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Die ^echenmaschine
des kleinen Mannes

Ein gewißerGulitzerwar
unverfroren und siegreich
bis zum Präsidenlen der
Reichsbank vorgedrungen.

Nur um eine ganz kurze An-
lerredung handelte es sich.

„Nämlich wegen meiner
neuen Rechenmaschine/be-
gann Gulitzer. „Marke:

,Ohne Jrrtum" oder,Ohne
Fehler' oder so ähnlich, was
aber auf Lateinisch besser
klingen wird. Ich muß mir
das erst mal ins Lateinische
übersetzen lassen, von einer
dazu geeignetenPersönlich-
keit, — wird ja nur eine
Kleinigkeit kosten. Aber
davon abgesehn: diese Ne-
chenmaschine ist das Beste,
das Allerbeste, das Vor-
züglichste, was es über-
haupt in Rechenmaschinen
gibt."

„Ia, Lerr Gulitzer, dafür
hab' ich aber eigentlich keine
Zeit," meinte der Reichs-
bankpräfldent ein bißchen
abweisend. „Wenn Sie uns
Nechenmaschinen verkaufen
wollen, dann wenden Sie
sich doch-"

„Verzeihung, Lerr Prä-
stdent, darum handelt es
sich nicht," fiel Gulitzer ein.

„Ich habe gar nicht die
Absicht, Ihnen Rechenma-
schinen anzubieten. Meine
Rechenmaschine,Ohne Irr-
tunst oder ,Ohne Fehler",

aber auf Lateinisch, wird überhaupt erst in einiger Zeit auf
dem Markt erscheinen. Gegenwärtig habe ich erst das Modell
erworben. Aber schon in den nächsten Tagen soll die Fa-
brikation beginnen, — Massenherstellung. Es soll ein billiger
Artikel werden, eine Rechenmaschine für kleinere Geschäfts-
betriebe. Ia, die Nechenmaschine des kleinen Geschäfts-
mannes soll es werden. Aber nun stehe ich vor einer wich-
tigen Entscheidung, von der es abhängt, ob die Lerstellung
zu dem veranschlagten Kostensatz möglich sein oder sich noch
um 25 Prozent erhöhen wird. Diese wichtige Entscheidung
will ich vertrauensvoll Ihnen überlassen, Lerr Präsident."

„Ia, wenn ich nun bitten dürste, mir zu erklären-"

Gulitzer lächelte freundlich. „Also kurz und gut, Lerr
Präsident: die Maschine ist jetzt für Rechnungen bis zu
Milliardenbeträgen konstruiert. Soll ich Sie nun nicht lieber
doch gleich für Billionen einrichten lassen?" -on.

Schnöder Eigennuh

Der junge Graupel will studieren. Der alte Graupel ist
damit einverstanden. „Schön! Aber was?"

„Nechtswissenschaft, Papa. Ich will Rechtsanwalt werden."

Da schüttelt Graupel senior ganz energisch den Kopf.
100

— „Pah, deine Puppe ist gar nicht hübsch, Käthe,
kann sie dir nur gefallenl"

— „ Na, du gefällst ja auch deiner Mama."

wte

„Anflnn, — hat gar keinen
Zweck! Bis du Rechtsan-
walt bist, hab' ich mich
längst zur Nuhe gesetzt.
Medizin kannst du studieren
und Spezialist für Stoff-
wechselkrankheiten werden,
sllrGichtundsolcheSachen."

Der Konsul

Der alteKohlschanzer hat
sehr viel verdient und kann
sich was leisten. Er hat sich
schon viele Wünsche gestillt,
und endlich kam auch die Er-
fllllungjenesWunsches,den
er am heimlichsten im Busen
getragen hatte. Der alte
Kohlschanzer wurde, wozu
sich der junge Bonaparte
machte, nämlich Konsul.
Aber bloß von Bolivia.

Zwei Tage nach seiner
Ernennung wurde Konsul
Kohlschanzer bei einem für
ihn immerhin nicht alltäg-
lichen Beginnen ertappt,
nämlich beim Betreten ei-
ner Buchhandlung. „Ah,
Lerr Konsul, — ein biß-
chen Lektüre besorgen?"

Konsul Kohlschanzer
schllttelte ernst den Kopf.
„Nee, — muß studieren!
Wissen Sie: es könnte jetzt
am Ende doch mal so 'n
Kerl zu mir kommen, so ein
Bolivianer. Da will ich
mir ein bolivianisches Wör-
terbuch besorgen."

Eine verdammt schwere Sprache

August Schiebedanz, der in den letzten Iahren zu so sehr
viel Geld gekommen ist, zeigt sich natürlich in erster Linie
lebenshungrig. Aber auch etwas Lunger nach Bildung
beginnt er zu verspüren. Oder wenigstens — denn Lunger
wäre in diesem Fall vielleicht etwas zu viel gesagt - einigen
Appetit.

August Schiebedanz möchte zum Beispiel gern ein biß-
chen Latein können. Denn ein paar hin und wieder in die
Anterhaltung eingestreute lateinische Brocken machen sich
immer fein. Aber dabei stößt Schiebedanz auf große
Schwierigkeiten.

Gestern traf ich ihn, wie er vor einem älteren Regierungs-
gebäude stand und zum Giebel hinaufstarrte. Er schüttelte
den Kops und zeigte mit dem Spazierstock auf die groß
prangende Iahreszahl: d-tvcccxx. „Das ist doch 'n latei-
nisches Wort, nicht wahr?"

„Allerdings, Lerr Schiebedanz, aber-"

Er unterbrach mich ärgerlich. „Schon fünf Minuten lang
gebe ich mir Mühe, das verrückte Wort auszusprechen. Das
ist ja eine ganz verfluchte Sprache. So kann doch kein ver-
nünftiger Mensch reden." -p,ro
 
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