Meggendorfer-Blätter, INünchen
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so nebenbei, daß Du heute früh einen fnrchtbaren Aerger ge-
habt hättest. Der Bierverleger von Langes wäre da gewesen
und hätte durchaus hundert tNark haben wollen. Der Aerl
hätte gedroht, Oir die Bude zuzuniachen, wenn Du nicht bis
heute vormittag elf Uhr bezahltest. — Ich weiß, daß der tferr
Ltzander keine albernen Mitze macht, daß er also die Wahrheit
gesagt hatte, und wenn ich auch den Bierverleger für verrückt
hielt, kannst Du Dir doch denken, wie ich mich vor dcn anderen
Gästen schämte, als der bserr Doktor Lyandcr die ganze Ge-
schichte in seiner feinen, liebenswürdigen Meise erzählte und
so lustig dazu lächelte; und da ich wußte, daß Du erst gestcrn
Dein ganzes bares Geld dem Weinlieferanten geschickt hattest,
bat ich den tserrn Lyander ganz leise, Dir doch die hundert
Mark mitzunehmen, und wirklich, er tat mir den Gefallen, der
liebe tferr, und nahm das Geld — —
„Das glaub' ich," knirschte der vernichtete Schulze.
„Da er so wie so noch einmal nach der Aneipe müßte,
wie er sagte, um seinen wichs anzulegen." Also schloß Frau
Lieschcn ihren Bericht. — „Aber das sag ich Dir, Schulze,"
fuhr sie nach einer kurzen pause fort, „mit diesem Schuft von
Bierverleger, mag er nun verrückt sein oder nicht, hörst Du
aufl Nicht einen Tropfen nimmst Du mehr von ihml Ver-
standen?!" —
tferr Schulze stöhnte wie ein weidwunder bfirsch. Blitz-
artig ward es ihm osfenbar, in welch schlauer lveise ihn Lyander
überlistet, in seinem eigenen Netze gefangen hatte; aber viel
schlimmer als diese Lrkenntnis war die Forderung seiner Frau,
mit dem Bierverleger zu brechen. Das war unmöglich l Diesen
Mann, der ihn früher xekuniär unterstützt hatte, dem er zum
guten Teil seine Lxistenz verdankte, durfte er nicht ohne Grund
vor den Aopf stoßen. Lsier gab es nur ein Mittel, um aus
der verlegenheit zu kommeni unumwunden die Wahrheit zu
sagen!
„Lieschen, — mein liebes Lieschen" — ächzte !ferr Schulze,
„sei mir nicht böse, aber — aber — das mit dem Bierverleger
war nicht wahr."
„Was?l Nicht wahr?I"
„ksör mich an, mein gutes Lieschcn, sei mir nicht bösel"
bat er kläglich. „Ich — ich — wollte die Studenten, die bferren
Zittuavier, ein — ein bißchen ärgern, und — und — da habe
ich — habe ich verlangt, sie sollten — sie sollten ihre Schulden
bei mir bezahlen — hundert Atark — und das — und das
haben sie mir übelgenommen — und sind — und sind — aus-
gezogen, von mir fort."
„Ausgezogenll — Deiue besten Gästell — Und die hundert
Ulark, die ich dem lferrn Lyander mitgegeben habe?!" —
„Die hat er mir gegeben. Damit haben — die bserrcn
Studenten — ihre — ihre — Schulden bezahlt. — — —"
„D, Du Gchs aller Vchsenll" —
lveiter vermochte Frau Lieschen für den Augenblick nichts
hervorzubringen, aber als sie sich ein wenig gesammelt hatte,
prasselte eine Rede von solcher Lnergie und Ursprünglichkeit
des Ausdrucks auf Schulzen nieder, wie er noch nie eine ver-
nommen hatte.
Vernichtet, ein Schatten nur seines früheren Selbst, wankte
er bald darauf nach kfause: Lyanders sdrophezeiung, er werde
es noch unter Iammern und kseulen bereuen, so dumm, so
bodenlos dumm gehandelt zu haben, war glänzend in Erfüllung
gegangen.
Dcr Iiachmmm.
Freier: „Zur Zcit habe ich etwa dreitausend Mark Lin-
kommen; doch wird dasselbe in zwei bis drei Iahren sicher
viertausendfünfhundert Nark betragen."
Geograxhieprofessor: „Na, mcin wertgeschätzter Lserr, da
wollen wir mit dem theiraten doch noch warten, bis Sie
von der Ingspitze auf das Matterhorn gekommen sind."
Äbcnds.
M n Deine Schwelle komm' ich gern,
o-s Wenn blaue Schatten sinken
Und auf dem fahlen tfimmelsplan
Die ersten Sterne blinken.
Am trauten Lserde sitzest Du
Und sinnest in das Dunkel,
In Deinem tserzen leise glimmt
Der Liebe still Gefunkel.
Und schweigend schmiege ich Dein tsaupt
An meine Brust und bete,
Daß nie ein schlimm'rer Gast als ich
In Deinen Frieden trete.
Hans Fraungriibcr.
^indcsbogilr.
tsans (zum glatzköpfigen vater>: „paxa, hat Dlch der Storch
aus dem plattensee gefischt?"
Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für bserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Ivien I.
Vrrlsg von I. F. Schrriber in Münchrn und Cßlingrn
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so nebenbei, daß Du heute früh einen fnrchtbaren Aerger ge-
habt hättest. Der Bierverleger von Langes wäre da gewesen
und hätte durchaus hundert tNark haben wollen. Der Aerl
hätte gedroht, Oir die Bude zuzuniachen, wenn Du nicht bis
heute vormittag elf Uhr bezahltest. — Ich weiß, daß der tferr
Ltzander keine albernen Mitze macht, daß er also die Wahrheit
gesagt hatte, und wenn ich auch den Bierverleger für verrückt
hielt, kannst Du Dir doch denken, wie ich mich vor dcn anderen
Gästen schämte, als der bserr Doktor Lyandcr die ganze Ge-
schichte in seiner feinen, liebenswürdigen Meise erzählte und
so lustig dazu lächelte; und da ich wußte, daß Du erst gestcrn
Dein ganzes bares Geld dem Weinlieferanten geschickt hattest,
bat ich den tserrn Lyander ganz leise, Dir doch die hundert
Mark mitzunehmen, und wirklich, er tat mir den Gefallen, der
liebe tferr, und nahm das Geld — —
„Das glaub' ich," knirschte der vernichtete Schulze.
„Da er so wie so noch einmal nach der Aneipe müßte,
wie er sagte, um seinen wichs anzulegen." Also schloß Frau
Lieschcn ihren Bericht. — „Aber das sag ich Dir, Schulze,"
fuhr sie nach einer kurzen pause fort, „mit diesem Schuft von
Bierverleger, mag er nun verrückt sein oder nicht, hörst Du
aufl Nicht einen Tropfen nimmst Du mehr von ihml Ver-
standen?!" —
tferr Schulze stöhnte wie ein weidwunder bfirsch. Blitz-
artig ward es ihm osfenbar, in welch schlauer lveise ihn Lyander
überlistet, in seinem eigenen Netze gefangen hatte; aber viel
schlimmer als diese Lrkenntnis war die Forderung seiner Frau,
mit dem Bierverleger zu brechen. Das war unmöglich l Diesen
Mann, der ihn früher xekuniär unterstützt hatte, dem er zum
guten Teil seine Lxistenz verdankte, durfte er nicht ohne Grund
vor den Aopf stoßen. Lsier gab es nur ein Mittel, um aus
der verlegenheit zu kommeni unumwunden die Wahrheit zu
sagen!
„Lieschen, — mein liebes Lieschen" — ächzte !ferr Schulze,
„sei mir nicht böse, aber — aber — das mit dem Bierverleger
war nicht wahr."
„Was?l Nicht wahr?I"
„ksör mich an, mein gutes Lieschcn, sei mir nicht bösel"
bat er kläglich. „Ich — ich — wollte die Studenten, die bferren
Zittuavier, ein — ein bißchen ärgern, und — und — da habe
ich — habe ich verlangt, sie sollten — sie sollten ihre Schulden
bei mir bezahlen — hundert Atark — und das — und das
haben sie mir übelgenommen — und sind — und sind — aus-
gezogen, von mir fort."
„Ausgezogenll — Deiue besten Gästell — Und die hundert
Ulark, die ich dem lferrn Lyander mitgegeben habe?!" —
„Die hat er mir gegeben. Damit haben — die bserrcn
Studenten — ihre — ihre — Schulden bezahlt. — — —"
„D, Du Gchs aller Vchsenll" —
lveiter vermochte Frau Lieschen für den Augenblick nichts
hervorzubringen, aber als sie sich ein wenig gesammelt hatte,
prasselte eine Rede von solcher Lnergie und Ursprünglichkeit
des Ausdrucks auf Schulzen nieder, wie er noch nie eine ver-
nommen hatte.
Vernichtet, ein Schatten nur seines früheren Selbst, wankte
er bald darauf nach kfause: Lyanders sdrophezeiung, er werde
es noch unter Iammern und kseulen bereuen, so dumm, so
bodenlos dumm gehandelt zu haben, war glänzend in Erfüllung
gegangen.
Dcr Iiachmmm.
Freier: „Zur Zcit habe ich etwa dreitausend Mark Lin-
kommen; doch wird dasselbe in zwei bis drei Iahren sicher
viertausendfünfhundert Nark betragen."
Geograxhieprofessor: „Na, mcin wertgeschätzter Lserr, da
wollen wir mit dem theiraten doch noch warten, bis Sie
von der Ingspitze auf das Matterhorn gekommen sind."
Äbcnds.
M n Deine Schwelle komm' ich gern,
o-s Wenn blaue Schatten sinken
Und auf dem fahlen tfimmelsplan
Die ersten Sterne blinken.
Am trauten Lserde sitzest Du
Und sinnest in das Dunkel,
In Deinem tserzen leise glimmt
Der Liebe still Gefunkel.
Und schweigend schmiege ich Dein tsaupt
An meine Brust und bete,
Daß nie ein schlimm'rer Gast als ich
In Deinen Frieden trete.
Hans Fraungriibcr.
^indcsbogilr.
tsans (zum glatzköpfigen vater>: „paxa, hat Dlch der Storch
aus dem plattensee gefischt?"
Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für bserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Ivien I.
Vrrlsg von I. F. Schrriber in Münchrn und Cßlingrn
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Kindeslogik
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Hans (zum glatzköpfigen Vater): "Papa, hat Dich der Storch aus dem Plattensee gefischt?"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 636, S. 120
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg