Der sretfe Lals
hindern, den Weg zu gehen, den meine schiefe Kopfhaltung
ihnen vorschrieb —: da sah ich die Blicke der Wäscherin
wie Enterhaken eines Kaperschiffes in mich eindringen.
Eine dämonische Freude — „hab' ich dich endlich!" — sprllhte
aus ihrem Gesicht. Da gab ich alles verloren. Und um
wenigstens nicht in Gegenwart vieler Menschen von dem
geldgierigen Weibe zur Nede gestellt zu werden, tat ich
mit dem Mut der Verzweiflung ein paar zögernde Schritte
auf sie zu — schiefen Kopfes mit fiarrem Blick. Ietzt stand
ich vor ihr.
„Lerr Doktor, ich wollte. .
„Ich weiß, Sie wollen . . ." unterbrach ich sie rasch
und sah zu meiner Verwunderung, daß das dämonische
Grinsen aus ihrem Gesichte wich und einer seltsamen, saft
ängstlichen Llnsicherheit Platz machte.
„Sie wissen doch, Lerr Doktor . . . ." sagte sie stot-
ternd.
„Ia, allerdings, ich weiß . . . ." Ich wollte eine ver-
bindliche Kopfbewegung machen, um das Weib mit Lös-
lichkeit zu umstricken — aber der Schmerz verzerrte mein
Gesicht zu einer grimmigen Grimaffe. And mit beißender
Schärfe entfuhr es mir:
„Ia, ich weiß alles, Frau Mllller, alles weiß ich!"
Da knickte sie wie von einem Schlag getroffen zusammen:
„Sie werden mich doch nicht anzeigen wollen, Lerr Dok-
tor? Ich bring's ja wieder zurllck! Alles bring ich wieder
zuriick —: die sechs Taschentücher — und die Socken — aber
das eine Paar war schon grausig zerrissen! — ja, auch das
Äandtuch und die zwei Servietten — wirklich, es waren nur
zwei! Aber das Lemd mit den grllnen Streifen hab' ich nicht
behalten wollen — gewiß nicht, Lerr Doktor! Ich schwör's
bei meiner Seele Seligkeit —: mein Mann hat's nur zu
einem Begräbnis beim Veteranenverein getragen! Schauen
— „Äat jemand nach uns gefragt, während wir
verreist waren?" — „Nein — ich habe das letzte
Pfändungsabstandsprotokoll vor die Tllre genagelt!"
Sie mich doch nicht so an, Lerr Doktor! — ganz grausen
möcht's einen, wie Sie einen anschauen! Ich hab's schon ganz
sauber gewaschen, Äerr Doktor, das 5)emd — —" Ietzt be-
gann sie zu schluchzen: „Ach, das kleine Tischdeckchen meinen
Sie, Äerr Doktor? Das hab' ich doch der Freundin von
meiner Aeltesten zur Kommunion geschenkt — aber ich mach's
wieder gut, Äerr Doktor, ich streich alles, was Sie mir schul-
dig sind — ich wasch einen ganzen Monat umsonst sllr Sie —"
„Schon gut, Frau Mllller," sagte ich gnädig, „bringen
Sie die Sachen zurllck. Ich habe jetzt keine Zeit."
NücksichL
— „Wassertemperatur 60 Grad haben Sie angeschrieben, Vademeister? Das ist doch Blödsinn!"
— „Nee, Fahrenheit, — im ,Strandhotell soll 'n Amerikaner abgestiegen sein."
l19
hindern, den Weg zu gehen, den meine schiefe Kopfhaltung
ihnen vorschrieb —: da sah ich die Blicke der Wäscherin
wie Enterhaken eines Kaperschiffes in mich eindringen.
Eine dämonische Freude — „hab' ich dich endlich!" — sprllhte
aus ihrem Gesicht. Da gab ich alles verloren. Und um
wenigstens nicht in Gegenwart vieler Menschen von dem
geldgierigen Weibe zur Nede gestellt zu werden, tat ich
mit dem Mut der Verzweiflung ein paar zögernde Schritte
auf sie zu — schiefen Kopfes mit fiarrem Blick. Ietzt stand
ich vor ihr.
„Lerr Doktor, ich wollte. .
„Ich weiß, Sie wollen . . ." unterbrach ich sie rasch
und sah zu meiner Verwunderung, daß das dämonische
Grinsen aus ihrem Gesichte wich und einer seltsamen, saft
ängstlichen Llnsicherheit Platz machte.
„Sie wissen doch, Lerr Doktor . . . ." sagte sie stot-
ternd.
„Ia, allerdings, ich weiß . . . ." Ich wollte eine ver-
bindliche Kopfbewegung machen, um das Weib mit Lös-
lichkeit zu umstricken — aber der Schmerz verzerrte mein
Gesicht zu einer grimmigen Grimaffe. And mit beißender
Schärfe entfuhr es mir:
„Ia, ich weiß alles, Frau Mllller, alles weiß ich!"
Da knickte sie wie von einem Schlag getroffen zusammen:
„Sie werden mich doch nicht anzeigen wollen, Lerr Dok-
tor? Ich bring's ja wieder zurllck! Alles bring ich wieder
zuriick —: die sechs Taschentücher — und die Socken — aber
das eine Paar war schon grausig zerrissen! — ja, auch das
Äandtuch und die zwei Servietten — wirklich, es waren nur
zwei! Aber das Lemd mit den grllnen Streifen hab' ich nicht
behalten wollen — gewiß nicht, Lerr Doktor! Ich schwör's
bei meiner Seele Seligkeit —: mein Mann hat's nur zu
einem Begräbnis beim Veteranenverein getragen! Schauen
— „Äat jemand nach uns gefragt, während wir
verreist waren?" — „Nein — ich habe das letzte
Pfändungsabstandsprotokoll vor die Tllre genagelt!"
Sie mich doch nicht so an, Lerr Doktor! — ganz grausen
möcht's einen, wie Sie einen anschauen! Ich hab's schon ganz
sauber gewaschen, Äerr Doktor, das 5)emd — —" Ietzt be-
gann sie zu schluchzen: „Ach, das kleine Tischdeckchen meinen
Sie, Äerr Doktor? Das hab' ich doch der Freundin von
meiner Aeltesten zur Kommunion geschenkt — aber ich mach's
wieder gut, Äerr Doktor, ich streich alles, was Sie mir schul-
dig sind — ich wasch einen ganzen Monat umsonst sllr Sie —"
„Schon gut, Frau Mllller," sagte ich gnädig, „bringen
Sie die Sachen zurllck. Ich habe jetzt keine Zeit."
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— „Wassertemperatur 60 Grad haben Sie angeschrieben, Vademeister? Das ist doch Blödsinn!"
— „Nee, Fahrenheit, — im ,Strandhotell soll 'n Amerikaner abgestiegen sein."
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