§:n modernes Kredittnstituk
Er bestätigte das auch. „Freilich — — mache ich öfter
so. Die Leute brauchen die Dinger doch nicht mehr und für
mich ist es immerhin eine kleine Deckung zu Anfang. Aber
Sie wollen wifsen, wie ich dazu gekommen bin, mein Kredit-
institut „Freies Leben" zu begründen? Will ich Ihnen ver-
raten: ich habe die Idee übernommen, — in Paris sind
nämlich ein paar solcher Vorschuß- und Abzahlungsgeschäfte
entstanden. Sis wurden ein Bedürfnis, als in der Nach-
kriegszeit die Ehescheidungen so sehr zunahmen. Ift ja bei uns
gradeso, — die Leute haben ja wie verrückt geheiratet. Ich
hatte gerade Kapital zur Land. Erst wollte ich 'n Pfand-
geschäft aufmachen, aber das ist heutzutage nichts, — die
Leute haben ja nicht mehr genug ordentliche Sachen zum
Versetzen. Na, und Geld ausleihen sür Geschäfte, kleine
Grllndungen und solche Geschichten? Ich bitte Sie: das Risiko!
Wenn so 'ne Sache nicht richtig einschlägt, ist der Mensch
enttäuscht, und ein enttäuschter Mensch hat Lust, sich um's
Zahlen zu drücken. Wenn da aber ein Paar ist, das die
Ehe gar nicht mehr aushalten konnte, das einander jeden
Tag verekelt hat, und diese Leute werden geschieden, — dann
sind sie nicht enttäuscht, dann sind sie glücklich, und mir sind
sie dankbar, daß ich ihnen zu dem Glück verholfen habe. Solche
Leute werden mir nicht einen Pfennig schuldig bleiben, kann
ich Ihnen sagen. Ich bin stolz darauf, daß ich mit der edelsten
Regung des Menschen rechne, mit der Dankbarkeit.
Na, ich nehme ja schließlich auch noch andere Sicher-
heiten, lasse mir Möbel verpsänden, die ohnehin durch Auf-
lösung des Laushalts überflüssig werden, oder sonst
was. Manchmal besriedi-
gen mich auch Neferenzen.
Äier ein Beispiel! Da habe
ich mich bei der Schwieger-
mutter eines Lerrn, der ge-
schieden werden will, über
ihn erkundigt. Die Alte
schreibt: ,Betreffender ist
das gemeinste Subjekt, das
ich kenne, ein niederträch-
tiger, heuchlerischer Schust,
und der Tag, an dem er in
meinen bis dahin lieblichen
Familienkreis trat, der
schwärzeste in meinem Lc-
ben/ Was sagen Sie da-
zu? Eine glänzende, eine
hervorragende Auskunft!
Ich habe sofort das Geld
vorgeschossen. Bedenken
Sie doch: was muß das für
eine Atmosphäre sein in der
Familie! Dagegen inuß die
Lölle ein Lachkabinett sein. Der Mann wird mir ja bis an
sein Lebensende dankbar sein, daß ich ihm geholsen habe, da
'rauszukommen." — Äier wurde Willy Schlinger unter-
brochen. Ein junger Mann erschien, reichte ihm einen
Zwanzigmarkschein und bekam eine Quittung. „Nächste
Woche!" flüsterte er Schlinger beim Abschied zu.
„Aha, nächste Woche kommt das Scheidungsurteil, nicht
wahr?" meinte ich.
„Nee, dieser Fall liegt 'n bißchen anders," sagte Willy
Schlinger grinsend und rieb sich die Lände. „Solche Kunden
wünschte ich mir mehr. Ein musterhafter junger Mann.
Drei Monatsraten hat er mir schon bezahlt, und nächste
Woche — haha, nun wundern Sie sich mal! — nächste Woche
macht er erst Äochzeit. Die Dame läßt ihn wohl nicht aus-
kommen. Na, nun heiratet er sie eben, legt aber bei mir
schon ein kleines Depot an, von dem die Frau vorläufig
nichts wissen soll. Das heiße ich weise Aeberlegung. So sind
leider nicht alle. Gestern war ein siebzigjähriger Lerr bei
mir, der sich scheiden lassen möchte, — von seiner sünfund-
zwanzigjährigen Frau. Der Mann hat 'n großes Vermögen
gehabt, als er heiratete, aber jetzt alles verloren. Nun braucht
er Geld für die Scheidung. Kann ihm nicht helfen — der
Mann ist mir mit seinen siebzig Iahren nicht mehr sicher
genug. Am Ende trifft ihn vor Freude der Schlag. wenn
er das Scheidungsurteil kriegt. Ich hätte ganz gern mit der
Frau ein Abkommen getroffen, aber die hat sich auf nichts
einlassen wollen. Wäre nicht nötig, hat sie gemeint, — der
Alte würde sich ja doch bald tot ärgern. Gemein, was?
Lat mir deshalb besonders leid getan, nichts für den alten
Lerrn tun zu können, —
wäre so 'n nettes Geschenk
für seinen Lebensabend
gewesen, die Scheidung.
Ia, aber nun müssen Sie
mich entscbuldigen; ich muß
Sie schon bitten, zu sckeiden
— haha — ich erwarte Klien-
ten. Das Geschäft blüht, es
wächsss es dehnt sich aus. Ich
sage Ihnen: so starken Zu-
lauf habe ich, daß ich mehr
Betriebskapital brauche.Ist
übrigens schon erledigt, —
Geld in sicherer Aussicht."
„Aha, Sie haben einen
Kapitalisten gefunden? Ei-
nen Kompagnon fllr Ihr
Freies Leben?"
Willy Schlinger lächelte.
„Nee, das grade nicht, —
ich werde 'ne gute Äeirat
machen." —on.
Der kahlköpfige Künstler „Nehmen Sie dieses
Laarwuchsmittel von mir an, gottbegnadeter Meister — und
wenn es hilft, so verehren Sie mir nachher eine Locke!"
Osgsn Viuncßssln
cVunälisZsn, LlitrünäunZen unä stätunZen ösr ttLut bsl Klnösrn unö LöuAlinZsn scbütrt ruveilüssIZ öis isASImLüixe
/in'.venclunZ äss VLsenol-cVunä- unä K.illäeipuclsis. In iLUsenäen von äirtllcben ^neikennunAen ÄÜiä äei
Vsssnol
Wuncl- u.
Kincßer-
puelsr
8eittLnä-,?ui;-u. sls sintLcbss u. billiZes
/ccbselsckvsiü Ist M VIVIVi >>> iviittel von uneiieiclnei
IsssiA bessitlZt. OiiZinsI-Stieuäosen in /Vpotksl<sn unä OioZeiien.
> » 8 « n o 1-W o r « I» l. ^rtlrur Ic i ^ i i.
,)ur Lerauegabe und Redaktion veranktvortlich: Ferdinand Schreiber, München. — Druck und Verlag von I. F. Schreiber, München und Eßlingen.
Jn Oesterreich für Lerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr, Buchhändler, Wien 1., Domgafse 4.
Alle Nechte für sämtliche Artikel und Illustrationen vorbehalten.
!8 Für den Anzeigenteil vcrantwortlich in Deutschland: Max Laindl, München; in Oesterrcich-klngarn: August Laeberle, Wien VII,
Er bestätigte das auch. „Freilich — — mache ich öfter
so. Die Leute brauchen die Dinger doch nicht mehr und für
mich ist es immerhin eine kleine Deckung zu Anfang. Aber
Sie wollen wifsen, wie ich dazu gekommen bin, mein Kredit-
institut „Freies Leben" zu begründen? Will ich Ihnen ver-
raten: ich habe die Idee übernommen, — in Paris sind
nämlich ein paar solcher Vorschuß- und Abzahlungsgeschäfte
entstanden. Sis wurden ein Bedürfnis, als in der Nach-
kriegszeit die Ehescheidungen so sehr zunahmen. Ift ja bei uns
gradeso, — die Leute haben ja wie verrückt geheiratet. Ich
hatte gerade Kapital zur Land. Erst wollte ich 'n Pfand-
geschäft aufmachen, aber das ist heutzutage nichts, — die
Leute haben ja nicht mehr genug ordentliche Sachen zum
Versetzen. Na, und Geld ausleihen sür Geschäfte, kleine
Grllndungen und solche Geschichten? Ich bitte Sie: das Risiko!
Wenn so 'ne Sache nicht richtig einschlägt, ist der Mensch
enttäuscht, und ein enttäuschter Mensch hat Lust, sich um's
Zahlen zu drücken. Wenn da aber ein Paar ist, das die
Ehe gar nicht mehr aushalten konnte, das einander jeden
Tag verekelt hat, und diese Leute werden geschieden, — dann
sind sie nicht enttäuscht, dann sind sie glücklich, und mir sind
sie dankbar, daß ich ihnen zu dem Glück verholfen habe. Solche
Leute werden mir nicht einen Pfennig schuldig bleiben, kann
ich Ihnen sagen. Ich bin stolz darauf, daß ich mit der edelsten
Regung des Menschen rechne, mit der Dankbarkeit.
Na, ich nehme ja schließlich auch noch andere Sicher-
heiten, lasse mir Möbel verpsänden, die ohnehin durch Auf-
lösung des Laushalts überflüssig werden, oder sonst
was. Manchmal besriedi-
gen mich auch Neferenzen.
Äier ein Beispiel! Da habe
ich mich bei der Schwieger-
mutter eines Lerrn, der ge-
schieden werden will, über
ihn erkundigt. Die Alte
schreibt: ,Betreffender ist
das gemeinste Subjekt, das
ich kenne, ein niederträch-
tiger, heuchlerischer Schust,
und der Tag, an dem er in
meinen bis dahin lieblichen
Familienkreis trat, der
schwärzeste in meinem Lc-
ben/ Was sagen Sie da-
zu? Eine glänzende, eine
hervorragende Auskunft!
Ich habe sofort das Geld
vorgeschossen. Bedenken
Sie doch: was muß das für
eine Atmosphäre sein in der
Familie! Dagegen inuß die
Lölle ein Lachkabinett sein. Der Mann wird mir ja bis an
sein Lebensende dankbar sein, daß ich ihm geholsen habe, da
'rauszukommen." — Äier wurde Willy Schlinger unter-
brochen. Ein junger Mann erschien, reichte ihm einen
Zwanzigmarkschein und bekam eine Quittung. „Nächste
Woche!" flüsterte er Schlinger beim Abschied zu.
„Aha, nächste Woche kommt das Scheidungsurteil, nicht
wahr?" meinte ich.
„Nee, dieser Fall liegt 'n bißchen anders," sagte Willy
Schlinger grinsend und rieb sich die Lände. „Solche Kunden
wünschte ich mir mehr. Ein musterhafter junger Mann.
Drei Monatsraten hat er mir schon bezahlt, und nächste
Woche — haha, nun wundern Sie sich mal! — nächste Woche
macht er erst Äochzeit. Die Dame läßt ihn wohl nicht aus-
kommen. Na, nun heiratet er sie eben, legt aber bei mir
schon ein kleines Depot an, von dem die Frau vorläufig
nichts wissen soll. Das heiße ich weise Aeberlegung. So sind
leider nicht alle. Gestern war ein siebzigjähriger Lerr bei
mir, der sich scheiden lassen möchte, — von seiner sünfund-
zwanzigjährigen Frau. Der Mann hat 'n großes Vermögen
gehabt, als er heiratete, aber jetzt alles verloren. Nun braucht
er Geld für die Scheidung. Kann ihm nicht helfen — der
Mann ist mir mit seinen siebzig Iahren nicht mehr sicher
genug. Am Ende trifft ihn vor Freude der Schlag. wenn
er das Scheidungsurteil kriegt. Ich hätte ganz gern mit der
Frau ein Abkommen getroffen, aber die hat sich auf nichts
einlassen wollen. Wäre nicht nötig, hat sie gemeint, — der
Alte würde sich ja doch bald tot ärgern. Gemein, was?
Lat mir deshalb besonders leid getan, nichts für den alten
Lerrn tun zu können, —
wäre so 'n nettes Geschenk
für seinen Lebensabend
gewesen, die Scheidung.
Ia, aber nun müssen Sie
mich entscbuldigen; ich muß
Sie schon bitten, zu sckeiden
— haha — ich erwarte Klien-
ten. Das Geschäft blüht, es
wächsss es dehnt sich aus. Ich
sage Ihnen: so starken Zu-
lauf habe ich, daß ich mehr
Betriebskapital brauche.Ist
übrigens schon erledigt, —
Geld in sicherer Aussicht."
„Aha, Sie haben einen
Kapitalisten gefunden? Ei-
nen Kompagnon fllr Ihr
Freies Leben?"
Willy Schlinger lächelte.
„Nee, das grade nicht, —
ich werde 'ne gute Äeirat
machen." —on.
Der kahlköpfige Künstler „Nehmen Sie dieses
Laarwuchsmittel von mir an, gottbegnadeter Meister — und
wenn es hilft, so verehren Sie mir nachher eine Locke!"
Osgsn Viuncßssln
cVunälisZsn, LlitrünäunZen unä stätunZen ösr ttLut bsl Klnösrn unö LöuAlinZsn scbütrt ruveilüssIZ öis isASImLüixe
/in'.venclunZ äss VLsenol-cVunä- unä K.illäeipuclsis. In iLUsenäen von äirtllcben ^neikennunAen ÄÜiä äei
Vsssnol
Wuncl- u.
Kincßer-
puelsr
8eittLnä-,?ui;-u. sls sintLcbss u. billiZes
/ccbselsckvsiü Ist M VIVIVi >>> iviittel von uneiieiclnei
IsssiA bessitlZt. OiiZinsI-Stieuäosen in /Vpotksl<sn unä OioZeiien.
> » 8 « n o 1-W o r « I» l. ^rtlrur Ic i ^ i i.
,)ur Lerauegabe und Redaktion veranktvortlich: Ferdinand Schreiber, München. — Druck und Verlag von I. F. Schreiber, München und Eßlingen.
Jn Oesterreich für Lerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr, Buchhändler, Wien 1., Domgafse 4.
Alle Nechte für sämtliche Artikel und Illustrationen vorbehalten.
!8 Für den Anzeigenteil vcrantwortlich in Deutschland: Max Laindl, München; in Oesterrcich-klngarn: August Laeberle, Wien VII,