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rein gar nichts. Das darf nicht sein; ich werde mich unter-
richten und mir die nötigen Kenntnisse für solche Fälle
aneignen."

„Tu das, Philipp!" sagte ich, denn ich fand das auch
ganz vernünftig. Na, mein PhilipP wandte sich also an einen
Bekannten von der medizinischen Fakultät und fing an, sich
zu unterrichten, und ich dachte, er würde stch so 'n paar nütz-
liche Äandgriffe aneignen, wie sie ein Äeilgehilfe oder ein
Sanitäter braucht. Aber mein PhiliPP war gründlich und
wollte dies wissen und jenes und immer noch ein bißcken
mehr und bekam Interesse an der Sache, und als das nächste
Semester anfing, da schmiß er um mit der Philologie und
wurde Mediziner. And begeistert war er wieder. „Das ist
doch der herrlichste Berufl" sagte er. „Der leidenden Mensch-
heit zu helfen, Schwache zu neven Kräften zu bringen,
tückische Aebel mit der Wurzel auszureißen, Witwen und
Waisen den sorgenden Vater zu erhalten — oder nein, das
hat er wohl doch nicht gesagt, er hat natürlich gemeint:
Frauen und Kinder davor zu bewahren, daß sie Witwen
und Waisen würden. Schön. Ich hatte nichts einzuwenden;
der Mensch muß selber am besten wissen, wozu er taugt.
Mein Philipp studierte also Medizin, brav und fleißig wie
immer. Wie er im neunten Semester war, da hörte er ein-
mal in der chirurgischen Klinik von einer merkwürdigen Ge-
schichte. Da war ein Patient, der sich an irgendwas ope-
rieren lassen wollte, aber dann Angst bekam und im letzten
Augenblick vom Operationstisch 'runterkletterte und auskniff.
Der Mann war nämlich gegen Erwerbsunfähigkeit versichert,
und die Versicherungsgesellschaft wollte, daß er sich operie-
ren ließe, aber er sagte, das hätte er nicht nötig, die
Gesellschaft sollte nur zahlen, und schließlich gab es einen
Prozeß. Der Fall muß juristisch interessanter gewesen sein
als medizinisch; wenigstens fand das mein Philipp, und er
meinte, er wüßte eigentlich viel zu wenig von den einfach-
sten Rechtsverhältniflen und würde sich doch einmal ein
bißchen bei einem Bekannten von der juristischen Fakultät
erkundigen.

Donnerwetter noch mal-mein Philipp erkundigte

sich und fing an, in der Iurisprudenz herumzuschnüffeln, und
dann kam wieder diese verfluchte Gründlichkeit, und er wollte
noch dies wissen und jenes und konnte gar nicht genug kriegen,
und als dann wieder ein neues Semester kam, da schmiß
er noch einmal um und ging richtig zur juristischen Fakul-
tät und war wieder begeistert und wollte dem Rechte zum

Siege verhelfen und unschuldig Verdächtigte vor Iustizirr-
tümern retten und all so'n Zeug. Na, und jetzt ist er im
vierten Semester. O weh, o weh!"

Der alte Lerr Äippefink seufzte wieder schwer und sank
unter der Laft seiner Sorge kläglich zusammen.

„Nun, das ist ja schließlich nicht so schlimm, Lerr Lippe-
fink. Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten schaden niemals
etwas, und da Ihr Äerr Sohn als Iurist doch sicherlich

ebenso tüchtig arbeitet wie früher, sind die Ausstchten-"

Da rang der alte Lippefink die Äände. „Die Aussich-
ten? Was für Aussichten? Nette Aussichten sehe ich. Seit
drei Tagen ist mein Philipp so merkwürdig grüblerisch, und
gestern hat er mir erzählt, er wäre an eine sehr interessante
Frage im Kirchenrecht geraten, hören Sie: im Kirchen-
recht!"

Die HaupLsache

— „Na, wieder aus Amerika zurück?"

— „Iawohl Lerr Bürgermeister, ich bin gekommen, um in
meiner' Äeimat zu sterben!"

— „Laben Sie auch's Geld fürs Begräbnis mitgebracht?"

Senfkötter ist ein ganz netter Mann, aber einen Menschen
und eine Sache gibt es, auf die beide er einen furchtbaren
Äaß geworfen hat. Der Mensch ist sein Schwager Linsen-
barth, und die Sache ist der Alkohol. Dieser letzten Anti-
pathie wegen ist es unangenehm, in Senfkötters Gegenwart
etwas Alkoholisches zu genießen; er fängt dann an, zu er-
mahnen und zu belehren und Neden zu halten, daß man
ihn gleich nach den Vereinigten Staaten deportieren möchte.

Trotzdem ließ ich mir neulich, als Senfkötter und ich zu-
fällig im Cafs beisammen saßen, ein Glas Grog bringen.
Aber merkwürdiger Weise fand Senfkötter nichts dabei zu
beanstanden; ja, er schien sogar mit einem gewissen Wohl-
gefallen den allerdings auch lieblichen Duft des Grogs zu
bemerken.

„Nanu, Lerr Senfkötter," fragte ich, „wollen Sie denn
gar nicht ein bißchen schimpfen?"

Da lächelte Senfkötter behaglich. „Ia, das ist jetzt so
'ne Sache. Denken Sie sich: vorgestern ist mein Schwager
Linsenbarth auf der Straße mit drei Betrunkenen zusammen
geraten und furchtbar von ihnen verhauen worden." —on.

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