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Zeichnung

Claus

Gartenszene

Dünnbeschneite, dürre Taxushecken,
Arierender Girlanden ernste Reihn,
Iestgefrornes Laub im Tüarmorbecken,
Wo Delphine grüne Zapfen spein.

..Hörst du, Liebe, wie die Geigen girren?"
..Härst du, Lieber, wie die Flöte lacht?"
..Küssend lasz uns dieses Glück entwirren!
Komm mit mir zu dir und in die Racht!"

Auf den seidenen Gardinen wandern
Weiche Schatten Mozarts Wenuett.
Hinter den erfrornen Oleandern
Knirscht derSchnee und flüstert es: „Tlinette!"

Ueber Taxushecken, Brunnen, Grotten
Rieselt leiser Schnee mit einem Rlal,
Rieseln Sarabanden und Gavotten: —
Fern im Schlosse jauchzk es: „Rarneval!'

A. W.

Don Carlos und der Troubadour
Grapentien. Er dachte nicht mehr da-
ran; er ließ die Karte im Wams des
Don Carlos stecken. Da blieb sie, als
der Garderobier, der aber Gewand-
meister hieß, das Kostüm nachher ver-
wahrte, u. wurde auch vorläufig nicht
entdeckt. Ienny Grapentien stand um-
sonsteine ganzeWoche lang srüher auf,
als es ihre Gewohnheit war, unr deil
Postboten an der Tür abzufangen;
sie erhielt kein Bild von Felix Bucha
und tröstete sich schließlich mit dem
Gedanken, durch eine der beim Thea-
ter ja häufigen Intriguen oder irgend
eine Schlamperei hätte der Künstler
ihren Brief gar nicht bekommen.

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Inzwischen war nun der Kar-
neval ausgebrochen, wobei sich auch
diesmal und selbst in der sreundlichen
Mittelstadt nicht hatte vermeiden
lasten, daß vonr Einzuge eines alle-
gorischen munteren Prinzen in abge-
droschenen Phrasen gesaselt wurde.

Das Stadttheater gab moderne
Schau- und Lustspiele und Schwänke,
und bunte Kostüme bekamen die Leute
anderwärts genug zu sehen, was
Direktor Valdrian, wie erwähnt, für
ein großes Rebel hielt. Leider muß
nun eine Indiskretion begangen und
mitgeteilt werden, daß der Äerr
Direktor trotzdem selber für das Ver-
gnügen am Mummenschanz sorgte,
aber ganz heimlich. Wenn man ein
Uebel nicht beseitigen kann, muß man
zusehen, ob sich nicht am Ende ein
Vorteil daraus schlagen läßt. Direk-
tor Valdrian sah solchen Vorteil: er
hatte vortreffliche Kostüme in seinem
Theater; sein Garderobier, nämlich
der Gewandmeister, war ein altes,
treues Faktotum, ein zweiter, ganz
sicherer Mittelsmann sand sich auch,
ein Anternehmer, der um diese Zeit
ohnehin schon seit Iahren Kostüme
verlieh, und so konnte Valdrian eine
ganz außerhalb des Theateretats
liegende Summe als sehr wünschens-
werten Nebenverdienst in seine Tasche leiten. Freilich, wenn
der Stadtrat das erfahren hätte, da hätte Direktor Baldrian
sich gratulieren können. Aber er beruhigte sich damit,
daß heutzutage ja so vieles nicht herauskäme, und daß die
Not der Zeit auch mit nicht ganz einwandfreien Mitteln
bekämpft werden dürfte.

In der freundlichen und betriebsamen Mittelstadt gab
es auch volkstümliche Maskenbälle, die im Bürgerschützen-
hause stattfanden. Eine solche Veranstaltung zu besuchen,
entschloß sich nun ein junger Mann namens Äugo Schmalzer.
Er war Buchhalter im Geschäft des Äerrn Stadtrats Gra-
pentien, außerhalb seiner Kontorstunden aber neigte er zu
schönen, durch Kinofabeln genährteir Phantasien, die ihm
wunderbaren Llufstieg aus seiner bescheidenen Lebensniede-
rung vorgaukelten. Außerdem besaß er eine Gitarre, der
er durch kratzende Vewegungen Wohllaut zu entlocken ver-

mochte, wozu er mit einer schwachen Tenorstimme schöne
Lieder sang. Dieses Können ließ es ihm angezeigt erschei-
nen, den Maskenball als Troubadour zu besuchen. Ein
Freund hatte ihm ein Masken-Verleihinstitut angegeben,
in dem jetzt ganz prächtige Kostüme zu haben wären, und
hier wurde er — es kostete freilich zwanzig Mark, und das
war bitter —mit einem ganz neuen schwarzen Prunkgewande
versehen, an dem besonders das prall ihn umschließende, wie
sür ihn gemachte Wams ihm gefiel. Damit ging er ins
Bürgerschützenhaus und verlebte einen köstlichen Abend
Mit Gitarrenklang und Gesang trug er in den Tanzpauseil
einiges zur allgemeineil Tlnterhaltung bei, wurde darauf von
einigen jugendlichen weiblichen Masken umschwärmt, durste
zwei von ihnen mit Punsch bewirten und schließlich bei einer
sogar einen schüchternen Kuß wagen, worauf diese Äolde
ihm allerdings vor der Demaskierung entschwand.

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