Der billige Nehbraten.
(Aus dem Jügerlatein übersetzt von Otto Neumann).
dcm wildcrer sogar die L)and, sah ihn be-
deutungsvoll an und ging. L>er rote görge ver-
staud ihu gauz gut uud sagte, er solle sich uur
us ihu verlasseu, er würde es schou besorgeu. Gesagt,
gethau. gn der solgenden Nacht klopst er den
Aintiuann aus dem 5chlas und reicht ihiu durcb das
^seuster eiu prächtig ausgeweidetes Reh hiueiu.
„Gute Nacht", dauu verschwiudet er. Nuu war
er also doch in die Falle gegaugeu uud der Beweis
lag in deu bsäudeu des Amtmauus. „Nas ist präcb-
tig gelungeu, das wird mich iu Anseheu briugeu"
und schmunzelnd legt er sich wieder zu Bett.
Der NAlddieb ist vorgeladen und erscheint
pünktlich. Vor ihn^ aus dem grünen Tische liegt
das Reh. bsinter dem Tische sitzen der 2lmtmann
und seiue 5chreiber. ^m geöffueten Nebeuzimmer
erblickt man die schadensroh lächelnden Gesichter
des Obersörsters und seiner Gehilsen.
„Trkeunen pue das Reh, und räumen Sie
ein, daß 5ie inir dasselbe gesteru Nacht um zwöls
Uhr selber zum Feuster hineingereicht haben?"
Neiu —
„N)as, Meusch, besinueu 5ie sich I" —
Ts war uicht um s2 souderu uach s Uhr.
„Nas ist Nebeusache. ^vie gebeu also zu, es
mir gesteru Nacht gebracht zu habeu?"
„Also gesteheu 5ie auch das Reh geschosseu
zu haben?" —
Geschosseu? Neiu.
„Leugnen Ae nicht erst, wo habeu 5ie es
sonst her? l)abeu p-ie eiueu Gegeubeweis?"
s)a, deu habe ich iu meiuer L)oseutasche. —
„tsühreu lbie keiue uuziemlicheu Redeusarteu!"
L>as thue ich aucb uicht, dazu habe ich zu
viel Achtuug vor deu Lserreu. — Namit zog er
eiu s?apier aus der Tasche, eutfaltete es uud reichte
es dem Amtmauu. I>er sah hiueiu uud sragte
barsch: „Lvas soll's damit t
"
u Ober-
scblesieu
hat es große
chorsteu. Dort lebte vor
eiuiger Zeit iu eiuem gauz
kleiueu Dorse eiu Lholzpautoffelmacher. Doch das war
er bloß ausweudig uud am Tage. A»nweudig dage-
geu war er eiu LBilddieb. Uud was sür eiuer!
der Umgegeud wußte es sast jedermauu, was er
trieb, aber er war uoch uie ertappt oder gar be-
strast wordeu. Der alte Obersörster uud jeiue
Tleveu durchstreisteu deu Bezirk zu jeder Naclüzeit;
wer aber nicht getroffen wurde, das war der rote
j^örge, so hieß er wegeu seiues roten Lchnurrbartes.
L>a kam in den 2lmtsbezirk ein neuer Amts-
vorsteher, kurz, Amtmann genannt. Und nach
dem tvprichwort „Neue Besen kehren gut" hatte
er sich's sogleich zur Ausgabe gestellt, den roten
l)örge zu überlisten. Tr ffng die 5ache schlau an.
Bei seder Gelegenheit uud wo er ihn traf, stellte
er sich gauz freundlich gegen den roten Aörg-
Als er sich Lholz sür den Lvinter ansahren ließ,
mußte es j)örg sägen und hacken und erhielt einen
guten Lohn dasür. Auch zu mancher andern
Berrichtuug suchte er den Iörg heranzuziehen. Tr
ließ dauu sogar merkeu, daß die lveligkeit uoch uicht
verwirkt sei, weun auch eiu LVild eiumal ohne obrig-
keitliche Lrlaubuis tot im Grase liege. 5o wurde
der rote Iörge uach uud uach gelockt.
Nuu kam der Lsauptschlag, die Falle. Tiues
schöueu Tages gab ihm der Amtsvorsteher zu
verstehen, er benötige eines Rehbrateus. Es würdeu
au dem uud dem Tage gute Bekauute ihu be
suchen und bei ihm speiseu. Aus eiu gutes Triuk
geld solle es ihm nicht aukommeu. Daun drückte er
21
(Aus dem Jügerlatein übersetzt von Otto Neumann).
dcm wildcrer sogar die L)and, sah ihn be-
deutungsvoll an und ging. L>er rote görge ver-
staud ihu gauz gut uud sagte, er solle sich uur
us ihu verlasseu, er würde es schou besorgeu. Gesagt,
gethau. gn der solgenden Nacht klopst er den
Aintiuann aus dem 5chlas und reicht ihiu durcb das
^seuster eiu prächtig ausgeweidetes Reh hiueiu.
„Gute Nacht", dauu verschwiudet er. Nuu war
er also doch in die Falle gegaugeu uud der Beweis
lag in deu bsäudeu des Amtmauus. „Nas ist präcb-
tig gelungeu, das wird mich iu Anseheu briugeu"
und schmunzelnd legt er sich wieder zu Bett.
Der NAlddieb ist vorgeladen und erscheint
pünktlich. Vor ihn^ aus dem grünen Tische liegt
das Reh. bsinter dem Tische sitzen der 2lmtmann
und seiue 5chreiber. ^m geöffueten Nebeuzimmer
erblickt man die schadensroh lächelnden Gesichter
des Obersörsters und seiner Gehilsen.
„Trkeunen pue das Reh, und räumen Sie
ein, daß 5ie inir dasselbe gesteru Nacht um zwöls
Uhr selber zum Feuster hineingereicht haben?"
Neiu —
„N)as, Meusch, besinueu 5ie sich I" —
Ts war uicht um s2 souderu uach s Uhr.
„Nas ist Nebeusache. ^vie gebeu also zu, es
mir gesteru Nacht gebracht zu habeu?"
„Also gesteheu 5ie auch das Reh geschosseu
zu haben?" —
Geschosseu? Neiu.
„Leugnen Ae nicht erst, wo habeu 5ie es
sonst her? l)abeu p-ie eiueu Gegeubeweis?"
s)a, deu habe ich iu meiuer L)oseutasche. —
„tsühreu lbie keiue uuziemlicheu Redeusarteu!"
L>as thue ich aucb uicht, dazu habe ich zu
viel Achtuug vor deu Lserreu. — Namit zog er
eiu s?apier aus der Tasche, eutfaltete es uud reichte
es dem Amtmauu. I>er sah hiueiu uud sragte
barsch: „Lvas soll's damit t
"
u Ober-
scblesieu
hat es große
chorsteu. Dort lebte vor
eiuiger Zeit iu eiuem gauz
kleiueu Dorse eiu Lholzpautoffelmacher. Doch das war
er bloß ausweudig uud am Tage. A»nweudig dage-
geu war er eiu LBilddieb. Uud was sür eiuer!
der Umgegeud wußte es sast jedermauu, was er
trieb, aber er war uoch uie ertappt oder gar be-
strast wordeu. Der alte Obersörster uud jeiue
Tleveu durchstreisteu deu Bezirk zu jeder Naclüzeit;
wer aber nicht getroffen wurde, das war der rote
j^örge, so hieß er wegeu seiues roten Lchnurrbartes.
L>a kam in den 2lmtsbezirk ein neuer Amts-
vorsteher, kurz, Amtmann genannt. Und nach
dem tvprichwort „Neue Besen kehren gut" hatte
er sich's sogleich zur Ausgabe gestellt, den roten
l)örge zu überlisten. Tr ffng die 5ache schlau an.
Bei seder Gelegenheit uud wo er ihn traf, stellte
er sich gauz freundlich gegen den roten Aörg-
Als er sich Lholz sür den Lvinter ansahren ließ,
mußte es j)örg sägen und hacken und erhielt einen
guten Lohn dasür. Auch zu mancher andern
Berrichtuug suchte er den Iörg heranzuziehen. Tr
ließ dauu sogar merkeu, daß die lveligkeit uoch uicht
verwirkt sei, weun auch eiu LVild eiumal ohne obrig-
keitliche Lrlaubuis tot im Grase liege. 5o wurde
der rote Iörge uach uud uach gelockt.
Nuu kam der Lsauptschlag, die Falle. Tiues
schöueu Tages gab ihm der Amtsvorsteher zu
verstehen, er benötige eines Rehbrateus. Es würdeu
au dem uud dem Tage gute Bekauute ihu be
suchen und bei ihm speiseu. Aus eiu gutes Triuk
geld solle es ihm nicht aukommeu. Daun drückte er
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Der billige Rehbraten
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Humoristische Monatshefte: aus Lothar Meggendorfer's lustiger Bildermappe
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
ZST 4416 C
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1890
Entstehungsdatum (normiert)
1880 - 1900
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Humoristische Monatshefte: aus Lothar Meggendorfer's lustiger Bildermappe, 2.1890, Heft 2, S. 21
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication