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Fafner Spezlal Extra

verraten. „Geistig nämlich. Na, wir können ja nicht alle
gescheit sein. Aber fleißig ist sie, fabelhast fleißig im Äaus-
halt. !lnd ihre Leidenschaft ist das Scheuerm Bürsten,
Klopfen und Putzen, — da ist sie wie eine Ameise." —

Der Sekretär a. D. schrieb also wirklich an die Fafner-
Kompagnie, und eine Woche später erzählte er mir mit
großem Vergnügen: „Die Leute haben geantwortet und
mir ihre Vorschläge gemacht. Ich kann die Vertretung krie-
gen. stnter sehr kulanten Bedingungen. Verkaufen muß ich
so 'n Fafnerschloß zu zehn Mark; davon bekomme ich drei
Mark ab, — bei jedem Stück vom ersten Lundert. Aber
dann steigt mein Verdienst. Beim zweiten Lundert kriege
ich drei Mark sünfzig vom Stück und beim dritten Lundert
vicr Mark. Fein, was?"

„Das ist sogar großartig," meinte ich. „Da haben Sie
ja glänzende Aussichten. Beim sünften Lundert bekommen
Sie dann also vom Stück süns Mark, beim zehnten Äun-
dert sieben Mark sünfzig, beim fünfzehnten Äundert dürfen

Sie schon die ganzen zehn Mark behalten, und-einen

Augenblick, so schnell kann ich

nicht rechnen-ja richtig:

beim fünsunddreißigsten Äun-
dert haben Sie zwanzig
Mark zu beanspruchen; die
Fafner-Kompagnie muß Zh-
nen also für jedes Stück
noch zehn Mark drauszahlen.

!l»d wie fabelhast es dann
weitergeht! Beim fünfund-
fünfzigsten Lnmdert kriegen
Sie dreißig Mark pro Schloß,
beim fünsundsiebzigsten vier-
zig, beim-"

„Aber nein, machen Sie
doch keine dummen Witze!"
unterbrach mich Altrock, ein
bißchen verleht. „Vom dritten
Äundert an bleibt meine Pro-
vision konstant; mehr als vier
Mark können mir die Leute
nicht geben, das ist doch klar.

Aber ich kann zusrieden sein,
sehr zufrieden. Sehen Sie:
wenn ich jetzt zu Anfang täg-
lich vier Schlösser verkaufe
oder vielmehr absetze, den»
das hört sich besser an, dann
habe ich zwöls Mark. Na, das
ist doch ein netter Nebcnver-
dienst. Aber ich werde bald
mchr verkaufen — absetzc»,
wollte ich sagen — viel mehr.

Denn ich werde gewandter
werden, ich werde auch em-
pfohlen werden, von dank
baren Kunden, die seit der
Anschaffung eincs Fasner-
schlosscs keine Angst mehr vor
Einbruch haben, die nun ruhig
schlafen können oder Ausflüge
machen, verreisen, ins Theater
gehn usw. Großartig wird sich
das Geschäft entwickeln. Ich
werde also gleich mal drci-

hundert Stück Fafner Spezial Extra bestellen."

„Nehmen Sie nicht gleich so viel, Äerr Sekretär,"
riet ich. „An Ihrer Stelle würde ich mir nur ein paar
von den Dingern kommen lassen, drei oder vier, und erst
mal sehn, wie sich die Sache überhaupt anläßt."

Altrock war beinahe beleidigt. „Drei oder vier Stück?
Sie trauen mir wohl gar nichts zu. And dabei haben Sie
eben noch ausgerechnet — gar nicht zutreffend allerdings —
wieviel ich beim sünsunddreißigsten und beim fünsundsieb-
zigsten Lundert verdienen würde. Sie glauben wohl, weil
ich Beamter gewesen bin, werde ich nichts können. Ich
werd's Ihnen beweisen, — dreihundert Fafner lasse ich
kommen."-

Etwa vierzehn Tage später störte mich Altrock beim
Nachmittagskaffee. Aufgeregt kam er angeschossen. „Laben
Sie nicht irgend ein Instrument, ein geeignetes Werkzeug,
eine Kiste zu öffnen? Die Fasnerschlösser sind nämlich an-
gekommen. In einer verflucht schweren Kiste. Ich kriege
aber dcn Deckel nicht auf. Die Klinge meines Taschenmessers
habe ich mir schon abgebrochen. Jammerschade — es war

— „Sull ich wecke» um viere, aber schnarcht
sich grad su schenn wie Grammophon!"

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