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Zeichnung von L. K^inravl

Preisausschreiben Nr. 5 Was geht hier vor?

^Nüucheuer ÄueiboLeu Von einem Fremden

Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei — salls er
Münchner ist und in Berlin weilt.

Es ist lebensgefährlich, wenn der Mensch aus Berlin
kommt und in München laudet.

Die Mentalität ist allzu verschieden. Verschieden wie
das Tempo der guten Reden, die Arbeit und Vergnllgen
begleiten. In München kommt es daraus an, alles, was man
zu sagen hat, in möglichster epischer Breite auszudrücken.
Mit der Einftellung auf diese primäre Forderung des Am-
gangs mit Menschen kam ich dereinst von München nach
Berlin. Wandte mich an den nächsten Verkehrsbeamten des
Potsdamer Platzes: „Entschuldigen S', könnten S' mir

vielleicht sagen, wie ich, wenn ich, weil ich-"

Lier fuhr mir bereits beinahe ein Auto in die Weichen.
Das Auge des Gesetzes hatte sich längst von mir gewandt
und beaufsichtigte den Verkehr derjenigen Seite, auf der ich
nicht stand. Ich sah einen unwilligen schuhpolizeilichen Rücken
mir zugekehrt und fand das trotzdem noch rücksichtslos.

Damals! Ich habe inzwischen gelernt. Ietzt kam ich
wieder nach München. In der von Berliner Weiße durch-
tränlten Brust das erste Verkehrsgesetz stolz mit mir tra-
gend: Präzision, Kürze, Tempo!

Am Stachus trat ich forsch auf den erften Verkehrs-
schutzmann zu, um die längst vergessene Lage eines Äotels
zu erfahren. Ich rückte am Lut und sagte sragend: „Ex-
zelsior?"

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Der Gute sah mich zunächst fassungslos und dann gut-
mütig bedauernd an und sagte schließlich grinsend:

„Na — Äuber heiß' i!"

Das Billett fllr die Nückreise ist gelöst. Ich durchschreite
eine der Sperren des Äauptbahnhofs.

Auf dem Perron singt eine Gruppe Wandervögel aller-
lei Volkslieder.

Llnd mit Bezug auf ihr Singen legt ein an der Schranke
wartender Münchener noch einmal die Geheimnisse seines
Dialekts und seiner seelischen Grundstellung bloß.

Nämlich die Wandervögel singen: „Schöne Minka, ich
muß scheiden..."

And der Münchener meint gerührt: „Dös hab' i no
garnet g'wußt, daß 's a Abschiedslied gibt, da wo onser
liab's München drin vorkimmt . . ." Gerhart Lerrmann

Ie nachdem

— „Was kostet ein Frack bei Ihnen zu leihen?"

— „Drei Mark; wenn er paßt, vier!"

— „Schon wieder sind Sie bei einem Diebstahl ergriffen
worden! Können Sie denn nicht leben, ohne zu stehlen?"

— „O ja, aber nicht so gut!"
 
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