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Anregung " „Ein recht wüstes Durcheinander herrscht freilich in meiner

Bude; aber dabei fallen mir gerade die besten Iazz-Motive ein."

Eine intereffante Nundfrage

In Berlin hat ein Oberverwaltungsgerichtsrat an die
Leser einer Montagszeitung die Bitte gerichtet, ihn bei krimi-
nalpsychologischen Studien zu unterstlltzen und einen Frage-
bogen zu beantworten, der nach dem angeblich in jedem
Menschen steckenden Stück Verbrecher forscht. Die Fragen
lauten: Empsinden Sie Neigung zu verbrecherischen Land-
lungen? Laben Sie diese ^Neigung schon betätigt? Mit
welchen Folgen usw. Die Antworten werden ohne Namens-
nennung erbeten, und zahlreiche Beteiligung ist erwünscht.

Die Abficht des Fragestellers ist löblich, dürfte aber
kaum ganz verwirklicht werden. Bei der Anonymität des
Verfahrens wird die mehr oder minder starke Subjektivität
der Anschauungen nicht recht zu ermitteln sein, und klare
Bilder dürsten sich also nicht ergeben. Das läßt stch z. B.
schließen aus solgenden zwei Antworten.

Ein Lerr N. N>, der sich als „im unteren Bürodienst
stehend" bezeichnet, schreibt: „Leider muß ich bekennen, mit
starken verbrecherischen Trieben behaftet zu sein. Nur eine
außerordentliche Schüchternheit bzw. sehr geringer Mut
sowie die Abhängigkeit meiner Lebensstellung haben es bis-
her verhütet, daß diese Triebe Oberhand gewonnen haben.

So darf ich noch immer als
unbescholtener Bürger gelten,
und meine Llmgebung ahnt
nicht, mit einem wie gefähr-
lichen Menschen sie es zu tun
hat. Am wenigsten stark ist
meine Neigung zum Diebstahl.
In meiner Iugend habe ich
zwar öfters etwas aus der
mütterlichen Speisekammer ge-
Üohlen. Auch habe ich einmal
meinem Vater eine Zigarre ent-
wendet, und ich hätte das viel-
leicht fortgesetzt, wenn ich nicht
nach jener ersten Zigarre be-
schlossen hätte, Nichtraucher zu
bleiben. Für sonstigeAnehrlich-
keit bin ich dagegen sehr ver-
anlagt. Sehr oft, besonders
gegen Ende des Monats, spüre
ich den Trieb, in der Straßen-
bahn um dieErlegung desFahr-
geldes mich zu drücken. Einer
Anterschlagung muß ich mich
leider bereits anklagen: aus
dem mir für meine Amtstätig-
keit zur Verfügung gestellten
Vorrat an Löschpapier habe
ich im vorigen Winter, als ich
einmal sehr kalte Füße hatte,
einige Blätter zum Einlegen
in meine Stiefel benutzt. Noch heftiger aber ist meine Nei-
gung zu Gewalttätigkeiten. So habe ich meinen vorge-
sehten Bürovorstand in Gedanken schon oft geprügelt, ja ge-
wllrgt und einmal, allerdings verführt durch schlechte Lektüre,
nämlich ein Indianerbuch, sogar am Marterpfahl surchtbar
gepeinigt.

Ich versuche jetzt, durch einfachen Lebenswandel und streng
vegetarische Kost meiner verbrecherischen Neigungen Lerr
zu werden.

Ein Lerr ^., der bemerkt: „Name ist Nebensache, Laupt-
sache ist Daumenabdruck; den kriegen Sie aber nicht!" schreibt
dagegen: „Wenn ein Mensch keine Spnr von Neigung zu
Verbrechen hat, dann bin ich es, das ist klar. Ich schwärme
sür alles Gute und Schöne. Mein Ideal ist: gerechte Ver-
teilung des Besitzes. Ich habe schon ein Dutzend Geldschränke
aufgemacht, und es ist auch immer gut gegangen. Wenn
einer dazu gekommen wäre, hätte ich auch bloß meine an-
geborene Sanftmutbewiesen, —mit demMesser hätte ich nicht
gestochen, bloß tüchtig über den Brägen hätle ich ihm ge-
hauen, damit er weiter keine Angelegenheiten gehabt hätte.
Ich bin auch sehr ehrlich und so wenig auf meinen Vorteil
bedacht, daß ich mich von dem Mann,an den ich Iuwelen und

llch habe auf meinem Lalkone
llm Frühjahr vomaten geselzt.

3ch liebe sie sowohl ohne
AIs auch mit Cssig benetzt.

5ie weräen so rot wie Zinnober
änr Zustanä äer Reife — man weisz.
Jch äachte mir, im Okiober,
va ernt ich äer Mühe Preis.

5ie hätscheln unä äüngen unä pflegen,
Lo hörte ich, braucht man nicht,
venn 5onne unä winäe unä Mgen,
vie tun sowieso ihre pflicht.

Okloberfreuäen

voch als ich zwecks Ernte inich nahte
Mit einenr Ivaschkorb nur,
va wuräe mir nachgeraäe
Cin Kätsel äie Natur.

Ivas sah ich! 'Nen grünen Faäen,
§ünf Llätter, 'nen Hornknopf, ein Haar,
vomaten aber, vomaten
vermihte ich ganz unä gar.

Unä erst nach längerem Zuchen
Hab' ich äann etwas entäeckt.

Ivar äas als vomate zu bnchen?

Es war mir ein wenig suspekt.

Hch fragte einen Lauern.
ver meinte sachlich unä kühl,
Cr müsse unenälich beäauern,
Cs sei nicht vegetabil.

Ich fragte 'nen Zoologen,
ver aber eröffnete mir,

Ich sei ganz schrecklich betrogen,
Es sei auch nichts vom vier.

Lrst Upotheker Zchnapsel
Hat äen Ivissensäurst mir gestillt.
Es war eine runäliche Uapsel,
Mit Uizinus gefüllt.

Nun grübl' ich in aller Ztille, Iver hat mir mit Hilfe äer pille

Vis ich es herauskalkuliert: vie Crnte „abgeführl?" A. w.

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