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56

Meggendorfer-Blätter, Blünchen


INit wenigen 5ätzen war jetzt das Auge des Gesetzes bei
der rerdächtigen Gestalt.

„Ich bin schon da, Lserr Bürgermei — — —

„Pst, pst, kei — keine Namen, Arausel"

In allerhand schwierigen Zickzack-und Bogenlinien wankte
die Laterne des Nachtwächters Arause jetzt durch die engen
Gassen und machte endlich vor einem stattlichen bsause halt.
Dann hörte man ein Zchlüsselrasseln, dann ein wenig Gexolter
und dann war alles wieder ruhig. Gewiß haite der pflicht-
eifrige Arause den Inkulpaten jetzt hinter 5chloß und Riegel
gebracht und dnrfte sich nun des Lrfolges seiner Wachsamkeit
freuen.

Doch Arause sreute sich nicht. Mißmutig kratzte er sich
hinter den Ghren und murmelte: „Das ist gerade der drei-
zehnte heutel"

Dann setzte er sich auf die Trexpenstufen des ksauses und
blickte nachdenklich in das Licht seiner Laterne.

„'S ist was Schönes um ein öffentliches Aint," sagte er sür
sich hin, „aber nachgerade wird mir dessen Last doch zu schwerl
Ich bin nicht mehr der kräftige Mann wie vor dreißig Iahren
und morgen tu ich's. Iawohl, morgen tu' ich's," wiederholte
er mit lauter, entschlossener Stimme und erhob sich. Nnd es
war auch die höchste Zeit. Denn eben zeigte sich wiederum
ein verdächtiger Schatten in der Nähe des „Goldenen Bären".

Am andern Tage lief bei dem hochlöblichen Magistrate von
Bimmelhausen ein Schreiben ein, worin der Nachtwächter
Arause treugehorsamst um seine Pensionierung einkam.

Und sie wurde ihm auch gewährt, nicht aber, ohne gleich-
zeitig die Absicht einer kleinen Lhrung damit zu verbinden,
denn es gehörte zu den vortrefflichen Eigenschaften der Gemeinde
Bimmelhausen, selbst gegen Nachtwächterverdienste gerecht zu
sein und sie nicht unbelohnt zu lassen.

Aber nicht allein der hohe Magistrat, sondern auch die
Bimmelhauser Damen wetteiferten miteinander, an dieser
Lhrung teilzunehmen. Denn Nachtwächter Arause war im
ganzen Städtchen beliebt und xopulär, und es galt nebenbei so
recht nachdrücklich zu zeigen, wie vierzigjährige Diensttreue an-
erkannt werde.

Und so sanden denn zu gleicher Zeit zwei Beratungen
über diesen wichtigen Fall statt; die eine im Raihause und die
andere bei der Frau. Bürgermeisterin.

„Uteine kferren," sxrach das würdige Stadtoberhaupt, „wenn
ich beantrage, dem Nachtwächter Arause als Symbol seiner
pflichttreue und zugleich als den Ausdruck unsrer Nkunisizenz
eine goldene Uhr zu überreichen, so werde ich damit bei Ihnen
gewiß auf keinen Widerstand stoßen. Denn ein solch kostbarer
Gegenstand wird nicht nur der Stolz seines Besitzers zeit seines
Lebens sein, sondern sich auch als leuchtendes Beispiel redlicher
Bürgertugenden in der Familie forterben. Ls liegt uns also
nur noch ob, über eine entsxrechende NAdmung zu beraten."

In ähnlicher weise wurde das Thema auch in der weib-
lichen Ratsversammlung unter Assistenz von Bergen von Auchen
und einer lfochflut von Aaffee diskutiert, nur daß man sich
hierüber eine xrächtige, silberbeschlagene Uleerschaumpfeife einigte.

Der große Tag der Lhrung kam. In seierlicher ver-
sammlung war die Llite der weiblichen und männlichen Be-
völkerung von Bimmelhausen im Rathause anwesend, und da
es, wie überall, auch in Bimmelhausen schöne Sitte war, den
Damen den vortritt zu lassen, so überreichte denn die Frau
Bürgermeisterin unter schwungvollen Worten dem Iubilar die
bewußte pfeife.

Iitternd vor Freude betrachtete Arause das xrächtige Ge-
schenk, und Tränen der Rührung entquollen seinen Augen, als
er die NAdmung las, die so recht die Auerkennung seiner der
Gemeinde geleisteten Dienste zum Ausdruck brachte. Denn:
,Lür tadellose Führung' war, schön graviert, aus dem
massiven Silberdeckel zu lesen.

Als aber nach nicht minder schwungvoller Rede auch der
Bürgermeister dem Gerührten den Dank der Stadtväter in Form
der beschlossenen Goldenen zum Ausdruck brachte und Arause
auch hier die NAdmung las, da ging ein breites Schmunzeln
über sein tränenfeuchtes Gesicht, denn auch hier lautete die
lvidmung: ,Für tadellose Führungß

Und die weisen Väter der Stadt, die anfangs bei der
Uebcrreichung der Pfeife ein etwas verblüfftes Gesicht gemacht
hatten, schmunzelten allmählich mit, obwohl manch einer dabei
vorstohlen nach seiner gestrengen Gattin hinüber schielte.

In den Reihen der ahnungslosen Damen aber griff ein
nie geschener Lnthusiasmus sdlatz.

„Welch wunderbare Uebereinstimmung l" riesen sie einmütig,
„das gehört nnbedingt in die Bimmelhauser Lhronik."

Uud so geschah es auch.

Ktmrmt.

Lrster Studenti „Nun, Süffel, wie findest Du Deine neue
wohnung?"

Zweiter Student (angeheite«): „Gar nichtl"

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Desterreich-Ungarn für lferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Ukohr in NAen I.
Vrrlsg vvn I. F. Schrribrr in Mnnchrn und Etzlingrn.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Stimmt
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Erster Student: "Nun, Süffel, wie findest Du Deine neue Wohnung?! / Zweiter Student (angeheitert): "Gar nicht!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schramm, Viktor
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Student
Schlüssel
Betrunkener
Trunkenheit
Mann

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 629, S. 36
 
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