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Worauf sich Frau Knorke überlegen an
den Wirt wandte: „Also, denn bringen Se mal
fünf Porzjonen ilalienischen Salat!" Geha

Der dreitausendste Badegast

Von Peter Robinson

Okkultes -,,3ch lese eben ein Buch — ,GedankenübertragungV

— „Du scheinst aber wenig Gewinn davon zu haben!"

- „O doch, aber ich lasse dich trotzdem nicht in dieLängematte!

— „Mit 'nem Feriensonderzug sind Sie gefahren? Stark
besetzt gewesen, was?"

— „Ich kann Ihnen sagen: 'ne Büehse Sardinen ist 'ne
Einsiedelei dagegen."

Das Nationalgericht

Fünf Mitglieder der Familie Knorke landeten nach
zweistündiger Wanderung in der Osteria und feuchteten das
Tischtuch mit dem Schweiße ihres Angesichts, in dem sie ihr
Brot zu essen gedachten.

„Kinder," stöhnte Äerr Knorke und begann, den fünften
steifen Kragen des heißen Tages zu wechseln, „Kinder,

— wat jäb ich jetzt for eene Berliner Weiße
mit Schuß!"

Äerr Knorke sagte nicht, was er zu geben
gedachte. Erstens, weil der jetzt ebenfalls am
Knorkeschen Tisch stehende feiste Wirt verständ-
nislos dieAchseln zuckte, zweilens, weil ihn Frau
Knorke durchbohrend ansah.

„Aujust," monierte sie, „du hast keen Stil-
jefühl. Ileich wirst du noch 'ne Bockwurst ver-
langen! Aber wo wireenmal in Italien sind,
müffen wa uns doch nach den Sitten dcs Landes
richten." Frau Knorke sah sich triumphierend
um. Sie fühlte, daß sie das sehr schön gesagt
hatte. !lnd fuhr fort: „An mit det Essen is det
ooch so. Een stilvoller Mensch ißt in Italien
eben bloß italienischeIerichle,sojenannte Natio-
naljerichte!"

„Meinswejen!" widersprach Äerr Knorke
nicht. „Bestell mal eens I"

52

Flundershöft war vor dem üblichen Men-
schenalter noch ein ganz unbekanntes Dörfchen
an der Ostsee. Leute ist das anders. Freilich:
an der Ostsee liegt Flundershöft noch immer,
und es hat auch gar nicht die Absicht, sich
dieser Situation zu entziehen. Aber ein unbe-
kanntes Dörfchen ist Flundershöft nicht mehr;
es ist ein Badeort geworden, der sich mit jedem
Sommer mehr entwickelt. Im Winter kann er
das natürlich nicht, was man wohl begreifen
wird; da können höchstens im Schoße seiner
Negierung jene Maßregeln erwogen werden,
die im nächsten Sommer dann ein noch stär-
keres Aufsteigen der Entwickelungskurve ver
anlaffen sollen.

Anfangs, in den ersten Iahren, nachdem
Flundershöft durch einige Berliner Kleinbür-
ger entdeckt worden war, hatte man nur be-
scheidene Schritte getan und in ein paar ärm-
lichen Ankündigungen als Äauptvorzug von
Flundershöft gerühmt, daß es „nur" soundso-
viel hundert Badegäste in der letzten Saison
gehabt hätte. Es scheint zwar ein etwas para-
doxes Verfahren, einen Ort als des Besuchens
wert hinzustellen grade mit der Versicherung,
es kämen nicht viele Leute dahin, hat aber
doch seine guten Gründe. Manch einer mag
eben in seinen Ferien nicht viele Menschen sehen. Bade-
gäste aber sind Menschen, wenn auch dieser und jener Gast-
wirt anderer Meinung zu sein scheint.

Da nun aber immer mehr Leute nach Flundershöft
kamen, weil sie meinten, daß wenige Leute hin kämen,
wurde eines schönen Sommers in der Liste der Badegäste
die Zahl tausend überschritten, und nun ging es nicht mehr
an, rühmend eine geringe Frequenz zu erwähnen. Den
Leuten von Flundershöft lag ja daran auch nichts. Wenn
es ihnen um geringen Besuch zu tun gewesen wäre, — o,
das hätten sie leicht erreichen können; sie hätten ja nur ein
paar Gäste zu verprügeln brauchen; das hätte sich dann

(Fortsetzung Seite 55)





Kaltes Blut — „Donner, grad, wo ich den Äasen hab', muß der
Gendarm kommen! Ob er mir glaubt, daß ich den
Lasen gefunden hätt' ? Ich werd's ihm ja ganz kalt-
blütig sagen, aber das Luder, der Lase ist noch warm."
 
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