Nach öem Mahl beim Rest öes Weines
Kommen öie Lrinnerungen,
Unö öer Pastor, öanköurchörungen,
Spricht beöachtsam: „2a, mein kleines
§elölein, öas ich hier bestellt,
Wohl von Herzen mir gefällt.
Wenn ich an öen Anfang öenke, —
Ach, wie war öas Dorf so schlimm:
Leer öie Kirche, voll öie Schenke,
Nachbarhaöer, Zank unö Grimm!
Wie ganz anöers ist es heutel
Ls erwuchs ein neu Geschlecht,
Unö, ist auch nicht alles recht,
Sinö es öoch recht brave Leute.
Ia, mein Dörfchen ist recht löblich,
Unö mein Wort war nicht vergeblich!"
Doch öer Lehrer, auf öem Stuhle
Angeöulöig rutschenö schon,
Spricht nun: „Schöner Lohn
Warö auch mir öurch meine Schule.
Schlimmes ist mir erst begegnet,
Doch mein Tun war auch gesegnet.
Wohlehrwüröen, mit Permiß,
Dieses ist öoch ganz gewiß:
Selbst öie beste Saat verfliegt,
Ist öer Acker nicht gepflügt.
Alle jene, welche heute,
Wie Sie sagen, brave Leute,
Waren einstmals böse Rangen.
Wort allein hätt' kaum verfangen,
Daß öie Banöe erst gezügelt.
Wenn sie später recht geleitet,
So hab' ich öas vorbereitet. —
G, was habe ich geprügelt!"
Meine Englandreise
Also das half nun nichts, ich mußte auch nach England
in die Weltausftellung von Wembley. Ich überschlug zum
soundsovielten Male mein Budget: es reichte. Freilich
mußte ich vierter Klaffe Eisenbahn fahren, aber dasür fuhr
ich auch umso länger, und das hob sich also völlig auf. In
Anbetracht der langen Bahnfahrt informierte ich mich aber
doch über Lautabschürfungen und deren Behandlung. Auch
dem Kapitel Wundliegen widmete ich einige Aufmerksamkeit.
Doch das waren techmsche Nebensorgen. Die Laupt-
sache blieb, Land und Leute mit dem bekannten offenen Auge
betrachten zu können. Dazu aber war es nötig, drüben als
Brite aufzutreten. Am mich in den englischen Volkscharakter
einzufühlen, rauchte ich prinzipiell nur noch Shagpfeife und
versuchte, Nierenfett in kleinen Portionen zu essen. Erst
wurde mir bedingungslos schlecht, dann aber bekam ich von
der Shagpfeife eine dicke Zunge, vom Nierenfett einen Samt-
gaumen. Ich rechnete bestimmt damit, daß sich diese Miß-
stände sväter beseitigen laffen würden.
Doch ich blieb dabei nicht stehen. Zum vollen Ver-
ständnis der britischen Volkspsyche fehlte mir vor allem der
Plumpudding. Ihn versuchte ich, vom Zauber der Lexen-
küchenromantik umweht, zunächst herzustellen. Zutaten:
Nierenfett, Roßnen, eine Serviette, Arrak, Eier, Mehl und
einige Anbeträchtlichkeiten, die ich weglassen zu können glaubte.
Erst machte ich es falsch, ich tat die Serviette in den Plum-
pudding, nach langen Versuchen lernte ich, daß der Plum-
pudding in die Serviette gehöre, gut durchgeknetet, sechs
Stunden lang kochen lassen. Ich versuhr sorgsam nach Vor-
schrift, aber es wurde nichts, und das war gut, denn ich
hätte ihn auch so nicht genießen können. Durch ein be-
dauerliches Versehen hatte ich statt Rosinen braune Schuh-
knöpfe genommen.
So vorbereitet, machte ich mich an die Bewältigung
der größten Schwierigkeit, der englischen Sprache. Keines-
falls wollte ich als Ausländer erkannt werden, und bei
meinem Sprachtalent war ich auch sicher, daß mir das ge-
lingen würde. Latte ich doch nach dem einwandfreien Zeugnis
meiner Eltern bereits als halbjähriger Säugling meine
(Fortsetzung Seite 20)
— „Labts a Analück im Stall g'habt, weil'st so wenig Milch hast?
— „Na, im Stall net, aber der Brunnen is hin!"
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Kommen öie Lrinnerungen,
Unö öer Pastor, öanköurchörungen,
Spricht beöachtsam: „2a, mein kleines
§elölein, öas ich hier bestellt,
Wohl von Herzen mir gefällt.
Wenn ich an öen Anfang öenke, —
Ach, wie war öas Dorf so schlimm:
Leer öie Kirche, voll öie Schenke,
Nachbarhaöer, Zank unö Grimm!
Wie ganz anöers ist es heutel
Ls erwuchs ein neu Geschlecht,
Unö, ist auch nicht alles recht,
Sinö es öoch recht brave Leute.
Ia, mein Dörfchen ist recht löblich,
Unö mein Wort war nicht vergeblich!"
Doch öer Lehrer, auf öem Stuhle
Angeöulöig rutschenö schon,
Spricht nun: „Schöner Lohn
Warö auch mir öurch meine Schule.
Schlimmes ist mir erst begegnet,
Doch mein Tun war auch gesegnet.
Wohlehrwüröen, mit Permiß,
Dieses ist öoch ganz gewiß:
Selbst öie beste Saat verfliegt,
Ist öer Acker nicht gepflügt.
Alle jene, welche heute,
Wie Sie sagen, brave Leute,
Waren einstmals böse Rangen.
Wort allein hätt' kaum verfangen,
Daß öie Banöe erst gezügelt.
Wenn sie später recht geleitet,
So hab' ich öas vorbereitet. —
G, was habe ich geprügelt!"
Meine Englandreise
Also das half nun nichts, ich mußte auch nach England
in die Weltausftellung von Wembley. Ich überschlug zum
soundsovielten Male mein Budget: es reichte. Freilich
mußte ich vierter Klaffe Eisenbahn fahren, aber dasür fuhr
ich auch umso länger, und das hob sich also völlig auf. In
Anbetracht der langen Bahnfahrt informierte ich mich aber
doch über Lautabschürfungen und deren Behandlung. Auch
dem Kapitel Wundliegen widmete ich einige Aufmerksamkeit.
Doch das waren techmsche Nebensorgen. Die Laupt-
sache blieb, Land und Leute mit dem bekannten offenen Auge
betrachten zu können. Dazu aber war es nötig, drüben als
Brite aufzutreten. Am mich in den englischen Volkscharakter
einzufühlen, rauchte ich prinzipiell nur noch Shagpfeife und
versuchte, Nierenfett in kleinen Portionen zu essen. Erst
wurde mir bedingungslos schlecht, dann aber bekam ich von
der Shagpfeife eine dicke Zunge, vom Nierenfett einen Samt-
gaumen. Ich rechnete bestimmt damit, daß sich diese Miß-
stände sväter beseitigen laffen würden.
Doch ich blieb dabei nicht stehen. Zum vollen Ver-
ständnis der britischen Volkspsyche fehlte mir vor allem der
Plumpudding. Ihn versuchte ich, vom Zauber der Lexen-
küchenromantik umweht, zunächst herzustellen. Zutaten:
Nierenfett, Roßnen, eine Serviette, Arrak, Eier, Mehl und
einige Anbeträchtlichkeiten, die ich weglassen zu können glaubte.
Erst machte ich es falsch, ich tat die Serviette in den Plum-
pudding, nach langen Versuchen lernte ich, daß der Plum-
pudding in die Serviette gehöre, gut durchgeknetet, sechs
Stunden lang kochen lassen. Ich versuhr sorgsam nach Vor-
schrift, aber es wurde nichts, und das war gut, denn ich
hätte ihn auch so nicht genießen können. Durch ein be-
dauerliches Versehen hatte ich statt Rosinen braune Schuh-
knöpfe genommen.
So vorbereitet, machte ich mich an die Bewältigung
der größten Schwierigkeit, der englischen Sprache. Keines-
falls wollte ich als Ausländer erkannt werden, und bei
meinem Sprachtalent war ich auch sicher, daß mir das ge-
lingen würde. Latte ich doch nach dem einwandfreien Zeugnis
meiner Eltern bereits als halbjähriger Säugling meine
(Fortsetzung Seite 20)
— „Labts a Analück im Stall g'habt, weil'st so wenig Milch hast?
— „Na, im Stall net, aber der Brunnen is hin!"
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