren sind!"
Sine unbegreifliche Gemeinhett
hat, ist nicht mehr festzuüellen, — jeden-
salls aber bemerkte Blaffey nach einiger
Zeit, daß der Zug auf der Station
Apolda sich befand, unv das durfte
nicht sein. Das heißt: der Zug durfte
dort naiürlich sein, für den war das
sogar vorgeschrieben, aber Blaffey durfte
sich eben nicht in dieiem Zuge befinden,
sondern hätte in einem andern sihen
müssen, der schon ein Stück vorher,
nämlich bei Groß-Leringen, ein wenig
nach Osten abgebogcn und nach Iena
geeilt wäre, von wo es dann immer
weiter und weiter nach München geht.
„Äallo!" sagte Blaffey, als ihm das
klar wurde, ergriff seinen Landloffer
und prang grade noch im lehten Augen-
blick aus dem Zuge.
Da stand er nun auf dem Bahnsteig.
Er war durch den Zwischenfall nicht
erfreut, seine Laune aber auch nicht
grade getrübt. Gelaffen gab er seinen
Koffer in Verwahrung und wanderte
dann durch die etwas lang sich hin-
ziehende Obere Bahnhofstraße in die
Stadt Apolda hinein. Deutschland hat
viele Städte, und manche werden be-
kanntermaßen als „Perlen" bezeichnet
und gern von Reisenden aufgesucht und
angeichaut. Kein vernünftiger Mensch
in Apolda — und das werden doch wohl
alle sein wollen — wird es übel nehmen.
wenn nun gesagt wird, daß Apolda,
sonst gewiß eine brave, wackere und
verdienstvolle Stadt, grade nicht zu
jenen Perlen zu rechnen ist. Blaffey,
ziellos umherschlendernd, fand »ach
einiger Zeit, daß er nichts besonders Merkwürdiges zu
sehn bekam, und daß jener Entschluß den er zuerst als von
gror-er Geistesgegenwart eingegeben betrachtet haite, der
nämlich, noch schnell aus dem Zuge hinauszuspringen, eher
eine gewiffe Aebereilung gewesen war. Denn wenn er im
Zuge sitzen geblieben wäre, hätie er zwanzig Minuten später
in Weimar aussteigen können, und das hätte doch (kein
vernünftiger Mensch in Apolda usw.) zweifellos etwas mehr
gelohnt. Nun, jetzt war daran nichts mehr zu ändern.
Blaffey suchte also die Zeit zu töten. Dazu bediente er
ych zunächst einer Armbrust, in-
dem er nämlich — die meisten
thüringischen Städte haben Arm-
brüste — in einer so benannten
Gastwirtschaft ein Mittelving
zwischen Frühstück und Mittag-
essen einnahm. Er ließ sich recht
lange Zeit dazu und blieb dann
noch bei einer Zigarre stycn.
Blaffey war bisher der ein-
zige Gast in dem Lokal gewesen.
Nunabertauchten aufundnahmen
neben ihm Platz drei ganz ersicht-
lich einheimische Lerren, deren
Seelen durch einen jähen Vor-
fall erschüttert zu sein schienen.
Vlaffey lauschte ein wenig auf
ihr Gespräch. Angefähr folgende Sätze vernahm er. „Lab'
ich mir schon immer gedacht, daß es mal so mit ihm
kommen würde." — „Nicht wahr? Aber er wollte ja nicht
hören, — immer die schweren Mahlzeiten am Abend und
dann das viele Rauchen." — „Aber schrecklich ist es doch I
Vor einer Stunde, sagten Sie?" — „Knapp, — ich hab's
ja selbst mit angesehn. Ich ging auf der andern Seite der
Straße, da sah ich ihn grade aus der Post herauskommen.
Ich will ihm guten Tag zurufen, — bums, da fällt er um!"
Albert Blaffey war neugierig. Er wandte sich an die
Lerren: „Wohl ein Anglücks-
sall?"
Gern gab man ihm Auskunft.
„Das grade nicht, — Schlag-
anfall, sofort tödlich. Einer unserer
geachtetstenMitbürger, der Nent-
ner Alban Schimmke."
Blaffey nicktemitfühlend. „So,
der Lerr Alban Schimmke, Nent-
ner." Dann, nach einer Pause:
„Darf ich fragen, wo der Lerr
gewohnt hat?"
„Natürlich hier in Apolda.
Ah, die Straße meinen Sie?
Schötener Grund 5l, hier ganz
in der Nähe."
lForksctzung Selke 55)
Ou stist nickit I^Ismme, clie rum Isiimmel loclert
kclit wilclem Lckieiri.
Ou bist eir> rusiig gleitencles Leivüsser,
80 tiek unck rein.
Ou sckisust micsi sn mit cleinen clunklen /)ugen
Wie Ickonclscsieinnscsit —
sVenn clicsi clie lüebesteufelcsien clocki psckten
blit gsnrer Ivlsckit. —
Llnc! wenn cku einmsl rürntest —, scki nur
sckimolltest —
Icki könnt's verstekin!
/)cki, wenn clu nickit so grsusig — ssckiseln
wolltest.
^s 'vsr ru sckiön. v. Lrnim
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