rufen Sie mir mal den Wirt!"
— „Bedaure, mein Lerr, — um diese Zeit ist der Wirt nicht
da; der ist in ein anderes Lokal zum Mittageffen gegangen."
Meine Englandretse
außerdem noch betrunken. Er hatte
ficher den besten Willen, nach London
zu gelangen, aber mein Gott, die
Erdkugel ist gewölbt, die Breiten-
und Längengrade sind auf dem Was-
ser nicht deutlich genug markiert, und
es ist sicher nicht so einfach, sich durch
inneren und äußeren Nebel hinzu-
finden. Wir brauchten drei Tage
und fuhren im ganzen fllnfmal um
Lelgoland herum. Immer, wenn ich
an den Bug trat und „Land ahoil"
jauchzte, war es bei näherem Zu-
sehen wieder Lelgoland. Mir war
das nicht unlieb, denn man wußte
doch wenigstens, wo man war.
Ich teilte meine Kabine mit
einem Manne, der allem Anscheine
nach ein Vollblutengländer war. Er
spuckte kleine Pfützen vor meine Koie,
rauchte und sprach kein Wort. Zch
akklimatisierte mich rasch,spuckte etwas
kleinere Pflltzen vor seineKoje, rauchte
und sprach kein Wort. Mein Na-
tionalstolz regte sich mächtig, was
dieser Englishman konnte, konnte ich
auch, die deulsche Technik läßt sich
nichtschlagen.
Am ersten Abend bestellte er sich
drei Flaschen Porter, ich ließ mir
sechs kommen. Dem Manne wollte
ich zeigen, was eine Äarke ist. Als
wir fertig waren, war er betrunken,
ich sternhagelvoll. Ich konnte das
unangenehme Gefllhl nicht loswerden,
daß wir auf der Seite segelten. Der
zweite Tag ging hin, wir schwiegen.
Am dritten Tage hielt ich es nicht
mehr aus. Ich bin ein geselliger
Mensch und brauche Llnterhaltung.
Diese halbe Feindseligkeit mußte
aufhören, ein sreundlicher Ton sollte
Platz greifen. Eine geeignete An-
kuüpfung war bald gefunden. Als
sich mein Engländer zum Mittags-
schlafniedergelegthatte, warsich einenmeiner Stiefelnachihm.
Er drehte sich gleichmütig um und fragte: „Luott is dhö mät-
ter?" Mir lachte das Äerz im Leibe, jetzt wllrde ich englisch
sprechen können. Luott is dhö mätter? das hieß: „Wae gibts?"
Mit fliegcnden Länden zog ich den Sprachsllhrer her-
vor und schlug das Kapitel Greetings — Grüße — aus. Gott
sei Dank, ich hatte vor der Abreise den deutschen Text wieder
sauber angeklebt. Aha, da war es! Luottis dhö mätler? Laut
Sprachfllhrerhattenunineinergebildetenenglischen Konversa-
tion eine artige Begrüßung meinerseits aufdem Fuße zu folgen.
Jch sagte in unverfälschtem Englisch: „Gudd deh,Mister
Parker, hau duh juh duh?"
Schlagartig kam die vorgeschriebene Antwort:
„Kueit well, thänk juh!"
Genau so stand es im Fllhrer, es war also doch ein
treffliches Buch.
„Lau ahr juh, Mister Parker?" suhr ich beherzt sort.
Der Engländer antwortete: „Werri well, thänksl" Sehr
gut! Danke!
And wie geht es Ihnen? hatte jetzt Mister Parker zu
fragen, aber er schwieg sinnend. Am die Anterhaltung nicht
einschlafen zu lassen, sagte ich es also:
„Aend hau ahr juh?"
Er wurde direkt beredt: „Werri well! Pritti well!
Not soh bähd!"
Danke gut, ausgezeichnet, nicht gerade schlecht.
„Lau ahr juh getting onn?" wollte ich wissen. Wie
geht es Ihnen sonst? Das war natllrlich sehr wesentlich.
Sonst schien es Mister Parker indes nicht allzugut zu gehen,
denn er sagte trllbe:
„Nott soh well!" Nicht besonders gut. Dann aber llber-
legte er und fuhr sort: „Ei'm nott kueit well. Ei häw koht ä
bähd kohld!" Ich befinde mich nicht ganz wohl, ich habe mir
eine starke Erkältung zugezogen.
Ich: „Luenn didd juh ärreiw inn Börrlin?" — Wann
kamen Sie in Berlin an?
Er: „Kömm änd sih mih!" — Vesuchen Sie mich doch!
(Fortsetzung Sette 25)
23
— „Bedaure, mein Lerr, — um diese Zeit ist der Wirt nicht
da; der ist in ein anderes Lokal zum Mittageffen gegangen."
Meine Englandretse
außerdem noch betrunken. Er hatte
ficher den besten Willen, nach London
zu gelangen, aber mein Gott, die
Erdkugel ist gewölbt, die Breiten-
und Längengrade sind auf dem Was-
ser nicht deutlich genug markiert, und
es ist sicher nicht so einfach, sich durch
inneren und äußeren Nebel hinzu-
finden. Wir brauchten drei Tage
und fuhren im ganzen fllnfmal um
Lelgoland herum. Immer, wenn ich
an den Bug trat und „Land ahoil"
jauchzte, war es bei näherem Zu-
sehen wieder Lelgoland. Mir war
das nicht unlieb, denn man wußte
doch wenigstens, wo man war.
Ich teilte meine Kabine mit
einem Manne, der allem Anscheine
nach ein Vollblutengländer war. Er
spuckte kleine Pfützen vor meine Koie,
rauchte und sprach kein Wort. Zch
akklimatisierte mich rasch,spuckte etwas
kleinere Pflltzen vor seineKoje, rauchte
und sprach kein Wort. Mein Na-
tionalstolz regte sich mächtig, was
dieser Englishman konnte, konnte ich
auch, die deulsche Technik läßt sich
nichtschlagen.
Am ersten Abend bestellte er sich
drei Flaschen Porter, ich ließ mir
sechs kommen. Dem Manne wollte
ich zeigen, was eine Äarke ist. Als
wir fertig waren, war er betrunken,
ich sternhagelvoll. Ich konnte das
unangenehme Gefllhl nicht loswerden,
daß wir auf der Seite segelten. Der
zweite Tag ging hin, wir schwiegen.
Am dritten Tage hielt ich es nicht
mehr aus. Ich bin ein geselliger
Mensch und brauche Llnterhaltung.
Diese halbe Feindseligkeit mußte
aufhören, ein sreundlicher Ton sollte
Platz greifen. Eine geeignete An-
kuüpfung war bald gefunden. Als
sich mein Engländer zum Mittags-
schlafniedergelegthatte, warsich einenmeiner Stiefelnachihm.
Er drehte sich gleichmütig um und fragte: „Luott is dhö mät-
ter?" Mir lachte das Äerz im Leibe, jetzt wllrde ich englisch
sprechen können. Luott is dhö mätter? das hieß: „Wae gibts?"
Mit fliegcnden Länden zog ich den Sprachsllhrer her-
vor und schlug das Kapitel Greetings — Grüße — aus. Gott
sei Dank, ich hatte vor der Abreise den deutschen Text wieder
sauber angeklebt. Aha, da war es! Luottis dhö mätler? Laut
Sprachfllhrerhattenunineinergebildetenenglischen Konversa-
tion eine artige Begrüßung meinerseits aufdem Fuße zu folgen.
Jch sagte in unverfälschtem Englisch: „Gudd deh,Mister
Parker, hau duh juh duh?"
Schlagartig kam die vorgeschriebene Antwort:
„Kueit well, thänk juh!"
Genau so stand es im Fllhrer, es war also doch ein
treffliches Buch.
„Lau ahr juh, Mister Parker?" suhr ich beherzt sort.
Der Engländer antwortete: „Werri well, thänksl" Sehr
gut! Danke!
And wie geht es Ihnen? hatte jetzt Mister Parker zu
fragen, aber er schwieg sinnend. Am die Anterhaltung nicht
einschlafen zu lassen, sagte ich es also:
„Aend hau ahr juh?"
Er wurde direkt beredt: „Werri well! Pritti well!
Not soh bähd!"
Danke gut, ausgezeichnet, nicht gerade schlecht.
„Lau ahr juh getting onn?" wollte ich wissen. Wie
geht es Ihnen sonst? Das war natllrlich sehr wesentlich.
Sonst schien es Mister Parker indes nicht allzugut zu gehen,
denn er sagte trllbe:
„Nott soh well!" Nicht besonders gut. Dann aber llber-
legte er und fuhr sort: „Ei'm nott kueit well. Ei häw koht ä
bähd kohld!" Ich befinde mich nicht ganz wohl, ich habe mir
eine starke Erkältung zugezogen.
Ich: „Luenn didd juh ärreiw inn Börrlin?" — Wann
kamen Sie in Berlin an?
Er: „Kömm änd sih mih!" — Vesuchen Sie mich doch!
(Fortsetzung Sette 25)
23