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Eine Konstatierung

Seit einem Monat ist Assessor Güntzel jetzt in Schmieran
tätig, und zwar eisriger tätig, als er selber sich das je
zugetraut hat. Aber was soll der gebildete Mensch in
Schmierau anders ansangen, als Lätig zu sein? Schmierau
ist entsetzlich, Schmierau ist fürchterlich, Schmierau ist eine
Strafe. Einem seit Iahrzehnten kursierenden schändlichen
Kalauer des inzwischen längst abgeschiedenen Postdirektors
Porsch zusolge kommt Schmierau sür Leimfabriken als Ab--
satzgebiet nicht in Frage, - weil in Schnrierau nämlich
nie etwas los ist.

Äeute macht sich der Affeffor Güntzel ein bißchen Luft,
— vor dem Amtsgerichtsrat Wuschack. „Nicht auszuhal-
ten ist das hier! Wenn man in dem Drecknest ein paar
Iahre hocken muß, da verblödet man ja vollkommen!"

Amtsgerichtsrat Wuschack nickt beistinnnend. „Sie haben
ganz recht, Lerr Kollege. ^lnd denken Sie: ich bin nun
schon ein Dutzend Iahre hier!" — on.

- „Meine Doktorarbeit behandelt die Eiszeit; haben Sie
Interesse dafür, Fräulein Else?"

,',Aber gewiß, Eis effe ich so furchtbar gern."

Die Verwünschung

Man soll wohl doch nicht ftuchen, man soll lieber seinen
Zorn bemeistern und sanft und milde sein. Man soll keine
Verwünschungen schleudern, unter ^lmständen könnte
man dani: selber eine Beule abbekommen.

Krappsack bemeistert seinen Zorn niemals, Krapp-
sack slucht gern und stößt mit Leidenschaft Verwünschungen
aus. Gestern fuhr ich mit ihm auf dem Leimweg aus
der Stadt in der gleichen Straßenbahn, die uns zum
Tlmsteigen auf eine andere Linie nötigt. In solchem Fall
hat man bekanntlich bei zehn Malen nur einmal das
Glück, sofort den richtigen Wagen nahen zu sehen, fünf-
mal muß man lange warten und viermal noch viel länger,
denn dann ist er einem eben vor der Nase weggefahren;

man hat ihn gerade noch ver-
schwinden sehen.

Diesmal war wieder die
ungünstigste Möglichkeit ein-
getreten. Krappsack geriet
außer sich; mit rollenden Au-
gen sah er dem Wagen nach,
der. eine Kurvc fahrend, ge'
wiffermaßen höhnisch seine
Väder auf den Schienen quiet-
schen ließ. Krappsack ballte die
Fäuste und schüttelte sie gegen
das entweichende Verkehrs-
mittel. „Da fährt er, der ver-
dammte Kasten! Nicht mal die
paar Sekunden hat das Luder
warten können. Der Deiwel
soll ihn holen! Kurzschluß soll
er kriegen, entgleisen soll er,
zusammenfahren soll er — —
mit einem Lastauto, das Mist
geladen hat!"

Ich beruhigte Krappsack,
indem ich ihm schnell einen
guten,aber alten Witz erzählte,
den ich eben gelesen hatte Man
liest jetzt ja so oft wieder die
ältesten Witze. Krappsack wur-
de denn auch still, und siehe:
schon nach drei Minuten kam
wieder ein Wagen für uns
angerollt. Vergnügt stiegen
ivir ein und fuhren los. Aber

da-verfluchte Geschichte:

nach zwei Minuten Fahrt muß-
ten wir aussteigen. Die Lmie
war blockiert, der Wagen vor
uns war aus den Schienen
und demoliert, — er war mit
einem Bierwagen zusammen
geraten.

Krappsack und ich haben
dann den Weg nach Lause zu
Fuß machen müssen. Ich war
aber sehr böse auf Krappsack;
verflucht habe ich ihn und ver-
wünscht. Piro

Zeichnung von I. L.-R.

Konsultation — „Nervöse Störungen, gnädige Frau. Sie sind jedeiv

falls sehr reizbar, nicht wahr?" - „Nanu, hat mein
Mann schon mit Ihnen gesprochen, 5)err Doktor?"

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