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Die Maschine Von Peter Robinson

Den Dipl.-Zng. Leynicke soll der Teufel holenl Solchen
auf plötzliche und immerhin ungewöhnliche Abtransportie-
rung eines Mitmenschen gerichteten Wunsch soll man wahr-
lich nicht leichthin aussprechen, aber Leynicke hat es wirklich
verdient. Er hat mir den friedlichen Genuß einer Flasche
Wein ruchlos verdorben. und da eine Flasche Wein heut-
zutage sehr viel bedeutet, wird man meinen Wunsch voll-
kommen gerechtfertigt finden.

Ich saß also ganz behaglich bei einer Flasche Wein,
und mir war schon so ein bißchen angenehm duselig zu
Mute, da kam dieser Leynicke und seyte sich mit anscheinend
ganz unschuldigen Absichten zu mir. Er ließ sich auch was
zu trinken bringen und zog ein jedenfalls mit seinem Beruf
zusammenhängendes Fachblatt aus der Tasche, um darin zu
blättern. Auf einmal brummte er: „Alles zu kompliziert,
viel zu kompliziertl Ie einfacher, desto besserl Finden Sie
nicht auch?"

Ich nickte. Natürlich mußte ich finden, daß das Ein-
fachste das Beste wäre, denn ich hatte gar keine Lust, von
tomplizierten Dingen der Technik zu hören. Davon verstehe
ich nichts.

„Komplizierte Konstruktionen verraten immer eine
Schwäche des Konstrukteurs", fuhr Leynicke fort, in einen
sacht belehrenden Ton übergehend, der mich einigermaßen
verdroß. „Die wahrhaft genialen Lösungen sind immer
ganz simpel"

„Aber gewiß!" sagte ich. Damit hatte Leynicke recht;
das gilt ja für alle Gebiete.

„In dieser Linsicht," sprach Leynicke weiter, „sällt mir
eine Maschine ein, die bei außerordentlicher Wirkung doch
von überhaupt nicht zu übertreffender Einfachheit der Kon-
struktion ist. Sie kann geradezu als Muster gelten. Es

handelt sich-aber ich weiß nicht, ob Sie mir werden

folgen können."

„Oho, so viel werde ich denn doch verstehnl" meinte ich
etwas verletzt! Denn eine einfache Maschine begreifen zu kön-
nen, bilde ich mir immerhin ein. Das wäre ja noch schöner!

„Gut; dann werde ich Ihnen die Maschine beschreiben.
Passen Sie aufl" Leynicke sah mich scharf an, und ich hatte
das unangenehme Gefühl, er wartete darauf, daß ich ein
dummes Gesicht machen würde. Deshalb nahm ich mich
ganz gehörig zusammen.

„Was zunächst die Kraftquelle anbetrifft, so können für
diese Maschine zwar verschiedene in Betracht kommen, ich
nehme aber nur die am meisten in diesem Fall gebrauchte
an, die simple menschliche Kraft. Eine von dieser aus-
gehende, in vertikaler Richtung erfolgende, schiebende oder
eigentlich mehr stoßende Bewegung wird in eine rotierende
verwandelt durch Anwendung eines einarmigen, senkrecht
zu der anzutreibenden Welle gerichteten Lebels. Es wird
Ihuen nun ohne weiteres klar sein, daß ein derartiges Ge-
triebe tote Punkte aufweisen muß. nicht wahr?"

„Freilich, freilich!" sagte ich und sah dabei wohl noch
nicht besonders dumm aus. Denn daß es tote Punkte gibt,
— das wußte ich noch von der Schule her aus der Physik-
stunde. Ich zog aber doch energischer an meiner Pfeife, um
meinen Verstand zu schärfen.

— „Diese Tiere, Emmy, sind entsehlich faul. Tagelang liegen sie
im Sand, sonnen sich, fressen und gähnen."

— „Aber Mama, das ist ja genau wie Papa in Swinemünde."

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