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Zeichnung von E. Kirchner


Schiebickes im Auto

" „Iroßmutta, hupe doch uich so viel!"

— „Jck hupe jar nich, ick hab man bloß 'n Schluckser."

Geheimnisvolle Inschrift

Jn München haben die Dienstmänner eine geheimnis-
volle Inschrist an den Mützcn. Die Mütze eines solchen
Mannes ist rot, oder doch rot gewesen. Vorne daran ist
ein Messingschild mit ausgestanzten Buchstaben. Aeber dem
rechten Auge liest man: Dienstmann, über der Nase steht
die Nummer, und links — man traut seinen Augen kaum —
heißt es ziemlich unvermittelt: Insassen.

Was das bedeutet, ist mir seit Iahren ein Rätsel, aber
ich traue mtch nicht zu sragen, solche Leute können so ein-
leuchtend argumentieren, und ich wiege bloß hundertund-
zwanzig.

Neulich fuhr ich mit einem norddeutschen Lerrn, der
zu Besuch hier war, auf der Elektrischen. Ans gegenüber
stand ein Dienstmann. An der Aniversität nahm er die Mütze
ab und krahte sich am Kopf, bis zur Theresienstraße. Dann
seyte er die Mütze wiedcr aus. Dann nahm er sie wieder.
ab und kratzte sich bis zum Odeonsplay. Da sagte mein
Bekannter:

„Sehen Sie mal, da steht an der Mütze: 469 Insassen!
Aber ich fürchte, der Mann hat sehr schlecht gezählt."

Curry

Kollegen

Mein Freund Lugo will neulich solgende Szene erlebt
haben. Ich schicke voraus, daß Äugo manchmal ein bißchen
aufschneidet. Kugo erzählte:

Ich saß aus dem Verdeck eines Berliner Omnibusses
auf der langen Doppelbank in der Mitte, ganz allein auf

einer Seite, auf der andern saßen zw'ei Gannoven. Die
unterhielten sich.

„Du, Ede," sagte der eine, „wat is eejentlich der Anter-
schied zwischen Bildung, Anstand und Takt?"

„Äm, Maxe, det is nich so einfach zu erklären. Also
anjenommen, du wärst een Taschendieb-"

„Ede, du hast woll Leimweh nach de Schariteh?"

„Nich uffrejen, Maxe, ick sage: anjenommen, ick setze
den Fall. Also, anjenommen, du wärst een Taschendieb, un
du klaust mir ins Iedrcingele vom Lunapark meine Ahr, un
ick, ick merke det natierlich un jeh zum Schupo un sage: lderr
Wachtmeesta, sag ick, nehm' Se den fest, der hat mir de
Ahr jeklaut — also siehste, det is Bildung."

„Det is Bildung? Na, weeßte, Ede, wenn det Bildung
is, denn kann ick dir nur raten: benimm dir nie jebildet!"

„Also jut, Maxe! Wenn ick mir nu nich jebildet, son-
dern bloß anständig benehmen will, denn red ick keen Wort,
nehm dir de Ahr wieder ab un jeb dir een aus 90"/» uff-
jewerteten Kinnhaken, daß de det Lippodrom nich von ne
Kaffeemühle unterscheiden kannst."

Maxe wird unruhig.

„Nu kann ick aba ooch taktvoll sin. Det is so: Ick
sage janz sanft zu dir: Maxe, laß uns een' heben in Bull-
jongkeller, - zum Beispiel bei 'n ollen Knusickc, wo wa jrad
herkommen, wir heben een' un denn — denn hab ick meine
Uhr wieder un deine noch dazu, un du hast nischt jemerkt."

Da greift Maxe gedankenschnell in die Tasche und
sagt:

„Na, Ede, jib se man wieder her! Ick jebe ja zu, du
hast dir taktvoll benommen." A. W.

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