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Besuch bei Dr. PtoScer

„Ach," meinte ich, „Sie find kurzfichtig?"

„Keineswegs und durchaus nicht. Ich kann über meine
Augen wirklich nicht klagen. Aber — nicht wahr? man will
Menschen und Dinge manchmal gern recht fern sehen und
manchmal wieder sehr nah. Warum sich in solchem Fall
mit den Dingen bemühen oder die Menschen mit den sehr
persönlichen Wünschen?" Er schwieg eine kleine Weile und
fuhr fort: „Ich habe noch eine ganze Sammlung solcher
Brillen —: solche, die mir Sonnenschein bei Regen vor-
täuschen, oder solche, die mir helle und zu Lustfahrten ver-
lockende Frühlingstage in herbstlich-trübe und zu Studier-
zwecken geeignete verwandeln. Jch nenne das: cornger le
terrips."

„L>m" — sagte ich, „darf ich fragen, welche Brille Sie
eben vorschoben, um mich so zu sehen, wie Sie mich gern
sehen?"

„Erraten Sie es nicht, lieber Freund?" lächelte er.
„Wenn ich Sie recht nah hätte sehen wollen, hätte ich Sie
zu diesem Kognak eingeladen" — . . . den er fich dabei
eingoß und mit behaglichem Bartnachziehen trank. „Aber es
stnd nur noch drei Gläser — nach meiner approximativen
Schätzung — in der Flasche — und die benötige ich als Schlaf-
trunk vor dem Zubettgehen. Ia, ja, für Fremde habe ich so
meine Eigenheiten — aber ich tue doch immer nur das, was
ich nach reiflichem Durchdenken der Sachlage für das absolut
Zweckmäßigste halte." Er gähnte diskret. „Die ungewohnte
körperliche Arbeit hat mich recht müde und schlafbedürftig
gemacht. Aber vielleicht bleiben Sie noch bis ich mich ge-
legt habe."

Mit seinem gewinnendsten Lächeln trank er die Flasche
aus, deren Znhalt er erstaunlich richtig geschätzt hatte, und
ging dann auf ein seltsames Lolzgestell im Lintergrund des
Raumes zu, das ich jetzt erst als Bett erkannte. Aber dies
Bett stand nicht einfach und ehrbar auf dem Boden, sondern
hing — scheinbar an einer der Länge nach durchgehenden
Achse — in zwei schweren Trägern, an denen ich große
Zahnräder bemerkte. Ohne jede Förmlichkeit entledigte sich
Dr. Pioscer seines graugrünlichen Schlafrocks, stieg auf

einen Stuhl und schwang sich ins Längebett, wo er sich be-
haglich zudeckte und einige mir nicht erkennbare Manipu-
lationen vornahm.

„Za, aber warum haben Sie Ihr Bett denn nicht auf
dem Boden stehen?" stotterte ich verwirrt.

„Ich schlafe gern hoch," tönte es von oben und
dann . . .

Zu meinem Entsetzen sah ich, daß das Bett sich unter
dem knarrenden Geräusch der Zahnräder langsam drehte.
Lilfsbereit sprang ich hinzu:

„Sie fallen ja aus dem Bett, Lerr Doktorl"

„Erstens, Sie Kleingläubiger", sagte Dr. Pioscer ruhig.
indem er an einem unsichtbaren Mechanismus weiterdrehte,
„fällt kein Sperling vom Dach ohne des Löchsten Wille —:
wieviel weniger Dr. Pioseer aus dem Bette! Zweitens aber
bin ich vorsorglich angeschnallt."

Das Bett hatte nun eine halbe Drehung vollendet, so
daß Dr. Pioscer — samt der warmen Decke säuberlich an-
geschnallt — nach unten hing.

„Am des Limmels willen, Doktorl" rief ich, „warum
das?"

Dr. Pioscer lehnte sich behaglich herauf gegen das Kopf-
kissen und lächelte:

„Ich schlafe gern mit dem Bauche nach unten, lieber
Freund, aber ich liege nicht gern auf dem Bauche. Außer-
dem kann ich so den für jeden starken Naucher unentbehr-
lichen Spucknapf unter mir aufstellen" — in der Tat stand
lotrecht unter seinem Kopf solch ein mit Wasser gefüll-
tes Blechgefäß — „während ich diesen bei der gewöhnlichen
Schlaflage an der Decke befestigen müßte, was nicht nur
schwierig, nein, sogar zwecklos —und wegen der notwendigen
Wasserfüllung nach den physikalischen Gesetzen gänzlich un-
möglich wärel"

Stumm beugte ich mich den Ausführungen des strengen
Logikers und verließ erschüttert das Laus. Als ich die
Wohnungstüre schloß, fiel noch eine letzte Klappe, worauf
von Blumengewinden umrahmt die freundlichen Worte zu
lesen waren:

Auf Wiedersehenl



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öen verwöknten ssesckmack.

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kolZsicber, iVkiLsrkolA unmöAl. k<urpsclc. IVklc. 4.50. Osxu
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ckes ketrs^ss mit öestsllunz ckurcb ckss kkspbsx-l.sdoi'atol'Ium, k'KIllppsdui'g 358

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