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Meggendorfer-Blätter, München

f06


-künstlich nachhelfcnl" — — —

„Da, schau Mutterl Der Anzug ist schon eingegangenl" —

Abgewöhni.

as kfotel zum „Schwanen" in F., einer kleinen bayrischen
Gebirgsstadt, ganz nahe der österreichischen Grenze, ge-
noß seit lange den berechtigten Ruf, das beste Gast-
haus in der Umgebung zu sein. wer beiin „Schwanen" abstieg,
war gut aufgehoben und wußte von vornherein, daß dort bei
mäßigen Preisen eine vorzügliche verpflegung seiner wartete.
Die Betten waren gut, das Lssen reichlich, das Bier frisch und
vollends der Raffee überragte durch seinen aromatischen Duft
alles andere an Güte und Schmackhaftigkeit. Dieser war es
auch hauptsächlich, dem der „Schwan" seinen guten Ruf und
den starken Zulauf der Fremden verdankte, und nicht selten sah
an schönen Sonntag-Nachmittagen der wirt von dcr „blauen
Gans" zu seinem größten Aerger, wie ganze Scharen aus der
Umgebung dem „Schwanen" zupilgerten, dort Garten und
Veranda bis auf das letzte Plätzchen füllten und mit sichtlichem
Wohlbehagen das goldgelbe Gebräu schlürften, das der Schwanen-
wirt so meisterhaft zuzubereiten verstand.

Das war, solange der alte, gutmütige Schwanenwirt Iosef
Alampferl cin behäbiger Witwer blicb. Aber als ihn der Ueber-
mut xlagte und er sich ein junges Meib nahm, da geschah es,
daß der gute Ruf des „Schwanen" gar bedenklich ins wanken
geriet und daß gar bald die „blaue Gans" die Gberhand hätte
gewonnen über den „Schwanen".

Und das kam so i Als die junge Frau kfeerschau gehalten
hatte über alle ihr zugefallenen therrlichkeiten, da nahm fie
die Geschäftsbücher zur tfand, verglich das Soll und tfaben
miteinander, prüfte genauestens Linnahmen und Ausgaben
und war bald davon überzeugt, daß diese beiden nicht im
richtigen verhältnisse zueinander standen. Besonders war es
der Aaffee, der ihr stark „in die Nase stieg", nicht wegen
seines bekannten feinen Geruches, sondern wegen des nach
ihrer Nteinnng geringen Rcingewinnes daran. Tagelang
rechnete sie, schrieb ganze Bögen voll Zahlen und schließlich
stand fie vor dem überraschcnden Resultat, daß ihr Utann zwar
ein guter Utensch aber ein herzlich schlechter Geschäftsmann sei
und daß der Gewinn am Aaffee schier das Doppelte übersteigen
müßte, wenn dieser mit einem entsprechenden cpuantum Lichorie
verdünnt würde.

In einem gemütlichen Plauderstündchen teilte sie dieses
Lrgebnis mit rücksichtsooller Schonung dem Gatten mit. Doch
das Mort „Lichorie" fuhr kjerrn Iosef Rlampfcrl wie weiß-
glühender Stacheldraht durchs tferz, und beängstigend schnappte
er mit dem Ukunde wie ein seinem Llement entrisfener Aarpf.
Lr wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirne, und
dann griff er mit seinen beiden inächtigen Pranken nach der
kfand der jungen Frau und gutmütig und umständlich, wie der
Schwanenwirt ininier war, begann eri

„Sixt, Aatherl, wenn ma's a so betracht' — mei selige Alte
und i, wir hab'n uns dös kfäusl da erstanden, da war's so
kloa" — und dabei maß er mit der thand ein lächerlich geringe
Spanne vom Boden aus — „no — und durch Fleiß und durch
Lhrlichkeit und durch reelle Bedienung und vor allem durch
unsern ausgezeichneten Aaffee hab'n wir die Leut angewöhnt,
und so hab'n wir uns Iahrl für Iahrl was z'rückleg'n könna
und hab'n Iahrl für Iahrl wieder an Stoa dazuakaft, bis
schließli das lfäusl da so word'n is, wie's jetzt eb'n is. — Dös
mit der Lichorie, Ratherl, dös schlag' Dir aus dem Sinn', dös
sprcchat sie rum in der Stadt, der eine tat's dem ander'n sag'n,
riacha taten sie's und schmecka, s' G'schäft lassat aus und am
Lnd müaßt ma wieder Stoa um Stoa abtrag'n vom tfäusl —
und dös, dös wirst net woll'n."

Das Aatherl hatte während des langatmigen Sermons schon
einigemale nervös mit den Füßen getrippelt, und als jetzt der
Schwanenwirt endlich nach Atem rang, da hielt sie ihm entgegen,
daß man das eben schlau anzupacken hätte, daß man die Lichorie
freilich nicht in der Stadt kaufen dürfe, damit's jedermann weiß,
sondcrn daß man ihn vielmehr herüberschmuggeln müsse aus
dem Gesterrcichischen über die Grenze. Als aber der „liebe
Papi" gar nicht einwilligen wollte, da zuckte sie verächtlich die
Achseln, schürzte schmollend die Lippen und warf das Aöxfchen
trotzig zurück.

wäre der gute Alamxferl ein besserer Ulenschen- und
besonders ein gewiegterer Frauenkenner gewesen, danu hätte er
freilich wissen müssen, daß das alles hätte heißen sollen: „Und
ich tu's doch!" So aber war für ihn die Sache erledigt und er
war recht froh, daß das Aatherl nichts mehr davon sxrach. —

Wenige Tage später saß dcr Schwanenwirt Iosef Alampferl
zufrieden wie immer auf der klcinen veranda, schinauchte sein
Uiorgenpfeifchen und freute sich auf den guten Aaffee. Aber
kaum hatte er den ersten Tropfen davon im Munde, als sein
gutmütiges Gesicht sich zur entsetzlichen Grimasse verzerrte.
verstört schaute er auf das vor ihm stehende Getränk und
immer wieder kam es tonlos von seinen Lippen: „Lichoriel
Lichoriel Lichorie!" So hatte sie's also doch getanl Als er
sich von seinem Lntsetzen erholt hatte, ging er langsam zu seiner
jungen Frau und wieder begann er:

„Sixt, Aatherl, wenn ma's a so betracht'" — aber sie ließ
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Der neue Schulanzug
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: - - künstlich nachhelfen!" - - - // "Da, schau Mutter! Der Anzug ist schon eingegangen!" -

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pommerhanz, Karl
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Mutter
Sohn
Kind
Anzug
Schule
Wasser
Brunnen
Wasserpumpe
Idee
Schrecken
Kleidung
Schrumpfen

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 53.1903, Nr. 649, S. 106

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
 
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