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Meggendorfer-Blätter — 52.1903 (Nr. 627-640)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16702#0112
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s08

INeggendorfer-Blätter, München

Meine Freund Menele.

Dienstmann, der ,nir ein Schreibcn überbrachte. Ich solle,
hieß es in dieser natürlich von Theos ifand stammenden Lxistel,
sogleich zn ihm fahren, er sei todkrank. Lrst stutzte ich, und
ich fürchtete einen Nboment, er habe vielleicht in seinem Liebes-
wahn den Seroiettenring für einen Anödel gehalten und ver-
schluckt oder so etwas Aehnliches und ich eilte daher schleunigst
in seine tVohnung, wo ich ihn bleich und regungslos in seinem
Bette fand. <Lr richtete seine melancholischen Blicke wie ein
Sterbender auf mich, und mit gebrochener Stiinme slüsterte er
die inhaltsvollen tVorte: „Alles verloreu."

Ich griff an seinen Puls, der ganz normal ging, bat ihn,
mir seine Zunge zu zeigen, cin verlangen, das er mit ersicht-
licher Liebe erfüllte, und dann zündete ich mir ganz beruhigt
eine Zigarre an.

„Ich habe . . . Fieber . . . Schüttelfrost," ächzte er, „ich
wollte, es wäre gar."

„Also geht Thea heute auf die Redoute?"

„Ia," nickte er und trocknete sich den Angstschweiß von
der Stirne. „Ich wollte, ich hätte Dich nie —"

„Geboren," schnitt ich ihm das Ivort ab. „Jch weiß schon.
Vaterfluch und gerungene Mutterhand. Uralte Geschichtel Thea
hat also zu Dir gesagti ,Geh Du nur immer hin, wo Du ge-
wesen hast/ nicht wahr, und das hat Dich so ange-
griffen. ,!Vas Dir recht ist/ hat sie gesagt, ,das ist mir
billig?"

Lr schaute mich an, wie man ein Ungeheuer anstarrt,
wie einen, der alles u»d noch ein bißchen mehr weiß. Ich
war mir auch vollständig im klaren, daß mein schneidiger
Freund eine schwere Arankheit simulierte, um für heute
abend entschuldigt zu sein, ich war auch überzeugt, daß
er seine Thea bereits davon in Renntnis gesetzt hatte,
und ich erwartete jeden Zlugenblick, daß es läuten werde
und das gute Aind mit einem verzweiflungsschrei an seinem
Totenbett niedersinken werde. Tableaul

D Liebel Auf welche Uomödien bringst Du ernst-
hafte, erwachsene Leute! Sie waren bis über die Dhren
ineinander verschossen, sie würden, das war sicher, lieber -
acht Tage vorher als eine Stunde sxäter heiraten, und nicht
ininder gewiß schien es mir, daß sie nicht nur ihre Prinzi-
pien, sondern Sonne, Utond und Sterne verraten würde,
ehe sie von ihm ließ. lvozu also mischte ich mich in
diesen närrischen lfandel?

Und es kam schließlich doch anders, als ich es vor-
hergesehen hatte.

Uaum war eine halbe Stunde verflossen, als ein
Lilbote einen Brief übergab, den Theo mit zitternden
Fingern öffnete. ,Lieber Schatz/ lautete er, ,ich selber bin
zu meinem größten Bedauern so krank, daß ich den Arzt
holen lassen inußte und Dich leider nicht besuchen kann.
Lrschrecke nicht, es ist nicht gefahrlich. Schicke aber Du
mir mindestens alle zwei Stunden Nachricht, wie Du Dich
fühlst. Deine trostlose Thea. Ulit tausend heißen Uüssen?

Er las ihn mir vor. „Ist das nicht eine sonderbare
Symxathie?" fragte der lheuchler mit tonloser Stimme.

„Finde ich nicht. Das ist System. lvenn Dir eine
lferzwassersucht recht ist, so ist ihr eine Tholera billig."

Er schüttelte mißbilligend den Uopf. „Ich darf sie
nicht in ihrer lhilflosigkeit im Stich lassen," murmelte er, ^
und dann erhob er sich mit einem erstaunlichen kjeroismus
von seinem Schmerzenslager und begann sich hastig anzu- R
kleiden.

„lvenn Du Dir nur nicht den Tod holst, Theo," meinte ich.

„Utir gleich," erwiderte er mit eisiger Uälte.

„Aber Du könntest mir einen riesigen Gefallen erweisen.
Ich möchte nicht, daß eine Lüge zwischen mir und Thea stünde."

„Ibsens Lebenslüge."

„)a. Und daß Du mir gestattest, daß ich ihr sage, daß
Du es warst, dcr inich . . . anstiftetel tVeißt Du . . ."

„Ntein Sohn," antwortete ich, „tu Dir keinen Zwang an.
Ich habe ein robustes Gewissen, mir schadet ein Fluch mehr
oder weniger nichts. Also geh hin und werde glücklich. Ich
will Dir nicht hinderlich sein. Im Gegenteil. Und wenn Du
wieder cinen dummen Uerl brauchst, der Dir ratet, kloxf un-
geniert an meine Türe. Gott mit Dirl"

„lvas kann Dir an dem bißchen Blamage liegen," ineinte
er, mir wohlwollend auf die Schulter klopfend. „Ich danke
Dir." Dann griff er zu seinem bsut nnd stürzte fort.

Genau vier Wochen danach heiratete er. Linige Ieit
später erzählte er mir, daß er gegen das versprechen, nie inehr
wieder mit mir zu verkehren, jede Uonzession bezüglich der
lhochzeit von seiner Frau erhalten habe, die er sich nur wünschen
konnte.

D, Liebe! V, Frcnnd Meisele! V, jdrinzipienl

Vrohig.

IL

aut: „Da haben wir nun unsere Initialen in diese Rinde
geschnitten — wie aber, wenn der Bauin in Bälde gefällt
wird?"

icher Bräutigam: „Nun, ich werde sicherheitshalber den
!Vald kaufen."

Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für Ljerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lvien I.
Verlag von I. F. Schrriber in München nnd Etzlingen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Protzig
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Braut: "Da haben wir nun unsere Initialen in diese Rinde geschnitten - wie aber, wenn der Baum in Bälde gefällt wird?" / Reicher Bräutigam : "Nun, ich werde sicherheitshalber den Wald kaufen."

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schramm, Viktor
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Bank
Baum
Liebespaar

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 635, S. 108

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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