Folgen eines Wohnungstausches
Was soll das werden, wenn mir nun gar nichts mehr
einfällt?"
„Donnerwetter," sagte Dagobert L>ahn, „mir geht es ja
grade so! Ich lasse nach, ganz scheußlich lasse ich nach. Mein
letzter Roman war nur noch Schablone. Seit acht Tagen
jage ich jetzt einem neuen Motiv nach. Aber ich finde nichts
mehr, ich bin völlig vernagelt. Da soll doch der Teufel drein-
schlagen! Bin ich denn ein Trottel geworden? habe ich mich
schon gefragt."
„Das glaube ich nicht," meinte Noller liebenswürdig.
„Was mich betrifft, so habe ich den Gründen dieses auf-
fallenden Nachlassens nachzuspüren gesucht, und ich glaube,
daß es bei Jhnen die gleichen stnd. !lns fehlen ganz einfach
die einst gewohnten äußeren Anregungen, mein Lieber; die
schwere Zeit schließt uns zu sehr von den bunten Erschei-
nungen des Lebens ab. Aber der Erzähler muß auch manch-
mal was sehn und hören, er kann nicht alles nur aus sich
herauspumpen. Sehen Sie: früher habe ich jedes Iahr eine
Sommerreise machen können."
„Ich auch," bestätigte Dagobert Lahn. „Meist ging ich
in ein kleines Fischerdorf an der Ostsee. Dabei fand ich ge°
wöhnlich mindestens zwei Romane, die in eleganten Mode-
bädern spielten, — das liebt mein Publikum."
„Sehen Sie! !lnd ich, — wenn ich nur bis in den Thü-
ringer Wald fuhr, hatte ich bald Motive fllr Geschichten in
allen Weltteilen."
„Besaufen kann man sich auch nicht mehr ordentlich!"
brummte Dagobert Lahn.
„Darauf würde ich nun weniger Wert legen," meinte
Noller. „Absr wissen Sie, was mir vor allen Dingen fehlt?
Ein Wohnungswechsel! Früher bin ich mindestens alle zwei
Iahre umgezogen. Dann haben die »euen Räume und die
»och fremde ümgebung stels sehr befruchtend auf meine
Phantasie gewirkt."
„Wahrhaftig, Sie haben recht! Auch ich bin früher
oft umgezogen, jedensalls ganz instinktiv die seelische Be-
reicherung suchend, die Sie da eben ganz richtig dargelegt
haben. Als ich in meine jetzige Wohnung gezogen war —
das ist nun acht Iahre her — und zum erstenmal aus dem
Fenster sah, saß im Lause gegenüber am offenen Fenster
ein blondes junges Mädchen an einer Nähmaschine. Sehen
Sie: da hatte ich mit einem Male die Idee zu meinem Ro-
man „Die blonde Nadelprinzessin", der ein ganz vorzüglicher,
gradezu reizender Schmarren wurde und riesig gefallen hat.
Die Person sitzt jetzt noch da an der Nähmaschine, aber ich
kann sie doch nicht noch einmal verwenden. Außerdem ist
sie inzwischen häßlich geworden. Niederträchtig ist sie auch;
^eirre Zeiten — „So a Gemeinheit: da Dokta verlangt fiinf Pfund Schmalz, mehr verlangt ja net amal a Kurpfuscher!"
Was soll das werden, wenn mir nun gar nichts mehr
einfällt?"
„Donnerwetter," sagte Dagobert L>ahn, „mir geht es ja
grade so! Ich lasse nach, ganz scheußlich lasse ich nach. Mein
letzter Roman war nur noch Schablone. Seit acht Tagen
jage ich jetzt einem neuen Motiv nach. Aber ich finde nichts
mehr, ich bin völlig vernagelt. Da soll doch der Teufel drein-
schlagen! Bin ich denn ein Trottel geworden? habe ich mich
schon gefragt."
„Das glaube ich nicht," meinte Noller liebenswürdig.
„Was mich betrifft, so habe ich den Gründen dieses auf-
fallenden Nachlassens nachzuspüren gesucht, und ich glaube,
daß es bei Jhnen die gleichen stnd. !lns fehlen ganz einfach
die einst gewohnten äußeren Anregungen, mein Lieber; die
schwere Zeit schließt uns zu sehr von den bunten Erschei-
nungen des Lebens ab. Aber der Erzähler muß auch manch-
mal was sehn und hören, er kann nicht alles nur aus sich
herauspumpen. Sehen Sie: früher habe ich jedes Iahr eine
Sommerreise machen können."
„Ich auch," bestätigte Dagobert Lahn. „Meist ging ich
in ein kleines Fischerdorf an der Ostsee. Dabei fand ich ge°
wöhnlich mindestens zwei Romane, die in eleganten Mode-
bädern spielten, — das liebt mein Publikum."
„Sehen Sie! !lnd ich, — wenn ich nur bis in den Thü-
ringer Wald fuhr, hatte ich bald Motive fllr Geschichten in
allen Weltteilen."
„Besaufen kann man sich auch nicht mehr ordentlich!"
brummte Dagobert Lahn.
„Darauf würde ich nun weniger Wert legen," meinte
Noller. „Absr wissen Sie, was mir vor allen Dingen fehlt?
Ein Wohnungswechsel! Früher bin ich mindestens alle zwei
Iahre umgezogen. Dann haben die »euen Räume und die
»och fremde ümgebung stels sehr befruchtend auf meine
Phantasie gewirkt."
„Wahrhaftig, Sie haben recht! Auch ich bin früher
oft umgezogen, jedensalls ganz instinktiv die seelische Be-
reicherung suchend, die Sie da eben ganz richtig dargelegt
haben. Als ich in meine jetzige Wohnung gezogen war —
das ist nun acht Iahre her — und zum erstenmal aus dem
Fenster sah, saß im Lause gegenüber am offenen Fenster
ein blondes junges Mädchen an einer Nähmaschine. Sehen
Sie: da hatte ich mit einem Male die Idee zu meinem Ro-
man „Die blonde Nadelprinzessin", der ein ganz vorzüglicher,
gradezu reizender Schmarren wurde und riesig gefallen hat.
Die Person sitzt jetzt noch da an der Nähmaschine, aber ich
kann sie doch nicht noch einmal verwenden. Außerdem ist
sie inzwischen häßlich geworden. Niederträchtig ist sie auch;
^eirre Zeiten — „So a Gemeinheit: da Dokta verlangt fiinf Pfund Schmalz, mehr verlangt ja net amal a Kurpfuscher!"