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Dte Weihnachtsdollars

trennen!" rief Onkel Lorenz. „Worauf soll ich dann schlasen?
Was kostet das, sie wieder in Ordnung zu bringen!"

Der Oberpostsekretär hielt in seiner Anternehmung inne,
um eine Erklärung abzugeben. „Es wird sich wohl nicht ver-
meiden lassen, daß bei unserer Antersuchung einzelne Gegen-
stände zerlegt oder auseinandergenommen werden miissen.
Das verursacht natürlich Kofien, aber dafür haben wir dann
ja die Dollars. Ich schlage vor: die Kosten für etwa ent-
stehende Reparaturen werden von dem Erlös für die Dollars
zunächst abgezogen. Einverstanden? Gut, suchen wir also
weiter!"

And dann riß er die Roßhaare aus der Matratze wie
ein irrsinnig gewordener Tapezierer, daß sie überall im Zim-
mer umherwirbelten. Es waren aber keine Dollars da, und
es waren auch keine im Waschtisch und nicht im Toilettetisch,
in dessen Schubladen Onkel Lorenz übrigens Tabakvorräte
verstaut hatte, und auch nicht im Nachttisch, von dem der
Oberpostsekrelär die Marmorplatte abbrach, und auch nicht
im Stiefelschränkchen. Nein, bei Onkel Lorenz waren keine
Dollars.

„Forschen wir weiter!" entschied der Oberpoftsekretär.
„Brechen wir sofort auf! Am nächsten wohnen Sie,Fräulein
Bausewein, nicht wahr?"

Fräulein Bausewein bejahte schüchtern; ste war bereit,
alles über stch ergehen zu lassen, sie hatte Angst vor dem
Oberpostsekretär. Onkel Lorenz hätte der Dollars wegen
wenig Lust gehabt, jetzt am Weihnachksabend auf die Straßen
hinauszulaufen, aber er war wütend wegen seiner Matratze,
und deshalb ging er mit. Denn wenn man erst bei dem
Oberpostsekretär angelangt sein würde, — o, bei dem würde
er selber suchen!

Bei Fräulein Bausewein war nur das Klavier zu un-
tersuchen, das dem alten Fräulein sehr zu statten gekommen
war, denn sie hatte nun ihr eigenes, schon sehr altes In-
strument mit Vorteil verkaufen können. Der Oberpostsekretär
leuchtete in den Kasten hinein, er hob die Vorderwand ab,

da war nichts. Aber er hatte sorglich einen Schraubenzieher
mitgenommen, und nun schraubte er darauf los, bis er glück-
lich die ganze Klaviatur abheben konnte. Dollars waren
keine da, doch nun konnte er die Geschichte nicht wieder in
Ordnung bringen, — auseinandernehmen ist meist leichter
als zusammensetzen.

„Aber was fange ich nun an I" klagte Fräulein Bause-
wein. „Morgen und übermorgen kommt eine Schülerin zu
mir, die sonst wenig Zeit hat. Nun verliere ich das Geld
fllr die Stunden."

Der Oberpostsekrekär brummte etwas Anverständliches.
Vielleicht sollte es heißen, daß der Mensch an Feiertagen
auszuruhen und keine Klavierstunden zu geben habe. Aber
Onkel Lorenz tröstete etwas ingrimmig: „Macht nichts, —
kommt alles auf das Dollarkonto!"

Eine Viertelstunde später war man bei der Schwägerin
Emilie. Da bot die Antersuchung am wenigsten Schwierig-
keiten. Im Eßtisch konnten keine Dollars stecken, auch nicht
in den ungepolsterten Stühlen, höchstens im Büffet. Aber
auch das war bald durchforscht. Dabei zerbrach der Ober-
postsekretär zwei Leisten und zerschmiß eine schöne Suppen-
terrine. Die Besitzerinnen klagten laut, und das war begreif-
lich, denn eine Suppenterrine kostet heutzutage viel Geld.
Aber Onkel Lorenz sagte wieder: „Macht nichts, kommt auf
das Dollarkonto!"

Der Oberpostsekretär war sehr enttäuscht. „Ia, es ist
nun wohl doch etwas spät geworden, und wir selber wohnen
so furchtbar weit. Wir tun wohl beffer, bei uns morgen
zu suchen. Ihr könnt dann ja zum Kaffee kommen."

Aber davon wollte Onkel Lorenz wegen seiner Matratze
nichts wissen. Schädlers wohnten zwar am anderen Ende
der Stadt, aber man konnte ja mit der Straßenbahn hin-
fahren. !lnd wenn die Straßenbahn auch sehr teuer war,
ja inzwischen vielleicht wieder ihren Tarif erhöht hatte, das
machke nichts, das kam ja auf das Dollarkonto.

Die Fahrt war nicht angenehm, die Äerrschaften kamen
ganz durchfroren am Ziel an. And bei Schädlers war die

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