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Zeichnung von E. Croissank

Wie Tobias Klückmann in die Anstalt reiste
Dann aber war Daniel Mitzlaff auf und davon gegangen,
nach Amerika, und da drüben sast er nun und drechselte
auch und machte gleichsalls Puppenköpfe, und immer, wenn
jener an solch einem Kopfe herum schnitzelte, dann täte es
ihm, dem Tobias Klückmann, in seinem Schädel weh. Wie
er sich diese Beziehung eigentlich dachte, verriet Tobias Klück-
mann nicht; er sagte nur, das wäre doch sehr gut zu begreifen.

Dr. Veerland gab ihm vollkommen Recht. Freilich, nur
die niederträchtigen Operationen des fern in Amerika hau-
senden Daniel Mitzlaff könnten an den Kopfschmerzen und
der Anruhe in Klückmanns Schädel schuld sein. Aber man
würde dem Kerl das Landwerk schon legen, — wozu hätte
der Staat denn seine Gesandten und Konsulnl Mit dieser
tröftenden Versicherung und einigen Beruhigungspülverchen
entließ er den Patienten. Acht Wochen später aber legte
er ihm ein statlliches Dokument vor, das nach durchaus
vertrauenswürdigem Anschein von einem preußischen Gene-
ralkonsulat herrllhrte und die Mitteilung enthielt, den auf
Ersuchen angestellten Ermittelungen zusolge sei der quästio-
nierte Daniel Mitzlaff, Vrechsler aus Preußen, unlängst in
Brooklyn verstorben. Tobias Klückmann glaubte an Dr. Veer-
land und deshalb auch an die Echtheit des Dokuments, aber
an seinem Inhalt zweifelte er sofort, und nach zwei Tagen

Nachdenkens war er sogar überzeugt, daß da ein Irrtum
vorliegen und die Nachricht salsch sein müßte. Nein, Daniel
Mitzlaff war es gar nicht eingefallen, zu sterben; der war
noch wohl und munter und drechselte forsch. Der Schweine-
hund hatte jedenfalls seine Papiere einem anderen Manne,
eben dem unlängst gestorbenen, gegeben und selber einen
salschen Namen angenommen, um sich allen Nachforschungen
zu entziehen. And ihn jetzt in dem großen Amerika unter
all den vielen Menschen herauszufinden, — ach, da müßte
man wohl jede Loffnuug aufgeben.

Dabei blieb er, und Dr. Veerland hielt es sür das
Beste, ihn nicht weiter überreden zu wollen und zuuächst
keinem Menschen etwas von Tobias Klückmanns Leiden
und Einbildung zu sagen. Leider aber tat das Klückmann
selber. An seinem Stammtisch klagte er öfters über seine
Schmerzen und die Manipulationen des schurkischen Daniel
Mitzlaff, und bei einer solchen Gelegenheit war es, daß
Schneidermeister Zängler sich das Wort entschlüpsen ließ,
Klückmann wäre ja verrückt, worauf er jene sllr die Pfingst-
liche Kleidung seiner Kunden so unheilvollen Prügel bekam.
Sonst schadeten sie ihm weiter nicht viel, und sie hatten
wenigstens das Gute, daß nun andere Leute sich in acht
nahmen und den Drechslermeister, der seiner Riesenkräfte
wegen sehr zu respektieren war, hübsch in Ruhe ließew

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