Meggendorfer-Blätter, München
Oer Vorschlag Faßls wurde mit stürmischenr tsallo auf-
genommen, und allsogleich ,nachten sich die angeheiterten Gam-
brinusbrüder auf die schwankenden Beine, um ihn auszuführen.
seine Zechgenoffen einsprach. „kfört," sagte er mit etwas un-
sicherer Stimme, „wir unterlassen für heute das Ständchen und
spielen dem habgierigen Nachtwächter dafür einmal einen wohl-
verdienten Possen. Denn schon steckt er wieder in der ver-
wünschten Tonne und ist seiner gewinnsüchtigen Sache so stcher,
daß er sogar sein Licht brennen läßt. Ich sehe aber nicht ein,
warum wir uns unsre letzten Rnöpfe von dem schlauen Fuchse
abjagen lassen sollen, da wir zufällig eine so schöne Gelegenheit
haben, ihm eine tüchtige Lektion zu geben."
Lebhafter noch, als vorhin dem Vorschlage Faßls, wurde
dieseni neuen Plane zugestimmt, und auf den Zehenspitzen schlichen
die Studentcn unter Spunds Führung auf die verdächtige Tonne
zu. Lin schwacher Lichtschein schimmcrte durch die Ritzen der-
selben, und ncben der Tonne lehnte der rostige 5xieß, kein
Verfeblte Spekulation.
Humoreske von A. Lenz.
as liebe Moos war ihm wieder einmal
ausgegangen, dem Faßl, und wenn auch
das für den durstigen Ulusensohn nichts
Außergewöhnliches vorstellte, so war doch
diesmal die Situation eine ganz ver-
wünscht kritische. Alles, was nur halb-
wegs wert besaß, war bereits zum Pfandleiher gewandert,
ja sogar die pfandscheine waren schon wieder verkauft, keiner
seiner Aommilitonen konnte oder wollte ihm xumpen, ja nicht
einmal sein Leibfucks
Spund. , ... -
Und während die - ^ -
anderen nach kferzens-
lust sangcn und zechten,
saß der arme Abge f
branntc melancholisch
neben seinem lcercn f
Aruge und kaute an ^
Aber ' sollte denn
ihm, dem vielgewandten U? ^ ch-'' '
Pumxgenie, diesmal /L !>.,
wirklich kein Uiittel ein-
fallen, die Finanzkalami-
tät wenigstens einigermaßen zu mildern? Das wäre doch ein
noch größeres Armutszeugnis gewesen, als es 6s lacto sein
Geldbeutel war. Und es müffen wohl für den Uundigen in dem
magischen (gualme der pfeife gewisse Gffenbarungen liegen,
denn Faßls Niienen wurden nach und nach immer heller, und
als endlich nach Ulitternacht die Aneixe geschlossen wurde, er-
hob er sich und machte seinen Uommilitonen folgenden vorschlag.
„Nleine lieben Brüder! Wollen wir nicht einmal unserer
Louleurflamme, der schönen Laura, ein flottes Ständchen bringen?
Diese Leimfieder von Sxießbürgern müffen doch wieder einmal
etwas zu hören kriegen, sonst holt sie noch der heilige Schlaf-
mützius. Der Nachtwächter, der alte Schliugel, wird uns nicht
allemal crwischen, und was tut's, wenn er uns wirklich abfaßt?
Lr ist ein guter Aerl; wir geben ihm ein hübsches Trinkgeld,
und er zeigt uns nicht an."
Das Städtchen, in welchem die Studenten hausten, war sehr
klein und hatte nur einen Nachtwächter, der, wie Faßl schon
bemerkt hatte, ein alter Schlingel war, nebenbei aber war er
auch ein hsrzlich armer Schlucker, der wenig verdiente. Lr
kannte indes seine Leute und hatte eine wahre Aunstfertigkeit
erlangt, die Ruhestörer unvermutet zu überfallen. Nlit einem
wahrhaft staunenswerten Aufwand von Würde drohte ihnen
dann das nächtliche Auge des Gesetzes mit allen Strafen, die
nur seine Phantasie ersinnen konnte. Doch die kjerren Studenten
kannten ihren Paxpenheimer und schossen die letzten Nickel zu-
sammen als Pflaster für das zarte Gewiffen der beleidigten
Gerechtigkeit. Zu diesen seinen Gperationen hatte sich der
schlaue Alte alle möglichen und unmöglichen kjinterhalte aus-
gesucht, aus denen er.dann mit finsterer Amtsmiene als rächendes
Ungewitter auf die Sünder herniederging. So stand z. B. in
der Nähe von Lauras lhause eine große Tonne, die ihm schon
oft für seine hinterlistigen Nianöver gute Dienste geleistet hatte. —
Pfeifend und johlend schritten die feuchtfröhlichen Nkusen-
söhneimGänsemarsch
das enge Gäßchen
herab, immer nciher
kamen sie der Stelle,
wo schnöder verrat
dcr Arglosigkeit lau-
erte, als auf einmal
dcr Lärm verftummte
und dic Schar bfalt
machtc. Liuer der
Burschen, Spund, j
war es, der lhalt ge-
botcu hatte und nun
im Flüstertone auf
Oer Vorschlag Faßls wurde mit stürmischenr tsallo auf-
genommen, und allsogleich ,nachten sich die angeheiterten Gam-
brinusbrüder auf die schwankenden Beine, um ihn auszuführen.
seine Zechgenoffen einsprach. „kfört," sagte er mit etwas un-
sicherer Stimme, „wir unterlassen für heute das Ständchen und
spielen dem habgierigen Nachtwächter dafür einmal einen wohl-
verdienten Possen. Denn schon steckt er wieder in der ver-
wünschten Tonne und ist seiner gewinnsüchtigen Sache so stcher,
daß er sogar sein Licht brennen läßt. Ich sehe aber nicht ein,
warum wir uns unsre letzten Rnöpfe von dem schlauen Fuchse
abjagen lassen sollen, da wir zufällig eine so schöne Gelegenheit
haben, ihm eine tüchtige Lektion zu geben."
Lebhafter noch, als vorhin dem Vorschlage Faßls, wurde
dieseni neuen Plane zugestimmt, und auf den Zehenspitzen schlichen
die Studentcn unter Spunds Führung auf die verdächtige Tonne
zu. Lin schwacher Lichtschein schimmcrte durch die Ritzen der-
selben, und ncben der Tonne lehnte der rostige 5xieß, kein
Verfeblte Spekulation.
Humoreske von A. Lenz.
as liebe Moos war ihm wieder einmal
ausgegangen, dem Faßl, und wenn auch
das für den durstigen Ulusensohn nichts
Außergewöhnliches vorstellte, so war doch
diesmal die Situation eine ganz ver-
wünscht kritische. Alles, was nur halb-
wegs wert besaß, war bereits zum Pfandleiher gewandert,
ja sogar die pfandscheine waren schon wieder verkauft, keiner
seiner Aommilitonen konnte oder wollte ihm xumpen, ja nicht
einmal sein Leibfucks
Spund. , ... -
Und während die - ^ -
anderen nach kferzens-
lust sangcn und zechten,
saß der arme Abge f
branntc melancholisch
neben seinem lcercn f
Aruge und kaute an ^
Aber ' sollte denn
ihm, dem vielgewandten U? ^ ch-'' '
Pumxgenie, diesmal /L !>.,
wirklich kein Uiittel ein-
fallen, die Finanzkalami-
tät wenigstens einigermaßen zu mildern? Das wäre doch ein
noch größeres Armutszeugnis gewesen, als es 6s lacto sein
Geldbeutel war. Und es müffen wohl für den Uundigen in dem
magischen (gualme der pfeife gewisse Gffenbarungen liegen,
denn Faßls Niienen wurden nach und nach immer heller, und
als endlich nach Ulitternacht die Aneixe geschlossen wurde, er-
hob er sich und machte seinen Uommilitonen folgenden vorschlag.
„Nleine lieben Brüder! Wollen wir nicht einmal unserer
Louleurflamme, der schönen Laura, ein flottes Ständchen bringen?
Diese Leimfieder von Sxießbürgern müffen doch wieder einmal
etwas zu hören kriegen, sonst holt sie noch der heilige Schlaf-
mützius. Der Nachtwächter, der alte Schliugel, wird uns nicht
allemal crwischen, und was tut's, wenn er uns wirklich abfaßt?
Lr ist ein guter Aerl; wir geben ihm ein hübsches Trinkgeld,
und er zeigt uns nicht an."
Das Städtchen, in welchem die Studenten hausten, war sehr
klein und hatte nur einen Nachtwächter, der, wie Faßl schon
bemerkt hatte, ein alter Schlingel war, nebenbei aber war er
auch ein hsrzlich armer Schlucker, der wenig verdiente. Lr
kannte indes seine Leute und hatte eine wahre Aunstfertigkeit
erlangt, die Ruhestörer unvermutet zu überfallen. Nlit einem
wahrhaft staunenswerten Aufwand von Würde drohte ihnen
dann das nächtliche Auge des Gesetzes mit allen Strafen, die
nur seine Phantasie ersinnen konnte. Doch die kjerren Studenten
kannten ihren Paxpenheimer und schossen die letzten Nickel zu-
sammen als Pflaster für das zarte Gewiffen der beleidigten
Gerechtigkeit. Zu diesen seinen Gperationen hatte sich der
schlaue Alte alle möglichen und unmöglichen kjinterhalte aus-
gesucht, aus denen er.dann mit finsterer Amtsmiene als rächendes
Ungewitter auf die Sünder herniederging. So stand z. B. in
der Nähe von Lauras lhause eine große Tonne, die ihm schon
oft für seine hinterlistigen Nianöver gute Dienste geleistet hatte. —
Pfeifend und johlend schritten die feuchtfröhlichen Nkusen-
söhneimGänsemarsch
das enge Gäßchen
herab, immer nciher
kamen sie der Stelle,
wo schnöder verrat
dcr Arglosigkeit lau-
erte, als auf einmal
dcr Lärm verftummte
und dic Schar bfalt
machtc. Liuer der
Burschen, Spund, j
war es, der lhalt ge-
botcu hatte und nun
im Flüstertone auf
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Verfehlte Spekulation
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 639, S. 148