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wenn ich ihn anfasse. Allein
schreibt er also nicht. Er
schreibt überhaupt nicht.
Ich schreibe mit dem Stift."

„Wenn er gespitzt is,
schreibt er doch aber?"

!Iff! —-„Erkannsichdoch
gar nicht bewegen. Er selbst
kann doch gar nichts tun.
Ich tue doch etwas mit ihm.
Ich schreibe also mit ihm.
Verstanden?"

Fritze ist ein ehrlicher
Iunge. Er hat nicht ver-
ftanden. Man muß vom
synonymen Exempel aus-
gehen - sagt die Methodik.

„Nun paß mal recht gut
auf. Wenn du jetzt nach
Äaus kommst, wirstduMit-
tagbrot essen, nicht wahr?
Dann wirst du erst deine
Gabel in die Land nehmen,
und dann wirst du damit
essen. Dann kannst du doch
auchnichtsagen:„DieGabel
ißt." Du kannst nur sagen:
„Ich esse mit der Gabel."

Aber Fritze schüttelt den
dicken Kopf. „Nöö."

Pädagogik ist die Kunst
der Geduld. Aber Fritz
hat ein fabelhaftes Talent,
Pädagogen zur Verzweif-
lung zu bringen. „Aber
Fritz — du ißt doch, nicht
die Gabel. Also ißt du doch
mit der Gabel."

Darauf Fritze, über-
zeugungstreu,mitMänner-
stolz vor Königsthronen:

„Nö — wir essen mit's
Messer!" Geha

Grammatik

Deutschunterricht in der dritten Grundschulklasse. Ich
benötige einen Bleistift. „Kann mir einer von euch einen
Bleistist leihen?"

Fünfzig Lände graben nach fünfundzwanzig Bleifedern
und strecken ihre Funde triumphierend in die Luft. Die
Enden der von den Vordersten präsentierten Stifte sammeln
sich auf meiner Nasenspitze.

„Einer von Euch! — Fritz!" — Fritze schleppt stolz
einen Faber ans Katheder.

„Aber der ist ja so schlecht angespitzt!"

Fritze protestiert! „Och, er schreibt aber gut!"

Aha! Kier hat der geschulte Pädagoge einzugreifen. Ich
frage also bescheiden bei Fritz an: „So? Schreibt der Blei-
stift wirklich?" — „Tjawoll," meint Frih unentwegt.

„Paß mal auf, Fritz. Zch lege jetzt den Stift hier auf
dies Blatt Papier. Schreibt er jeht?"

„Na, wenn Sie 'n nich anfassen!" Fritze ist leise empört
und ignoriertdengutenTon.Aberaufden kommt'sjetztnichtan.

„Aha! Der Bleistift schreibt also nur, wie du es nennst.

Nekord

Neulich traf ich Bunzlauer. Er war in Marienbad ge-
wesen und in einem erstklassigen Lotel abgestiegen. In Iarot-
schin, wo Bunzlauer wirkt, gibt's überhaupt kein fließendes
Wasser, in Marienbad gab's fließendes warmes und kaltes
Wasser in jedem Zimmer. Außerdem alle andern Schikanen,
die der hohen Preise wegen erfunden find.

Aber Bunzlauer kann sich's leisten. Er ist noch ganz voll
davon und erzählt:„Feinwar's! Bloßgewunderthab'ichmich,
daß mir das Zimmermädchen jeden Morgen drei frische
Landtücher hingehängt hat. Dann hab' ich sie gefragt: „Zs
das hier so?" und sie hat geantwortet: „Das is hier so!"
Gott, hab' ich mir gedacht, die müssen schlechte Erfahrungen
gemacht haben mit de Gäste, nur ein unsauberer Mensch
braucht so viel Kandtücher. Dann hab' ich's den Leuten
gezeigt.

„Bringen Se mir nix mehr so viel Kandtücher!" hab' ich
gesagt und bin die ganzen vier Wochen mit dreien ausge-
kommen.

2l. W.

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