Zeitschrift für Lsumor und Auust
U9
Äine Ucbcr-Ktühe.
Neue Stütze der tsaussrau: „ . . . . Und jdferde kann ich der
Frau Baronin auch lammfronnn zureiten."
heit zur Rache, welche jetzt cndlich gekommen zu
sein schien.
Auch Lyander wußte, daß Tchulze log, als er
den drohenden Bierverleger emporsteigen ließ und
sagte deshalbi
„Aber lserr 5chulze, wir wissen doch alle, daß
Sie in sehr bequemen verhältnissen leben. Ihr
Restaurant geht gut, und die Frühstücksstube Ihrer
Frau noch besser-"
„Die Frühstücksstube meiner Frau geht Sie
gar nichts an, mein sehr verehrtcr kjerr Lyanderl"
schrie Schulze erbost. „U)enn Sie übrigens meine
Berhältnisse so genau kennen, so werdcn Sie anch
wissen, wie wir uns plagen müssen, und daß meine
Frau manchmal wochenlang nicht aus ihrer Früh-
stücksstube herauskommt. — Aber das gehört allcs
nicht hieher, nnd darum sage ich nochmals kurz
und bündig: entweder Sie bezahlen mir jetzt
hundert Utark, oder Sie machen die Festlichkcit
heute nicht mit und sind blamiert sür alle Zeitl"
Lyander wandte sich zähneknirschend ab. Ls
schien ihm unwürdig, noch ein lvort an den
Wirt da zu verlieren. —
Auf einmal durchzuckte ihn ein Gedankc.
„Brauchen Sie wirklich das Geld sür den
Bierverleger, lserr Schulze?"
„So wahr ein Gott im lsimmel lebt, lserr
Tyander!" schwur der Mirt. „Sie können mir's
glauben! — Alir würde es nie einfallen, dic
kserren zu drangen, wenn ich nicht selbst gedrängt
würde!"
„Gut, Sie sollen Ihr Geld haben. In einer
halben Stunde bin ich wieder zurück. — Ihr,"
wandte er sich zu seinen «Souleurbrüdern, „bleibt
einstweilen hier!" Damit ging er, indessen Lhrcn-
Schulze ihm halb verblüfft, halb wütend nachsah,
und die beiden zurückbleibenden Zittuavier sich in den wahn-
sinnigsten Mutmaßungen ergingen, wie Lyander es wohl
anstellen werde, in der Zeit von einer halben Stundc hundert
Mark förmlich aus der Luft zu grcifen.
Aber nach kaum zwanzig Minuten war der Fortgegangcne
tatsächlich zurück, und ohne cin wort zu sagen, zählte er dem
verdutzt dreinschauenden Schulze füns blanke Doppelkronen auf
den Tisch.
Im Nu war man in dem endlich geöffneten Aneip-
zimmer, schmückte sich mit Schärpe, Paradeschläger und Lerevis,
und nachdem alles in bester Grdnung war, wandte sich Lyander
nochmals an den regungslos dastehenden Mirt.
„So, mein bjerr Schulze, und nnn noch ein lehtes Mortl
^ Ihre hundert Mark haben Sie. Daß wir nach dcm Nor-
gefallenen hier bei Ihnen nicht cincn Augenblick länger kneipen,
>st selbstverständlich. Vb Ihnen an unserm Fortgang viel
liegt, weiß ich nicht, jedenfalls würden Sie es jetzt bestreiten;
aber das eine weiß ich, daß Sie noch heute abend unter
Iammern und lseulen es bereuen, so dumm, sobodenlos
dumm gehandelt zu habenl"
Damit entfernte er sich stolzen Schrittes mit seinen Touleur-
brüdern und ließ Schulzen trotz dessen höhnischen Lächelns als
Beute einer ihm sonst sremden Aufregung zurück. —
Der Abend dieses ereignisreichen Tages war gekommen. Die
Denkmalsenthüllung hatte programmäßig stattgefunden, der Fest-
zug durch die Straßen der Universitätsstadt war glanzvoll ver-
laufen, und unter den prangenden Vertretern der schlagenden
Aorporationen hatten nicht zuletzt in strahlendem Wichs und mit
strahlenden Gesichtern, die Thargierten der „Zittuavia" geglänzt.
Auch Thren-Schulze hatte stch den Festzug angesehen, und
ein eigenes Gefühl von dumpfer Bangigkeit nicht unterdrücken
können, als die Zittuavier an ihm vorbeimarschierten und mit
spöttischcr Uliene grüßten. Dann war er in die Frühstücksstube
seiner Frau gegangen, um dieser, die große Stücke auf die
vielverzehrenden Studenten hielt und sein vorgehen von heute
morgen unter keinen Umständen gebilligt HLtte, den Wegzug
der Zittuavier aus seinem Restaurant in möglichst schonender
und sür ihn möglichst günstiger Form mitzuteilen; denn wie so
viele seiner Gilde stand Schulze stark unter dem Pantoffel seines
Weibes.
Aaum war er in die Frühstücksstube cingetreten, als seine
bessere lsälftc auf ihn zustürzte und ihm zurief:
„Nun sag aber mal, Tmil, was sällt denn nur eigcntlich
dem Bierverleger von Langes ein, daß er Dich so drängtl —
Denkt denn der Ulensch etwa, wir sind über Nacht bankrott
geworden, daß er aus einmal eine Abschlagszahlung verlangt?"
„Aber Lieschen, ich verstehe Dich nicht-1"
„Donnerwetterl" — Dame Lieschen liebte mitunter starke
Ausdrücke — „Donnerwetter, hast Du etwa schon wieder einen
in der Arone, daß Du nicht weißt, daß ich Dir heute vormittag
zwischen zchn und elf Uhr hundert Utark geschickt habe?!"
„Mr hundert Mark — -?!"
„Ia gewiß! — So gegen halb elf kommt der kserr Doktor
Lyander, sein und höslich wie immer, bestellt stch einen Aognak,
macht sein Späßchen mit der Aellnerin — natürlich in allen
Lhren —, sreut sich, daß ich so hübsch und proper aussehe —
ja, guck nur, Du DLmlack, das hat er gesagt —, und erzählt
U9
Äine Ucbcr-Ktühe.
Neue Stütze der tsaussrau: „ . . . . Und jdferde kann ich der
Frau Baronin auch lammfronnn zureiten."
heit zur Rache, welche jetzt cndlich gekommen zu
sein schien.
Auch Lyander wußte, daß Tchulze log, als er
den drohenden Bierverleger emporsteigen ließ und
sagte deshalbi
„Aber lserr 5chulze, wir wissen doch alle, daß
Sie in sehr bequemen verhältnissen leben. Ihr
Restaurant geht gut, und die Frühstücksstube Ihrer
Frau noch besser-"
„Die Frühstücksstube meiner Frau geht Sie
gar nichts an, mein sehr verehrtcr kjerr Lyanderl"
schrie Schulze erbost. „U)enn Sie übrigens meine
Berhältnisse so genau kennen, so werdcn Sie anch
wissen, wie wir uns plagen müssen, und daß meine
Frau manchmal wochenlang nicht aus ihrer Früh-
stücksstube herauskommt. — Aber das gehört allcs
nicht hieher, nnd darum sage ich nochmals kurz
und bündig: entweder Sie bezahlen mir jetzt
hundert Utark, oder Sie machen die Festlichkcit
heute nicht mit und sind blamiert sür alle Zeitl"
Lyander wandte sich zähneknirschend ab. Ls
schien ihm unwürdig, noch ein lvort an den
Wirt da zu verlieren. —
Auf einmal durchzuckte ihn ein Gedankc.
„Brauchen Sie wirklich das Geld sür den
Bierverleger, lserr Schulze?"
„So wahr ein Gott im lsimmel lebt, lserr
Tyander!" schwur der Mirt. „Sie können mir's
glauben! — Alir würde es nie einfallen, dic
kserren zu drangen, wenn ich nicht selbst gedrängt
würde!"
„Gut, Sie sollen Ihr Geld haben. In einer
halben Stunde bin ich wieder zurück. — Ihr,"
wandte er sich zu seinen «Souleurbrüdern, „bleibt
einstweilen hier!" Damit ging er, indessen Lhrcn-
Schulze ihm halb verblüfft, halb wütend nachsah,
und die beiden zurückbleibenden Zittuavier sich in den wahn-
sinnigsten Mutmaßungen ergingen, wie Lyander es wohl
anstellen werde, in der Zeit von einer halben Stundc hundert
Mark förmlich aus der Luft zu grcifen.
Aber nach kaum zwanzig Minuten war der Fortgegangcne
tatsächlich zurück, und ohne cin wort zu sagen, zählte er dem
verdutzt dreinschauenden Schulze füns blanke Doppelkronen auf
den Tisch.
Im Nu war man in dem endlich geöffneten Aneip-
zimmer, schmückte sich mit Schärpe, Paradeschläger und Lerevis,
und nachdem alles in bester Grdnung war, wandte sich Lyander
nochmals an den regungslos dastehenden Mirt.
„So, mein bjerr Schulze, und nnn noch ein lehtes Mortl
^ Ihre hundert Mark haben Sie. Daß wir nach dcm Nor-
gefallenen hier bei Ihnen nicht cincn Augenblick länger kneipen,
>st selbstverständlich. Vb Ihnen an unserm Fortgang viel
liegt, weiß ich nicht, jedenfalls würden Sie es jetzt bestreiten;
aber das eine weiß ich, daß Sie noch heute abend unter
Iammern und lseulen es bereuen, so dumm, sobodenlos
dumm gehandelt zu habenl"
Damit entfernte er sich stolzen Schrittes mit seinen Touleur-
brüdern und ließ Schulzen trotz dessen höhnischen Lächelns als
Beute einer ihm sonst sremden Aufregung zurück. —
Der Abend dieses ereignisreichen Tages war gekommen. Die
Denkmalsenthüllung hatte programmäßig stattgefunden, der Fest-
zug durch die Straßen der Universitätsstadt war glanzvoll ver-
laufen, und unter den prangenden Vertretern der schlagenden
Aorporationen hatten nicht zuletzt in strahlendem Wichs und mit
strahlenden Gesichtern, die Thargierten der „Zittuavia" geglänzt.
Auch Thren-Schulze hatte stch den Festzug angesehen, und
ein eigenes Gefühl von dumpfer Bangigkeit nicht unterdrücken
können, als die Zittuavier an ihm vorbeimarschierten und mit
spöttischcr Uliene grüßten. Dann war er in die Frühstücksstube
seiner Frau gegangen, um dieser, die große Stücke auf die
vielverzehrenden Studenten hielt und sein vorgehen von heute
morgen unter keinen Umständen gebilligt HLtte, den Wegzug
der Zittuavier aus seinem Restaurant in möglichst schonender
und sür ihn möglichst günstiger Form mitzuteilen; denn wie so
viele seiner Gilde stand Schulze stark unter dem Pantoffel seines
Weibes.
Aaum war er in die Frühstücksstube cingetreten, als seine
bessere lsälftc auf ihn zustürzte und ihm zurief:
„Nun sag aber mal, Tmil, was sällt denn nur eigcntlich
dem Bierverleger von Langes ein, daß er Dich so drängtl —
Denkt denn der Ulensch etwa, wir sind über Nacht bankrott
geworden, daß er aus einmal eine Abschlagszahlung verlangt?"
„Aber Lieschen, ich verstehe Dich nicht-1"
„Donnerwetterl" — Dame Lieschen liebte mitunter starke
Ausdrücke — „Donnerwetter, hast Du etwa schon wieder einen
in der Arone, daß Du nicht weißt, daß ich Dir heute vormittag
zwischen zchn und elf Uhr hundert Utark geschickt habe?!"
„Mr hundert Mark — -?!"
„Ia gewiß! — So gegen halb elf kommt der kserr Doktor
Lyander, sein und höslich wie immer, bestellt stch einen Aognak,
macht sein Späßchen mit der Aellnerin — natürlich in allen
Lhren —, sreut sich, daß ich so hübsch und proper aussehe —
ja, guck nur, Du DLmlack, das hat er gesagt —, und erzählt
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Eine Ueber-Stütze
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Neue Stütze der Hausfrau: ".... Und Pferde kann ich der Frau Baronin auch lammfromm zureiten."
Kommentar
Unidentifizierte Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 636, S. 119
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg