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Z-ichnung von E. Kirchner

— „Ein höflicher Mann, der §>err Kanzleirat, — sogar bei meinrm Bello spricht er nur von Korpulenz."

Besuch einigermaßen sreundlich. „So, so. Also etwa vierzehn
Tage wirst du hier bleiben. Wo wohnst du denn?"

„In der ,Trommell, Onkel." — Die ,Trommell ist zwar
der erste Gasthos des Städtchens, aber immer noch elend
genug.

Der alte Gröhler iiberlegt fich den Fall. Er hat ein
großes Laus, Zimmer sind im Aeberfluß da, — anstands-
halber müßte er eigentlich den Neffen zu sich bitte». Zögernd,
sehr zögernd fragt er: „Willstdunichtlicberbei mirwohnen?"

Dazu hat der Neffe keine Lust, deun er kennt den lieben
Onkel. „Vielen Dank, Onkel, aber ich möchte dir keine
Amstände machen."

„Na, Llmstände gäbe das ja nicht."

Aber der Neffe lehnt ab. Offenherzig erklärt er: „Weißt
du, Onkel, ich wohne doch lieber da, wo ich dafür bezahle."

Da flammt es in des alten Gröhlers Augen aus. „Be-
zahlen? Na, darüber ließe sich ja rcden." on.

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^uct) zu machen

Das Leben hat seine Rachteile. Sie laffen sich abschwäche»,
sveuu der Mensch immer seinen Vorteil wahrzunehinen weiß.
^lnsgezeichnet versteht das der alte Gröhler, der es von je
^ür viel vernünftiger gehalten hat, lieber schäbig zu icheinen,
^ss einen Vorteil nicht mitzunehmen. Früher sagten leine
Bekannten, Gröhler sei in Geldangelegenheiten so zäh wie
<^üffelleder; jetzt vergleichen sie ihn mit amerikanischem
slaugummi, was zeitgemäßer ist.

Neulich nun kommt ins Städtchen GröhlersNeffe?iudolf
gereist, z„x Erledigung von Nachlaßangelegenheiten, die
chn einige Zeit aufhalten werden. Er macht dcm Onkcl einen
Besuch; sehx gerri tut er es nicht, aber ver Anstand icheint
^s ihm zu erfordern. Die Leute im Städtchen würden ja
varüber reden, wenn er dem Onkel Gröhler aus dem Wege
güige, und der hätte dann Verdruß davon.

Der alte Gröhler sühlt das auch und begegnet dem
 
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