Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfer-Blätter — 53.1903 (Nr. 641-653)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16703#0157
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeltschrift für Humor und Auust

f53


Er lag in einer kleinen, japanischen Achale in einer Ecke
des Nähtischkastens und wurde wie ein tfeiligtum aufbewahrt.
Die jünge, zarte Frau litt öfters an nervösem Aoxfschuierz.
Wenn dann der kjerr Gemahl ins Zimmer trat, setzte sie sich
in den weichen Sessel, schloß die Augen und seufzte:

„Ach Vttokar

Er wußte dann schon Rat, holte schleunigst den Migräne-
stift und strlch ihr lind und liebevoll die Stirn.

„Ah . . wie wohl das tutl wie das kühlt! . . . Jch danke
Dir, Du Guter!" Gs folgten stets einige Aüsse und das kleine
Uebel war beseitigt. —

Manchmal kam aber auch der Ljerr Doktor nach an-
strengendem Dienst müde und matt nach Ljause, warf sich auf
die Gttomane und stöhnte:

„Ach Ljänsel ....!"

5ie brachte dann lächelnd den Migränestift und kühlte
liebkosend die hohe Stirn.

„Ah . . wie erfrischend! Mie angenehml Innigen Dank,
Du Süße!" — Auch hier waren Aüsse die unvermeidliche Folge.
— 5o verlebten beide trauliche Stunden und immer war der
Migränestift das glückbringende Zaubermittel.

Eines Tages trat in dieser lsonigkuchenxeriode ein fataler
Umstand ein. Damerow war gerade beschäftigt, in einem
dicken Aataloge mit Bleistift einige für ihn xersönlich berech-
nete Bemerkungen einzutragen, als sich seine junge Frau
von ihm vernachlässigt glaubte. Um dem abzuhelfen, stemmte
fie den Aoxf leicht auf und flüsterte tieftraurig:

„Ach Dttokar ....!"

Damerow erhob sich lächelnd, um den kleinen Tröster zu
holen. Wer beschreibt aber sein Lntsehen, als er in die leere
Lchale blickte — der Mentholstift war weg. — Iohanna öffnets
die Augen ein wenig, weil er gar so lange suchte und kramte.

„Ia, liebster 5chatz, diesmal kann ich Dir beim besten
Willen nicht helfenl"

„Wie — warum nicht?" Sie sxrang schnell auf und war
mit einem Male verhältnismäßig sehr munter.

„lvarum nicht? Nun, weil unser werter Freund nicht
mehr da ist. Ich finde ihn nichtl lhier fieh, bitte, selbst nachl"

„Aber das ist ja nicht möglichl" rief sie emxört, indem
sie ihren Gatten mißtrauisch ansah. Sie suchte dann, aber
ebenfalls ohne Erfolg. — „Gttokar — das geht nicht mit
rechten Dingen zu! D — ich dachte mir's schonl Ia, ja —
nun sehe ich klar!" Sie wurde ganz aufgeregt.

„Gutes Aind — jetzt wirst Du mir noch wirklich krank!"

„Bttokar — wenn es wahr ist — o . . .!"

„Aber Ljänsel, was soll denn wahr sein?"

„lfeuchle nicht! Du hast ihn versteckt, Du selbst! Du bist
dieser Tändeleien müde — Deine alten, stockfleckigen Bände
find Dir lieber als ich l Ach, unser Glück schwindet dahin — ich
arme, arme Fraul" Ihre Stimme erstickte in einer Tränenflut.

Der Doktor war xerxlex.

„Iohanna, Du irrst! Wie kommst Du überhaupt auf diese
abenteuerlichen Gedanken? Ich selbst sehe nichts lieber, als
wenn mir Deine weiche, behutsame Ljand mit dem schmerz-
stillenden Dinge Rettung bringt I Ich bin natürlich gleichfalls ver-
wundert, daß der Mentholstift spurlos verschwunden sein soll!"

„Aber ich kann nicht leben ohne Migränestift, und hier in
dieser Schale muß er wieder liegen!"

„Ich werde Dir morgen einen andern mitbringen! Viel-
leicht finden wir dann auch den alten wieder!"

Als Damerow den nächsten Morgen in der Bibliothek
tätig war, schickte sich Iohanna an, das unentbehrliche Ljeil-
mittel selbst zu besorgen. Das Dienstmädchen mochte sie nicht
gern beauftragen, das war noch so treuherzig dumm und un-

geschickt und brächte am Ende etwas Falsches. Doch da fiel
ihr ein — das Mädchen — die Mina — sollte sie . . . Nein
dochl Das war nicht zu glauben . . . Der Gedanke nötigte ihr
ein Lächeln ab. U)o war sie nur?

„Mina!?"

Aeine Antwort. — In der Aüche war sie nicht, im Schlaf-
zimmer nicht, auch nicht im Salon. Vielleicht in ihrem Stüb-
chen . . . Iohanna näherte sich leise der Tür und sah durchs
Schlüsselloch. Grenzenloses Erstaunen! Da stand das Mädchen
vor dem Sxiegel und bearbeitete heftig ihre Stirn.

Die junge Frau öffnete schnell nnd stand mit strengem Blick
der Erschrockenen gegenüber.

„Mina! lvas treiben Sie hier?"

„Ich hatte — ich wollte — ach, Frau Doktor, nehmen Sie's
bloß nicht Lbel . . ." Sie wurde blutrot.

„Sie haben mir meinen Migränestift entwendet, und wir haben
das Ding gestern stundenlang gesucht!" (Schiuß nächst- s-iic.)

Modern.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Modern
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Der Ueberbauer

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Futterer, August
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Mann
Bauer
Kleidung
Kette <Schmuck>
Spazierstock
Tracht
Zigarette
Monokel

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 53.1903, Nr. 653, S. 153
 
Annotationen