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— „Weil er an roten Kopf hat, braucht er no net gifti sein;
das is bei die Schwammerling do net so wia bei dir, Altel"

Folgen eincs Wohnungstausches
Scheiben verdeckte. Wie der Blitz durchzuckte
es mich da, und ich hatte meinen so spannenden
Kriminalroman „Das Geheimnis der Dach-
kammer," der nachher von allen Bahnhofsbuch-
handlungen vortrefflich verkauft wurde. Das
Giebelfenster ist natürlich immer noch da, aber
jetzt sieht es ordentlich und sauber aus und ge-
gehört zu einer inzwischen ausgebauten Man-
sardenwohnung, — ich kann nichts mehr damit
anfangen. Aeberhaupt: meine Wohnung ist mir
schon so unendlich zuwider. Ich möchte 'raus,
einmal zwischen andern Wänden sitzen, eine
andere Nachbarschaft haben."

„Na, versuchen Sie mal, umzuziehn, — da
werden Sie Wunder erleben."

„Weiß ich; daran denke ich gar nicht. Es
hätte auch gar keinen Zweck, im Wege des Tau-
sches eine Wohnung zu suchen; man könnte ja
nicht den Amzug bezahlen. Ja, wenn das nicht
wäre-"

„Donnerwetter!" Dagobert Lahn haute
auf den Tisch. „Donnerwetter, lieber Roller:
wir beide könnten ja unsere Wohnungen tauschen, — einsach,
wie sie sind, ohne Amzug. Sie gehn in meine Wohnung, und
ich in die Ihre. Natürlich nur vorübergehend, bloß auf ein
paar Wochen. Allerdings, — ob meine Laushälterin, die
Frau Kcuse, wird mitmachen wollen, ist sehr fraglich; sie hat
so viel Bekanntschaft in der Gegend. Das ist aber egal; sie
kann ja da bleiben und für Sie sorgen. Sie haben ja wohl
auch eine ganz zuverlässige Wirtschafterin, — die kann auch
in der Wohnung bleiben. Bester Roller, — gleich morgen
wechseln wir unsere Domizilien. Sie werden sehn, was für
herrliche Früchte das tragen wird."

Roller konnte sich nicht sofort mit dem Vorschlag be-
freunden. „Meine Äaushälterin wird allerdings auch nicht
so ohne weiteres fort wollen; jedenfalls würde sie nicht vor-
übergehend eine andere in der Wohnung und Küche schalten
laffen mögen. Da liegt die Schwierigkeit. Sehen Sie, ich
bin an zuverlässige Bedienunq gewöhnt, ich bin von elwas
schwächlicher Konstitution und muß — — —"

„Macht nichts, die Arbeit geht jetzt mal vor!" Dago-
bert Lahn wollte keinen Einwand gelten lassen. „Sie sollen
mal sehn, was für Anregungen eine so vollkommene !lm-
krempelung geben wird. Einen gewaltigen Räuberroman
werden Sie zustande bringen oder eine glorreiche Piraten-
geschichte oder etwas ähnliches Schöne. Kein Widerspruch
mehr! Morgen nachmittag lreffe ich bei Ihnen ein. Sie
werden gut tun, Ihr Bett-
zeug zu mir schaffen zu lassen;
meine Lagerstätte ist nur für
einen abgehärteten Korpus
eingerichtet."-

Am nächsten Nachmittag
vollzog stch der Tausch wirk-
lich. Dagobert Lahn erschien
v>ik einem Köfferchen bei
Roller und packte elwas
^Läsche, Nachtzeug, Schreib-
öerät und einige ziemlich ver-
lchmutzt aussehende Tabak-
sisejfen aus, die Roller nur
^lnbehagen erblickte.

^Kerne Sorge!" beruhiate
Wn Lahn. „Bei mir ist der

Tabakdunst schon hinausgetrieben worden, — den ganzen
Vormiltag habe ich teils lüften teils räuchern lassen. Nun
machen Sie aber, daß Sie fortkommen, — jetzt bin ich
hier Lausherr, auf vier Wochen. Lier haben Sie meine
Schlüssel."

Seufzend zog Noller ab. Dagobert Lahn aber richtete
sich sofort am Schreibrisch ein, steckte sich eine Pfeife an,
legke ein Blatt Papier zurecht und fing an, nachzudenken.
„Der Teufel soll mich holen, wenn jetzt nicht etwas wird,
— es ist wirkich höchste Zeit. Bis hcuke abend noch muß
ich das Skelett eines Nomans zustande gebracht haben, das
ich dann in munterer Arbeit allmählich mit den üppigsten
Formen umkleiden werde."

Er lehnte sich behaglich im Seffel zurück. „Was für
eine mollige Sitzgelegenheit dieser Roller am Schreibtisch
hat. Ich habe mich nicht so verwöhnt. Aber es tut wohl;
wahrhaftig, es ist sogar sehr angenehm. Aha, da drüben
ist ja wohl das Giebelfenster, von dem Roller gesprochen
hat, — hinter dem er sein,Geheimnis der Dachkammer'
entdeckt hat. Ietzt sind da übrigens sehr nette, saubere
Gardinen dran. Wenn Roller bei diesem Fenster was ein-
gefallen ist, warum soll mir nicht auch was einfallen. Lallo,
da guckt ja jemand heraus. Ein alter Mann, — beffer
gesagt: ein ehrwürdiger Greis. Er sieht ziemlich kommun
aus, aber ich kann mir ebenso gut einbilden, daß er ein ed-

les Antlitz mit adligen Zügen
hat. Ein in Not geratener
adeliger Greis, — na, das
wäre schon was. Aber ein
Greis kann natürlich nie die
Lauptrolle in einem meiner
Romane spielen. Der Mann
muß eine Tochter haben. Die-
ses Mädchen müßte sich, den
adelsstolzen Anschauungen
des Vaters zum Trotz, aus
eigcner Kraft emporarbeiten
und dabei den Mann finden,

der-Aber nein, vas wird

nichts, so komme ich nicht
weiter. Sirecken wir uns mal
ein bißchen aus!" (Forts.s.s)

Neid

— „Wer das auch so könntel"
 
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