Heimkehr vom Maskenball
kann ich ganz unbemerkt ins Bett schlüpfen!" — — —
— „Aber liebe Amalie, beruhige dich doch, ich
hab' ja nur vergessen, meine Maske abzunehmen!"
Ehrenerklärung
— „Ich habe dich gestern eiiren saudummen Kerl genannt.
Nachdein ich mir heute im Zirkus das dressierte Schwein
angesehen habe, nehme ich die Sau zurück!"
Bei der Verhaftung
— „Weine nicht — übers Iahr bin ich wieder bei dir —
möglicherweise schon in drei Monaten — vielleicht bin ich
sogar unschuldigl"
196
Verlobnng Von Dr. Artur Wagner
Bei Plünnerichs wurde eine große Fete vorbereitet.
Mama Plünnerich wischte mit eignen Länden dem Apollo
von Belvedere und dem sterbenden Fechter den Staub aus
den Kniekehlen, das Dienstmädchen Anastasia, ein viereckiges
Tier mit vier Beinen und einem Gürtel um die Körper-
milte, wogte aus dem Fußboden umher und tat sehr be-
schäftigt, ohne sich zu überanstrengen.
Schade, daß einfache Leute ihre Gedanken nicht schrist-
lich niederlegen. Menn Anastasia es getan hätte, wäre
Ostwalds Energetik vom Verleger als Plagiat mit dem
Vermerk: Abgeschrieben von Anastasia Vorderhumbser!
zurückgeschickt worden.
Nachdem sich Anastasia eine Stunde lang mit prak-
tischer Energetik beschästigt hatte, ging sie dazu über, die
Blattpflanzen mit seuchten Tüchern zu streicheln. Dann
tauchte Ellen Plünnerichs sanster Augenausschlag über einem
gelben Roman in der Türe auf, ihr Bruder Fred stolperte,
Verse murmelnd, über einen aufgerollten Teppich, Anastasia
schrie auf wie eine Sirene und ließ — patsch! — das seuchte
Tuch sallen, Ellen mimte eine Nervenmandel (eine Mandel
oder 15 Stück ist bekanntlich der vierte Teil von einem
Schock, lies Chok), und in diesem Chaos kreuzte Mama
Plünnerich wie ein sührerloser Tank rastlos hin und her.
Diese Art von Angemütlichkeit hieß bei Plünnerichs Auf-
räumen.
„Seid ihr immer noch nicht fertig?" nörgelte Ellen
miekerig. „Man kann nicht einmal in Nuhe seinen Roman
zu Ende lesen."
„Du solltest lieber irgend etwas in die Land nehmen,
und wenn es nur ein Staubtnch wäre!" versuchte sich Mama
Plünnerich in didaktischer Prosa.
„Püh!", machte Ellen, „nimmt vielleicht Fred was in
die Land? Der rennt herum nnd dichtet Refrains! Außer-
dem ist es doch wohl gleichgültig, ob ich meinen Noman
mit oder ohne Staubtuch in der Land lese. And übrigens
ist es plebejisch, Großreinemachen zu veranstalten, wenn
man Gäste erwartet. Man gibt damit zu, daß es sonst nie
einwandsrei sauber ist, und degradiert sich zu kleinen Leuten."
„Aber Ellen, nimm doch Vernunft an! Wo es sich um
deine Verlobung handelt!"
„Ich lasse mich nicht verloben!" stampfte Ellen. „Koche
mit Lust! Verlobe dich zu Äause! Ich mag solche arrangierten
Ereignisse nicht! Wenn eine Verlobung nicht spontan hervor-
bricht, Pfeife ich draus! Ihr wollt ja Erich nur beschnüffeln!"
Mama Plünnerich schnob mehr Luft ein, als zum Sauer-
stoffaustausch unbedingt nötig war, und wollte gerade einige
markige Stellen aus einem Äandbuch der Pädagogik, das
die Erziehung ihrer Kinder auf dem Gewissen hatte, zum
Besten geben, da klingelte schrill das Telephon, und sie
haftete hinaus, froh, wieder einmal eines pädagogischen
Versuchs ledig geworden zu sein.
„Weißt dn keinen Reim auf Liddy?" fragte der un-
entwegt umherwandernde Fred.
Llnastasia stand regungslos neben der zugehörigen Blatt-
pflanze, den Mund offen und die L>ände schlaff herabgesunken,
in ihrer Lieblingsstellung. Ellen schickte sie fort, um die
Torten und Liköre beim Konditor zu holen.
Mama kam zurück. „Kinder, heule ist ein Tag! Soeben
hat der Elektrotechniker angerusen: mit dem Nadio wirds
heute nichts mehr. Der junge Mann kvmmt zwar noch,
aber es ist seaglich, ob er die InstaUation noch rechtzeitig
sertig bringt. Ellen, mein liebes Kind, leg den Noman fort
(Fortsetzung Seile 198)
kann ich ganz unbemerkt ins Bett schlüpfen!" — — —
— „Aber liebe Amalie, beruhige dich doch, ich
hab' ja nur vergessen, meine Maske abzunehmen!"
Ehrenerklärung
— „Ich habe dich gestern eiiren saudummen Kerl genannt.
Nachdein ich mir heute im Zirkus das dressierte Schwein
angesehen habe, nehme ich die Sau zurück!"
Bei der Verhaftung
— „Weine nicht — übers Iahr bin ich wieder bei dir —
möglicherweise schon in drei Monaten — vielleicht bin ich
sogar unschuldigl"
196
Verlobnng Von Dr. Artur Wagner
Bei Plünnerichs wurde eine große Fete vorbereitet.
Mama Plünnerich wischte mit eignen Länden dem Apollo
von Belvedere und dem sterbenden Fechter den Staub aus
den Kniekehlen, das Dienstmädchen Anastasia, ein viereckiges
Tier mit vier Beinen und einem Gürtel um die Körper-
milte, wogte aus dem Fußboden umher und tat sehr be-
schäftigt, ohne sich zu überanstrengen.
Schade, daß einfache Leute ihre Gedanken nicht schrist-
lich niederlegen. Menn Anastasia es getan hätte, wäre
Ostwalds Energetik vom Verleger als Plagiat mit dem
Vermerk: Abgeschrieben von Anastasia Vorderhumbser!
zurückgeschickt worden.
Nachdem sich Anastasia eine Stunde lang mit prak-
tischer Energetik beschästigt hatte, ging sie dazu über, die
Blattpflanzen mit seuchten Tüchern zu streicheln. Dann
tauchte Ellen Plünnerichs sanster Augenausschlag über einem
gelben Roman in der Türe auf, ihr Bruder Fred stolperte,
Verse murmelnd, über einen aufgerollten Teppich, Anastasia
schrie auf wie eine Sirene und ließ — patsch! — das seuchte
Tuch sallen, Ellen mimte eine Nervenmandel (eine Mandel
oder 15 Stück ist bekanntlich der vierte Teil von einem
Schock, lies Chok), und in diesem Chaos kreuzte Mama
Plünnerich wie ein sührerloser Tank rastlos hin und her.
Diese Art von Angemütlichkeit hieß bei Plünnerichs Auf-
räumen.
„Seid ihr immer noch nicht fertig?" nörgelte Ellen
miekerig. „Man kann nicht einmal in Nuhe seinen Roman
zu Ende lesen."
„Du solltest lieber irgend etwas in die Land nehmen,
und wenn es nur ein Staubtnch wäre!" versuchte sich Mama
Plünnerich in didaktischer Prosa.
„Püh!", machte Ellen, „nimmt vielleicht Fred was in
die Land? Der rennt herum nnd dichtet Refrains! Außer-
dem ist es doch wohl gleichgültig, ob ich meinen Noman
mit oder ohne Staubtuch in der Land lese. And übrigens
ist es plebejisch, Großreinemachen zu veranstalten, wenn
man Gäste erwartet. Man gibt damit zu, daß es sonst nie
einwandsrei sauber ist, und degradiert sich zu kleinen Leuten."
„Aber Ellen, nimm doch Vernunft an! Wo es sich um
deine Verlobung handelt!"
„Ich lasse mich nicht verloben!" stampfte Ellen. „Koche
mit Lust! Verlobe dich zu Äause! Ich mag solche arrangierten
Ereignisse nicht! Wenn eine Verlobung nicht spontan hervor-
bricht, Pfeife ich draus! Ihr wollt ja Erich nur beschnüffeln!"
Mama Plünnerich schnob mehr Luft ein, als zum Sauer-
stoffaustausch unbedingt nötig war, und wollte gerade einige
markige Stellen aus einem Äandbuch der Pädagogik, das
die Erziehung ihrer Kinder auf dem Gewissen hatte, zum
Besten geben, da klingelte schrill das Telephon, und sie
haftete hinaus, froh, wieder einmal eines pädagogischen
Versuchs ledig geworden zu sein.
„Weißt dn keinen Reim auf Liddy?" fragte der un-
entwegt umherwandernde Fred.
Llnastasia stand regungslos neben der zugehörigen Blatt-
pflanze, den Mund offen und die L>ände schlaff herabgesunken,
in ihrer Lieblingsstellung. Ellen schickte sie fort, um die
Torten und Liköre beim Konditor zu holen.
Mama kam zurück. „Kinder, heule ist ein Tag! Soeben
hat der Elektrotechniker angerusen: mit dem Nadio wirds
heute nichts mehr. Der junge Mann kvmmt zwar noch,
aber es ist seaglich, ob er die InstaUation noch rechtzeitig
sertig bringt. Ellen, mein liebes Kind, leg den Noman fort
(Fortsetzung Seile 198)