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von der anstrengenden
Wanderung durch all
die Korridore schweitz-
bedeckte Stirn wischte,
und dann ein Papier,
mit dem er aber keiner-
lei Manipulation vor-
nahm. Er hielt es nur
bescheiden in der Land.
And dann begann er:
„Ja, die Geschichte ist
so. Mein Vater hatte
nämlich einen Vetter,
und dieser Vetter hatte
auch einen Sohn, der
also eigentlich gar nicht
mehr mein Vetter war.
Aber das nimmt man
ja meist nicht so genau,
nicht wahr? Da be-
trachtet man einander
doch immer noch als
Vetter. Wir haben das
auch getan, mein Vetter
Felix und ich. Ia, wir
haben uns sogar sehr
gern gehabt. Immer
haben wir zusammen
gesteckt, als wir Iungen
waren. Was wir beide
alles angestellt haben!
Wenn ich Ihnen davon
erzählen würde, Äerr
Sekretär, da wücden Sie
was zu lachen haben."

Aber der Sekretär
mochte nichts von diesen
Geschichten hören, und
daswareigentlichtöricht
von ihm, denn wenn
einem was zum Lachen
angeboten wird, dann
soll man sich das nicht
entgehen lassen, beson-
ders nicht in dieser trau-
rigen Zeit. Aber viel-
leicht hatte der Sekretär in dem Büro fllr Erbschaftssteuern
schon sowieso genug zu lachen. Lugo Gröhler fuhr also
fort: „Mit achtzehn Iahren ging dann mein Vetter Felixzur
See, und seitdem habe ich ihn leider nie wieder gesehn. Er
ließ sich später in Amerika nieder und ist dort zu ansehn-
lichem Wohlstand gekommen, — durch die Erfindung eines
Laarwuchsmittels nämlich, von dem ich aber nicht weiß, ob
es was taugte. Den einen Nutzen hatte es jedenfalls, daß
mein Vetter Felix sich keine grauen Laare wachsen zu lassen
brauchte, denn er wurde, wie gesagt, ein recht wohlhabender
Mann. Mir ist es leider nicht so gut gegangen. Das
lönnen Sie mir glauben, Lerr Sekretär; Sie brauchen nur
Ihren Kollegen von der Einkommensteuer zu fragen, der
meine Steuerakten unter sich hat. Na, und da habe ich
denn meinem Vetter Felix schon vor längerer Zeit ge-
schrieben, daß es mir gar nicht gut ginge. Ganz offen ge-
sagt: ich habe ihn sogar gebeten, mir ein paar Dollars zu
schicken. Das hat der Vetter Felix auch getan. Er hat

Dollarscheine in Briefe gepackt und-"

124

Die amerikanische Erbschaft VonPeterRobinson

Auf dem Finanzamt erschien ein Mann, der Lugo
Gröhler hieß, etwa sechzig Iahre alt und so angezogen war,
wie die meisten Leute gekleidet sind, wen» sie auf das Finanz-
amt kommen, nämlich schlicht, ja ärmlich. Denn das Finanz-
amt gehört bekanntlich zu jenen Stätten der Welt, wo man
am wenigsten elegant angezogene Leuke — die Lerren Be-
amten natürlich ausgenommen — finden kann. Diese Er-
scheinung muß ihre ganz bestimmten Gründe haben, die hier
zu untersuchen keine Veranlassung vorlicgt. Erwähnt muß
nur werden, daß aber jener Lugo Gröhler auch sonst im
alltäglichen und sonntäglichen Leben nicht anders gekleidet
zu sein Pflegte. Er hatte sich für den Besuch des Finanz-
amts gar nicht erst besonders zurecht gemacht.

Mit einiger Mühe fragte stch nun Gröhler nach dem
Büro für Erbschaftssteuer-Angelegenheiten hindurch, wo er
von einem jungen Anterbeamten, einem Sekretär oder der-
gleichen, nicht unhöflich nach seinem Begehren gefragt wurdc.
Er zog zuerst sein Taschentuch hervor, mit dem er sich die


Widerlegung — „Das ist ja 'n Gewand fllr 'n Vuben!"

— „Aber ich bitte Sie, Lerr Oekonom: Vuben tragen doch keinen Frack."
 
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