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— „Aff, die Litze! Ich möchte in Grönland sein!"

— „Na, ich danke! Milternachts ooch noch Sonne!"

Der Glückstraum

Ernst Düsterbach hatte ein Buch unter dem Arm und
ein verträumtes Lächeln auf dem faltigen Gesicht. Weil es
zu Düsterbach gehörte, wirkte das Buch etwas merkwürdig,
das Lächeln geradezu anormal.

Düsterbach schien das zu wissen, denn er sühlte sich zu
einer sosortigen Erklärung verpflichtet. „Ich habe nämlich
Glück gehabt — was mir so selten passiert. . ."

Wenn jemand behauptet, er habe Glück gehabt, dann
bedeutet das in direlter Rede fast immer, daß er Geld be-
kommen hat. Ich sprach diese Vermutung aus. Sie stimmte
sogar bei Düsterbach, dem notorischen Pechvogel.

„Ia, und denken Sie sich nur: ich habe vorher davon
geträumt. Ich habe es im Traume erfahren, daß ich Glück
haben und Geld kriegen würde. Sagen Sie: halten Sie was
von Traumdeutungen?"

„Eigentlich nichts," gab ich zu.

„Sehen Sie, und mir gings wie Ihnen. Ich habe auch
nichts davon gehalten. Bis heute. Seit heute denke ich anders.
Die Sache war nämlich so: gestern abend war Llnverfroren
bei mir. Sie kennen doch ünverfroren? dann wiffen Sie ja:
er ist etwas rücksichtslos in der Wahl seiner Gesprächs-
themen. Also, ich weiß nicht mehr, wie es kam — jedenfalls
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sprach Anverfroren plötzlich
von Läusen. Ich habe noch
nie eine Laus gesehcn, ge-
schweige denn gehabt. Aber
wenn jemand davon er-
zählt, juckts mich sofort am
ganzenKörper.Miristdann
immer, als ob ich schon wel-
che hätte. — Sehen Sie,
Sie kratzen sich auch schon!

— „Lören Sie aus, An-
verfroren!" sage ich also.
„Sonst träume ich die ganze
Nacht von Läusen!" „Oh,"
erwidert Anverfroren, „das
tut nichts. Das bedeutet
Geld." „Ansinn," sage ich
natürlich. Aber Llnverfro-
ren meint, man könne das
nicht so von der L>and
weisen.Träumehättenschon
ihre Bedeutung. And es
wäre ja doch allgemein be-
kannt und eine alte Weis-
heit des Volksmundes, daß
es Glück bringt, wenn man
von Llngeziefer und beson-
ders von Läusen träumt.

Also der ekelhaste Kerl
geht, und ich träume wahr-
hastig die ganze Nacht von
Läusen. Es war furchtbar

— es waren richtige Angst-
träume. Aber heute vor-
mittag — denken Sie sich
nur: heute vormittag be-
kam ich tatsächlich Geld!
Ist das nicht merkwürdig?
Llnd seit mir der ekelhaste
Kerl, der Llnverfroren, von
Läusen erzählt hat und ich
davon geträumt habe und

tatsächlich zu Geld gekommen bin, glaube ich auch an die Vor-
bedeutung des Traumes! And ich habe mir darum für das
Geld auch gleich dies Buch gekauft. Man muß doch seine
Erkenntniffe verwerten, nicht wahr? Ieden Abend vorm
Schlafengehen werde ich eine Seite daraus lesen, und es ist
fünfhundert Seiten stark. Na, was glauben Sie wohl, was
das für'n Buch ist?"

„Ein Traumbuch vermutlich?"

„Llnsinn! was hätte ich schon davon! Nee, lieber Freund:
das ist eine Abhandlung über Läuse!" Geha

Kritik

— „Bei Rita kommt man nie fort!"

— „Ia, sie läßt niemand gehen — nur sich selbst."

— „Du willst jetzt schon von der Schule abgehn, Oskar?
Ist ja Ansinn, wo du in einem Iahr das Abitur machen
sollst. Bist du wirklich fest entschlossen?"

— „Weiß ich noch nicht, Onkel — — morgen ist meinet-
wegen Lehrerkonferenz."
 
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