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Zeichnung von E. Kirchner

Stolz — „Ichverstehenicht,Schwiegerpapa, wieman mitdemMesser essen kann I"

— „Tja, sieh dir die Leute an! Die meisten lernen's überhaupt nie."

SSn

Sobald Dr. Reputz gegangen ist, hebt auf Nr. 6 ein
wüster Krach an. Lerr Barchent, Reisender in Damenwäsche,
schimpft gotteslästerlich, weil er gesehen hat, daß Ameisen
im Zimmer sind, und begibt sich mit dem wertvollen Muster-
koffer auf die Sofalchne, um vor den Bestien sicher zu sein.

Kaum hat sich Lerr Barchent ein wenig beruhigt, dann
tritt die Pilzvergiftung auf Nr. 4 in Tätigkeit. Fräulein
Margit Vpllnöscegy aus Temesvar stößt hysterische Schreie
aus und wiederum stürzt der neuerlich gerufene Dr. Reputz
in die Pension. Er stellt sest, daß Pilzvergiftung nicht in
Frage kommt, da der letzte Genuß von Pilzen vor zwei-
dreiviertel Iahre» stattsand. Wiederum wirft er Sihbäder
in die Debatte und geht. Er lächelt leise, sür ihn ist der
Fön Konjunktur.

Jnzwischen ist Lerr Scombolatti soweit gediehen, daß
ich die Koksstücke hageln höre.

Nun ist auch meine Zeit gekommen. Ich ergreife den
Regenschirm, steige presto die Treppe hinab und begebe
mich zu Lerrn Milde ins Privatkontor.

182

„Lerr Milde," sage ich, „Sie sind ein Gänserich, Sie
sind ein Gauner. Keine Minute länger bleibe ich in Ihrer
Räuberhöhle, wo einem das Fell über die Ohren gezogen
wird. So eine Bedienung ist mir noch nicht vorgekommen.
Ich werde nächstens die Schnecken, die ich immer im Salat
finde, sammeln und zu Zimmermädchen erziehen lassen, damit
die Bedienung schneller wird." Ich schmeiße die Tür zu und
gehe wesentlich erleichtert auf mein Zimmer.

Der Fön flaut ab. Ich nehme das Fliegenpapier aus
den Ohren. Nubbe Knobbe schüttet den letzten Spinat auf
die Marquise, Scombolatti rückt das Piano fort und fpielt
Chopin, als ob nichts gewesen wäre.

Lerr Mumps und Lerr Barchent sind stille Genossen
geworden. Fräulein Vpünöscegy aus Temesvar lebt ent-
schlossen weiter, und nur das Zimmermädchen Senta kommt
verspätet und beginnt von ihrem Bräutigam zu erzählen.
Ruhig schiebe ich ihr die Pralinses hin. Sie schweigt.

Dimpfl nebenan kommt aus dem Lofbräuhaus nach
Lause. Er legt sich zu Bett und, Gott sei Dank, er klopft
nicht an die Wand.
 
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