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— „Da kommt Kollege Schnörkler, der Kunstgewerbler; der hat
unlängft viel in Batik verkauft."

— „Schick doch selbst mal was auf diese Ausstellung nach Batik."

Uncl er schmettert hell — als wie winägebraus:
„Muh i cienn, mutz i äenn —" hinaus!
vann kommt im Festvehikel
ver Oeberschte vom Ort,

Herr Lürgermeister Uniggel,

Lr grützt in einem fort.

Oann äer Ournerbunä:

„§risch, sromm, sröhlich, freil"
vann äer Uriegerbunä:

„Zchwert unä voreleil"

Unä äann kommen äie, welche stets äabei,
wenn ein Festzug ist unä „a vränglerei!"

Unä äas publikum,
vas steht stolz ärumm rum,

Biläet stark unä stier
Hier äas Festspalier.

Bis ein Fremäer wagt
Unä fragt:

„Cntschuläigung — unä er wär so srei —
lvas heut sür ein Iubiläum sei?"

— „Mir ham koa Iubiläum gsehn
Lin ganzes Iahr lang — gwitz!
vatz heint vorm Iahr äös letzte gwen,

— Vös Hubiläum is!"

Ferd. Aa.

Gelstesgegenwart

— „Mutter, ich bin mit der Parfllmflasche hingefallen, es
ist aber von dem Parfüm nichts verloren gegangen — ich
habe mich gleich darin herumgewälzt!"

Der Sohn

— „Laben Sie nicht an Ihren braven Vater, oen bieveren
alten Nachtwächter gedacht, als Sie den Einbruch begingen?"

— „O ja, tch habe gedacht, wenn er nur nicht jetzt gerade
vorbeikommt!"

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Die geschenkten drei Minuten

Von Peter Robtnsor,
Stievenfoot behauptet, die Geschichte des frem-
oen Mannes hätte viel mehr zu bedeuten gehabt
als den grotesken Einfall eines von gurem Wein
angefeuerten Gehirns, das vielleicht überhaupt fllr
solche Sprünge veranlagt war und bei jener Ge-
legenheit zudem die Gunst der Mitternachtsstunde
fllr sich hatte. Stievenfoot sagt, es wäre wirklich
etwas daran gewesen; ja, einmal hat er sich sogar
die Meinung entschlüpfen laffen, es wäre alles
buchstäbliche Wahrheit gewesen. Als ob die an
sich ja ganz nützliche Erfindung der Buchstaben
immer nur zur Stärkung der Wahrheit gedient
hätte!

Aber auf Stievenfoor ift bezüglich nüchternen
Arteils in solchen Sachen kein Verlaß mehr, seit-
dem er auf „Ibe Lpirituslist" abonniert ist und
neuerdings sogar angefangen hat, nach den Rat-
schlägen eines bereits vor zwanzig Iahren abge-
schiedenen, aber durch Vermittelung eines kleinen
Mahagonitisches zu kurzen Mitteilungen befähig-
ten, ehemaligen Kaufmannsgenies seine Kornspeku-
lationen einzurichten, was von allen Mitgliedern
der Kornbörse als offenbare Verrücktheit betrachtet
wird, aber gradezu Entrüstung hervorruft, wenn einmal solch
eine Spekulation dann vorzüglich einschlägt. Sanitätsrat Oehl-
schläger sagt, es seien die Nerven bei Stievenfoot; die Folgen
einer miserablen Verdauung kämen auch noch dazu.

An jenem Märzabend nun, als die Geschichte vorfiel,
sllhlte Stievenfoot, das gibt er selber zu, sich besonders elend.
Er war am Nachmittag, den gewohnten Schlaf nach Tische
entbehrend, hinausgefahren, in ihrem Landsih einer zu re-
spektierenden Tante, die ihren achtzigsten Geburtstag feierte,
den pflichtschuldigen Besuch abzustatten, und hatte vier Stun-
den lang mit der alten Dame nur von längst toten Vor-
fahren und Verwandten gesprochen. Am acht Ahr war er
auf den kleinen Dampfer geklettert, der ihn flußaufwärts
wieder nach der Stadt bringen sollte, um acht Ahr zehn hatte
dieses elende Fahrzeug irgend eine Lavarie an seiner kümmer-
lichen Maschine gehabt, bis zehn hatte es gedauert, ehe die
helfende Motorbarkaffe aufgetaucht war, und so war Stieven-
foot erst um elf einhalb Ahr in der Stadt angelangt. Aeber
drei Stunden in kalter Märznacht so auf dem Wasser sitzen
zu müffen und auf die meist zu unerfreulichen Phantasien
einladenden Erscheinungen des dunklen Flußes zu starren,
das setzt einem nervenschwachen Menschen zu, und so war
es eigentlich eine ganz vernünftige Idee, daß er sofort mit
seinen durchfrorenen fteifen Beinen in Kaspar Iürgensens
verräucherte, aber vortreffliche kleine Weinkneipe, gleick am
Lafen, hineinstakerte. Zu essen hatte es aber nichts Ver-
nünftiges mehr gegeben. Stievenfoot hatte ein Biskuit ge-
knabbert und tüchtig schweren Burgunder in den leeren
Magen gegossen. Es ist also anzunehmen, daß er sehr bald
wie in einem leichten Nebel dasaß, der aber nicht unange-
nehm, sondern eher ganz behaglich war. Durch diesen Nebel
hatte er den neben ihm sitzenden fremden Mann — sonft
war kein Mensch mehr in der Kneipe — gesehen und be-
trachtet, und so ist ein klares Bild wohl auch nicht verbürgt.
Stievenfoot beschreibt ihn als einen mittelgroßen, breit ge-
wachsenen Mann in einem anständigen, aber sehr altmodi-
schen Anzug, der so verdrückt gewesen wäre, als hätte er
mit dem in ihm steckenden Menschen lange Zeit in einem
Kasten gelegen. Das Geficht des fremden Mannes wäre
(Fortseyung Setre 1S9)
 
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