Meggendorfer-Blätter (55.1903 (Nr. 667-679))

Zeitschrift für Humor und Aunft

Lange Aufenthaltsdauer.

Sekundärbahnbeamter: „Ligent-
lich rnüßten uns unsere Reisenden statt
des gewöhnlichen Fahrxreises eine Art
Wohnungsmiete zahlen."

öLerbstbitd.

^Mie sonnenwarme Flur verkühlt,

Das feinste Rieseln bleicht die Luft.
Wie ein vergesf'nes Aindlein spielt
Das goldne Blatt im Nebelduft.

Lin Luftchen holt es zärtlich heim,
lfinschwebt das Teelchen wie ein Flamn.
Und seufzend hüllt sich dichter ein
In Nebel der verwaiste Baum.

Martin Lang.

Äin (Linsichtsvoll'er.

1->err Tobias lfälmle war Professor.

Er gehörte also zu den Leuten, die
nicht nur in lVitzblättern, sondern auch in
Wirklichkeitihre Regenschirme stehen lassen.
Lines Tages nun kam er bei triefendem
Regen xudelnaß in seinem Stammlokal
an. Seine erste Frage an den Aellner
war: „Sagen Sie, habe ich nicht gestern
hier meinen Regenschirm stehen lassen?"

Der Aellner erwiderte, daß dies
allerdings der Fall gewesen; der Schirm
sei ihm aber, wie fast alltäglich, alsbald
durch den Pikkolo in sein lsaus gebracht
worden.

„So, so," bemerkte der Professor, „ich
danke schön. Aber noch dankbarer wäre
ich, wenn Sie mir ihn jetzt dort holen
würden, damit ich ihn wenigstens auf
dem lseimwege habe, es regnet ja ganz
abscheulich."

Der Aellner lächelte verschmitzt.
„Sagen Sie, lserr Professor," meinte er,
„wäre es nicht einfacher, man ließe ihn
gleich dort, denn Sie werden ihn ja doch
wieder bei uns stehen lassen und wir
müßten ihn dann wieder hinbringen?"

Professor lsälmle, der eben seine
Brillengläser putzte, setzte auf diese merk-
würdige Frage hin die Brille bedächtig
auf und betrachtete den Aellner mit sinnen-
dem Blick.

Lndlich legte er mit einem lseureka-
Ausdruck den Finger an die Nase und
bemerkte wohlwollend: „Ia wahrhaftig,
da haben Sie ja eigentlich rechtl Schade,
daß Sie nicht Logik bei mir gehört haben,
5ie wären einer meiner besten Schüler."

Und mit dem erhebenden Bewußt-
sein, von einem Aellner etwas gelsrnt
Zu haben, setzte sich der Durchnäßte an
seinen Tisch und verlangte die Ieitung.

P. S.


Im LLotel.

Lrster Tourist: „Aaum liege ich im lsotelbett, da schlafe ich auch schon und träume,
ich sitze an der tuble clAüts und lasse mir das Diner —"

Zweiter Tourist: „Pstl Der Gberkellner ist in der Nähe. Wenn der das hört,
setzt er Dir das geträumte Diner auf die Rechnung."

Mlßtrauisch.

Braut lauf dem St-indesamt): „Du, was sollte der stumme lsändedruck bedeuten, den
Du mit dem andern Bräutigam gewechselt hast; geteilte Freude oder geteilter Schmerz?"

Mildernder Unrjtand.

Richter: „Sie geben also zu, die Zigarren gestohlen zu haben; haben Sie etwas
anzuführen, was Ihre Strafe mildern könnte?"

Angeklagter: „Iawohl, ich rauche sonst eine bessere Sortel"

Dorjlchtig.

Freund <zum andern, der angclt): „Man sah doch, daß nichts angebissen hatte, warum
zogst Du denn eben die Angel so rasch heraus?"

— „Bberhalb von hier ist gerade ein älteres Fräulein ins lvasser gehüxft."

Äin guter Kerl.

Uteister <zu einem sechtenden handwerk-burschen): „Arbeit wollen Sie? Ich hab' selber
nix zu tun."

— „Ach, dann könnten Sie mir ja msine zwei j)aar Stiefel besohlenl"