— „Bei dem Mann muß man aufpassen. Der geringste Beifall
schon reizt ihn. — „Was Sie nicht sagenl"
— noch was zu singenl"
Gefährliches Thema
Neulich traf ich einen guten alten Bekannten, den Sani-
tätsrat Bösenberg, der seit vielen Iahren in Knippstedt
lebt und wirkt. Ich glaube, er ist dort der einzige Arzt,
doch man hat auch an ihm genug, denn Knippstedt dürfte
trotz aller Anstrengungen immer noch nicht über das
zweite Tausend seiner Seelenzahl hinausgekommen sein.
„Ia, ich bin ein bißchen verreist," erzählte mir
Sanitätsrat Bösenberg. „Wissen Sie: ich bin näm-
lich auch Stadtverordneter, und in der Gemeindever-
tretung ist jetzt grade eine Sache zur Beratung gekom-
men, der ich doch lieber aus dem Wege gegangen bin."
„Nanu?"
„Ia, die Kerle wollen Uberlegen, ob der Knipp-
stedter Friedhof nicht vergrößert werden soll." —on.
Die Spirituskaraffe
Schnelzer, der „möbliert wohnt", hat einen fürch-
terlichen Stockichnupfen und eine fürchterlich kurzsich-
tige Wirtin. Djese beiden Amstände, sollte man mei-
nen, ftehen in keiner inneren Beziehung zueinander.
Aber in dieser Geschichte müssen sie trotzdem zusammen
genannt werden, denn aus ihrem, der beiden Amstände,
Zusammentreffen ist sie, die Geschichte, entstanden.
Nämlich ein Schnupfen ist immer die Folge starker
Erkältung, weshalb Schnelzer geneigt war, ihm eine
starke Erwärmung entgegenzusetzen. Nicht nur von
außen, sondern auch von innen. Deshalb setzte Schnelzer
eines Morgens seinen seit langem nicht benutzten
Spirituskocher zwecks Lerstellung eines starken Tees
wieder in Betrieb. Zu diesem Zwecke ließ er sich
34
von seiner kurzsichtigen Wirtin etwas Spiritus
geben, bezahlte ihn sofort und liest ihn in Er-
manglung einer Flasche in eine ihm gehörige
Karaffe füllen. In eine ganz ordinäre Karaffe,
die er von irgend einer andern möblrerten Woh-
nung mitgebracht hatte.
Als die kurzsichtige Wirtin die ordinäre
Karaffe mit dem Spiritus in Schnelzers Zimmer
brachte, stieß sie an einen Schrank. Die Karaffe
fiel zu Boden und war entzwei.
„Oh," sagte die Wirtin.
„Oh," sagte auch Schnelzer, aber er sagte
noch mehr. „Das ist aber sehr bedauerlich,
Frau Spiesecke. Das ist mir sogar sehr schmerz-
lich! Von dem Spiritus natürlich nicht zu reden.
Den können Sie mir ja ohne weiteres ersetzen.
Aber die Karaffe! Die Karaffe war sehr kost-
bar. War ein Erbstück. Aus echtem Kristall."
„Aus Kristall?" opponierte Frau Spiesecke.
„Det war doch janz ordinäres Ilas!"
Da erklärte Schnelzer kurz: „Das können
Sie doch nicht sehen!"
And die kurzsichtige Wirtin verliest kops-
schüttelnd, aber geschlagen das Zimmer. And
Schnelzer ging mit Stockschnupfen, aber ohne
Tee ins BUro.
Als er abends wiederkam, war der Schnup-
sen stärker und das Wärmebedürfnis größer
geworden. And wirklicb: auf dem Tisch stand
bereits eine neue Karaffe mit Spiritus. Sie
war aus ordinärem Glas — aber Schnelzer
freute sich über den Brennstoff und kochte.
Einmal, zweimal, dreimal.
Als die Karaffe ziemlich leer war, kam
plötzlich Frau Spiesecke. Sie griff nach dem
Spiritusbehälter und sagte: „Det is aber nich
schön von Ihnen, Lerr Schnelzer. Det is mir
sehr schmerzlich. Det war sehr teuer."
„Ia — was denn?" erkundigte stch müde
der schnupfengequälte Schnelzer.
„Det Sie Ihre Funzelmit meinem Parfüm jeheizthaben I"
„Mit Parfüm?" opponierte diesmal Lerr Schnelzer.
„Das war doch ganz ordinärer Spiritus!"
Darauf Frau Spiesecke prompt: „Det können Sie doch
nich riechen!" Exha
— „Zahl mir noch a Lalbe, dann kannst mit mir
heimfahren." — „Wenn i dir jetzt noch a Lalbe zahl,
dann kannst vielleicht Uberhaupt nimmer fahren."
schon reizt ihn. — „Was Sie nicht sagenl"
— noch was zu singenl"
Gefährliches Thema
Neulich traf ich einen guten alten Bekannten, den Sani-
tätsrat Bösenberg, der seit vielen Iahren in Knippstedt
lebt und wirkt. Ich glaube, er ist dort der einzige Arzt,
doch man hat auch an ihm genug, denn Knippstedt dürfte
trotz aller Anstrengungen immer noch nicht über das
zweite Tausend seiner Seelenzahl hinausgekommen sein.
„Ia, ich bin ein bißchen verreist," erzählte mir
Sanitätsrat Bösenberg. „Wissen Sie: ich bin näm-
lich auch Stadtverordneter, und in der Gemeindever-
tretung ist jetzt grade eine Sache zur Beratung gekom-
men, der ich doch lieber aus dem Wege gegangen bin."
„Nanu?"
„Ia, die Kerle wollen Uberlegen, ob der Knipp-
stedter Friedhof nicht vergrößert werden soll." —on.
Die Spirituskaraffe
Schnelzer, der „möbliert wohnt", hat einen fürch-
terlichen Stockichnupfen und eine fürchterlich kurzsich-
tige Wirtin. Djese beiden Amstände, sollte man mei-
nen, ftehen in keiner inneren Beziehung zueinander.
Aber in dieser Geschichte müssen sie trotzdem zusammen
genannt werden, denn aus ihrem, der beiden Amstände,
Zusammentreffen ist sie, die Geschichte, entstanden.
Nämlich ein Schnupfen ist immer die Folge starker
Erkältung, weshalb Schnelzer geneigt war, ihm eine
starke Erwärmung entgegenzusetzen. Nicht nur von
außen, sondern auch von innen. Deshalb setzte Schnelzer
eines Morgens seinen seit langem nicht benutzten
Spirituskocher zwecks Lerstellung eines starken Tees
wieder in Betrieb. Zu diesem Zwecke ließ er sich
34
von seiner kurzsichtigen Wirtin etwas Spiritus
geben, bezahlte ihn sofort und liest ihn in Er-
manglung einer Flasche in eine ihm gehörige
Karaffe füllen. In eine ganz ordinäre Karaffe,
die er von irgend einer andern möblrerten Woh-
nung mitgebracht hatte.
Als die kurzsichtige Wirtin die ordinäre
Karaffe mit dem Spiritus in Schnelzers Zimmer
brachte, stieß sie an einen Schrank. Die Karaffe
fiel zu Boden und war entzwei.
„Oh," sagte die Wirtin.
„Oh," sagte auch Schnelzer, aber er sagte
noch mehr. „Das ist aber sehr bedauerlich,
Frau Spiesecke. Das ist mir sogar sehr schmerz-
lich! Von dem Spiritus natürlich nicht zu reden.
Den können Sie mir ja ohne weiteres ersetzen.
Aber die Karaffe! Die Karaffe war sehr kost-
bar. War ein Erbstück. Aus echtem Kristall."
„Aus Kristall?" opponierte Frau Spiesecke.
„Det war doch janz ordinäres Ilas!"
Da erklärte Schnelzer kurz: „Das können
Sie doch nicht sehen!"
And die kurzsichtige Wirtin verliest kops-
schüttelnd, aber geschlagen das Zimmer. And
Schnelzer ging mit Stockschnupfen, aber ohne
Tee ins BUro.
Als er abends wiederkam, war der Schnup-
sen stärker und das Wärmebedürfnis größer
geworden. And wirklicb: auf dem Tisch stand
bereits eine neue Karaffe mit Spiritus. Sie
war aus ordinärem Glas — aber Schnelzer
freute sich über den Brennstoff und kochte.
Einmal, zweimal, dreimal.
Als die Karaffe ziemlich leer war, kam
plötzlich Frau Spiesecke. Sie griff nach dem
Spiritusbehälter und sagte: „Det is aber nich
schön von Ihnen, Lerr Schnelzer. Det is mir
sehr schmerzlich. Det war sehr teuer."
„Ia — was denn?" erkundigte stch müde
der schnupfengequälte Schnelzer.
„Det Sie Ihre Funzelmit meinem Parfüm jeheizthaben I"
„Mit Parfüm?" opponierte diesmal Lerr Schnelzer.
„Das war doch ganz ordinärer Spiritus!"
Darauf Frau Spiesecke prompt: „Det können Sie doch
nich riechen!" Exha
— „Zahl mir noch a Lalbe, dann kannst mit mir
heimfahren." — „Wenn i dir jetzt noch a Lalbe zahl,
dann kannst vielleicht Uberhaupt nimmer fahren."