Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sicherheitsgewähr — „Kann ich dir Kurtchen wirklich
anvertrauen, Onkel?" — „Ohne Bange! Ich passe auf, — ich
habe nämlich vergessen, meine Anfallversicherung zu erneuern."

Der Umzug

Reifendraht in München — die Angabe des Wohnorts
ist in diesem Fall durchaus notwendig — bcherbergt in drei
zu diesem Zweck ausgeräumken Zimmern seiner Wohnung
seit zwei Jahren Schnätzel mit Familie. Schnätzels befin-
den fich recht wohl, aber Reifendraht ist in dieser Zeit
stark gealtert. —

Endlich, endlich hat nun Schnätzel einige Andeutungen
fallen lassen, daß er unter Amständen doch nicht abgeneigt
sein würde, die Wohnung zu verlassen. Ia wirklich: wenn
es sich so machte, dann würde er am Ende umziehen.

Reifendraht hat diese Andeutungen begierig aufge-
griffen, mit beiden Länden. „Also, Lerr Schnätzel: wenn
Sie wirklich auszieh», da bezahle ich Ihnen den Amzug."

„Soll das gelten? Oder reden Sie bloß so?"

Neifendraht verstchert feierlich: „Es ist mir vollkom-
men Ernst. Sie können sich darauf verlassen, ich geb's
Ihnen schriftlich: Zch bezahle Ihnen den Amzug."

Schnätzel ist froh. „Ein Mann, ein Wort! Also schön:

ich werde umziehn,-nach Tilstt."

86

Rückkehr

Lin Drängen und Toben und Brausen,

Ein Drohen mit Kummer und Leid.

Und durch die Tage sausen
Die Stürme der neuen Zeit.

Sie fegen in alle Lcken,

Sie rasten und ruhen nicht
Und holen aus allen Berstecken
Verborgenes wieder ans Licht.

An ihre Äraft sich klammern
Die Älugen der Gegenwart,

Und selbst in Len Rumpelkammern,

Da hat man ihrer geharrt.

Erst wisperts und munkelts verstohlen
— Da kündet mit prahlendem Stol;

Die ersten Sachwertparolen
Der Holzwurm im alten Hol;.

Und — huil — schon fliegt aus den Riegeln
Das Rumpelkammertor.

Unü nun rumpeln und wackeln und ;ügeln
Die alten Rumpeln hervor.

Der alten Töpfe
Zerbeulte Äöpfe,

Mit ge;iertem Getue
Zerschlissene Schuhe,

Die gan; maroüen,

Wackeligen ÄommoLen
Es stöhnt im Gewühle;

Der Lhor üer Stühle,

Die ohne Beine und Lehnen
Nach Derwenüung sich sehnen,

Und staubige Aöcke,

Und knotige Stöcke,

Und kitschige Bilder,

Unü Aushängeschilderl
Äur; — was als nutzlos unü ohne Wert
Die gute Zeit in den Winkel gekehrt,

Das stür;t sich nun auf den Markt mit Johlen
Und meint, man müsse es wollen und holen.

Das drängt sich vor mit Geschrei und Hurral
„So schaut mich doch an — der Sachwert ist üal"
Und was besonders kaputt und geschcrt,

Das meint noch — es habe auch Altertumswert l

Und die Rumpelkammern — geleert in Eile,

Die gähnen vor lauter Langerweile,

Dann lächeln sie still — wie alte Tanten,

Als haben sie plötzlich gar Manches verstanden,

Und grüßen sich alle im Abendüüstern,

Mit Türangelkreischen und Wändeflüstern,

Und raunen sich ;u — im Dämmerlicht:

„Noch brausen Lie Stürme — so bleibt es nicht!"
Und träumen üann stumm von alten Zeiten,

Und ahnen, wie sich üie neuen bereiten,

Und wissen genau: Aus der Gegenwart Tümpel
Befreit sich das schaffende Menschengeschlecht,

Unü herrschen erst wieüer Zreiheit und Recht,

Dann fliehen üie Raben, die Unheil begleiten.

— Und reuiq kommt wieüer das alte Gerümpell L-
 
Annotationen