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Der richtige Anfang des Iahres ^

Von Peter Robtnson

Krampert und Pasternack, die beiden alten
Iunggesellen, saßen friedlich in der Silvester-
nachtbeisammen.KtirzvorMitternacht bemerkte
Krampert:„Ia, es ist sürwahr ein schöner Brauch,
daß in der ersten Minute des neuen Iahres gute
Freunde einander die Lände reichen und sich an
diesem bedeutungsvollen Zeitabschnitt alles Gute
wünschen. Geht Ihre Ahr eigentlich genau? Der
meinigen traue ich nämlich nicht so recht."

Pasternack sah auf seine Ahr. Genau fünf
Minuten bis Zwölf. Noch 300 Sekunden hat
das alte Iahr zu leben oder vielmehr jetzt nur

noch 290. Aber eigentlich-Stimmt das

denn? Äören Sie mal, lieber Freund: das ist
ja Ansinn! Wenn meine allerdings ganz genau
gehende Ahr zwölf zeigen wird, — ja, dann wird
für uns das Iahr noch gar nicht zu Ende sein."

Krampert wunderte stch. „Nanu, warum denn
nicht?"

„Weil meine Ahr die sogenannte mitteleu-
ropäische Zeit angibt, die aber mit der wirklichen
Ortszeit doch nur an den Orten übereinstimmt,

die auf dem-na, welcher ist es doch gleich?

— ja, auf dem 15. Meridian östlich von Green-
wich liegen. Die mitteleuropäische Zeit ist eine
ganz willkürliche Konstruktion, die hauplsächlich
fttr den Eisenbahnbetrieb erfunden worden ist
und für diesen ja auch eine gewisse Notwendig-
keit bedeulen mag. Fllr die talsächliche Zeit eines
Ortes ist doch aber nur seine geographische Lage
maßgebend, und nach dieser sind wir, glaube ich,
zwanzig Minuten hinter der mitteleuropäischen
Zeit zurück. Genau weiß ich es nicht, aber wir
können es ja gleich einmal ausrechnen. Wir
brauchen nur für jeden Längengrad vier Minu-
ten zu rechnen, und da wir nun-"

Krampert unterbrach die Reve. „Aber, bester
Freund, darauf kommt es doch nicht an. Wenn
Sie so genau rechnen wollen, dann dürfte auch
Ihre Ortszeit, auf die Sie sich, wie ich zugeben
will, nicht ganz mit Anrecht berusen, nicht maß-
gebend sein. Dann käme ja noch eine andere,
freilich etwas komplizierte Berechnung in Frage.
DennwasbedeuteteinIahr?DaswahreIahrist
das Sternjahr des Astronomen, jener Zeitraum,
nach dessen Verlauf die Erde einmal um die Son-
ne gelaufen ist und diese wieder bei dem gleichen
Fixstern der Ekliptik erscheint. Dieser Zeitraum
aber beträgt 365 Tage, 6 Stunden 9 Minuten
und 9 Sekunden. Demgemäß finge also heute das
neue Iahr nicht um Mitternacht, sondern erst
um 6 !lhr 9 Minuten und 9 Sekunden an, und

vollends das nächste Iahr müßten Sie-

„Das geht nicht", fiel Pasternack ein. „Das
ließe sich doch nicht durchführen. Mit den ttber-
schießenden 6 Stunden 9 Minuten und 9 Se°
kunden können wir nicht wirtschaften; die läßt
man zusammenkommen und bringt sie dann im
Schaltjahr unter, das eine sehr verständige Ein-
richtung ist. Nein, nach dem Sternjahr mögen
die Astronomen sich,Prosit Neujahr' wünschen;
wir, lieber Freund, wollen bei dem bürgerltchen
Iahr bleiben."

„Na also, das bürgerliche Iahr ist doch auch nur eine Vereinbarung,"
meinte Krampert befriedigt. „And wenn Sie diese gelten lassen, dann
können Sie es doch ebenso gut niit der mitteleuropäischen Zeit tun. Da
wir uns nach dieser das lehte Mal gerichtet haben, so ist auch wirklich
nach 365 Tagen cin bürgerliches Iahr fllr uns vergangen, ünd wenn nun
Ihre Ahr-Aber sehen Sie doch einmal nach! Wie spät ist es denn?"

Pasternack zog seine Ahr. Aber wenn er fich nicht noch schnell über-
legt hälte, daß man das neue Iahr nicht mit schändlichen Flüchen beginnen
soll, dann hätte er es getan. So aber klagte er nur: „Das kommt von dem
blödsiniiigen steberlegen, — jetzt ist es schon sechs Minuten nach Zwölf!"

T-am ra- örs Ata/rrr-, Ms rüh rrrs Da/errr Ae/r/orrrrrrerr,

Des 2-sperrs er--r/?es ?a^>err, «rar' es 2er/rra>, arar^s 2a/>ä/?

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Sr'e 2?a// ^rrrrr S-reärr/rer-err. Lkrrö roerF öor/ /e/äer- rrr'-/> ror'e.

>1.

Automatisch — „Bloß um hunderttausend Mark bist mit dem
Metzger auseinander gewesen, — das lohnt doch die
Müh' nicht, das Viech wieder nach Laus zu nehmen." — „Davon verstehst
nix, Alte,-nächste Woch' krieg' ich viel mehr." — „Na, bis dahin wird das
Viech doch nicht fetter." — „Braucht' auch nicht,-die Fleischpreis' steigen."

Silvesterglosse

„'s wird besser gehnl 's wird besser gekn! Das ist des Narren Sprüchelein,

Die U)elt ist rund, und muß sich drehn. Und bist du klug, so stimmst du ein?

Mamba, der Narr, in der Oper: „Der Templer und die Iüdin."

Da -ie geschätzte Mutter Lröe
Den allgewohnten Weg vollbracht,
Unü um das Iahr, wird ernst bcüacht,
Wie es nun wohl im neuen werde.
Gibt es noch immer mehr Beschwerde?
Wirü man wohl einen Lichtblick sehn?
„Es wird jetzt noch viel weniger schön!"
Spricht dieser voller Angstgewimmer,
Doch jener glaubt an Hoffnunge-
schimmer:

„'s wirü besser gehnl 's wird besser
gehn!"

Ein 2ahr ist aber rasch vergangen.
!7lan darf bei gar so schlimmem Stand
Der Sachen nicht gleich allerhand
Verbesserung von ihm verlangen.
Verpaht ist schnell, Loch nur in langen
Bemühungen kann es geschehn,
Die Dinge, wie man wünscht, zu sehn.
Man traue nicht ;u optimistisch,
Dem Worte, üas so fatalistisch:
Die Welt ist rund und muß sich drehnl

Das Schicksal droht noch mit üem
Priigel,

Und mancher üenkt üabei: 2e nun,
Was soll ich einzelner denn tun, —
Sch hab' die Welt ja nicht am Zügel! —
Er füllt sich sein Silvesterkrllgel
Unü spricht: Ich zieh' üen Buckel ein;
Was kommt, — ich will ergeben sein;
Was nicht;u ändern, muß man tragen.
Solch Wort kann aber nicht behagen,
Das ist des Uarren Sprüchelein.

Lin anüres Wort wird besser klingen
An dieses Sahres lehtem Tag:
Und komme, was da kommen mag, —
Man soll versuchen, es zu zwingen
Und wacker mit dem Schicksal ringen,
Denn will es noch so lange dräuhn,
Einmal doch wirü es müüe sein,
Wenn wir nicht unter uns zerbrechen. —
So soll es sein, so muß man sprechen,
Und bist du klug, so stimmst du ein.

—on.

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