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Meggendorfer-Blätter — 55.1903 (Nr. 667-679)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16705#0038
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Meggendorfer-Blätter, München

5^


„Ltatürlich hat der lferr Meister die Türe wieder abgesperrtl
Na, ich werd' ihn schön herausläutenl

Autschl - ksimmel, «ruzi Türkenl"

Das Lasenbrot.

lljahrlich im lserbst, kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs, ist
in den engen, krunrmen Gassen eines Städtchens am Fuße der
Schwälnsche» Zllb „der vater mit dcm Sohne" eine tyxische
Lrscheinung. Dcr Alte zeigte gewöhnlich das stolze Selbstbewußtsein,
welches dem wohlhabenden ländlichen Grundbesitzer Aleinstädtern
gegenüber die Brust schwellt. Er ist Autokrat auf seineur ksofe und ver-
leugnet auch anderswo die therrschernatur nie ganz, obgleich er nur seine
angestammte Lederhose, das U)ams mit den silbernen Augelknöxfen und
den Dreisxitz trägt, und das Büblein, das neben ihm hertrollt und
bereits herrisch gekleidet ist, hat keine Ahnung davon, wie weit es
eigentlich herabsteigt, wenn es auf die väterliche Lrbfolge verzichten und
sich zu einem studierten Sklaven heranbilden will. Denn um die Lr-
füllung eines solchen kühnen Wunsches anzubahnen, kam der vater
mit dem Sohn nach B —hausen, allwo sich eine Lateinschule bcfindet
und wo man bei dem bserrn Präzeptor Buchmair gut aufgehoben ist.

bserr und Frau Präzextor Buchmair hatten vor Iahren das sog.
Schloß, das etwas außerhalb des Städtchens lag, erworben und eine
Rnabenxension darin errichtet, die immer gut besucht war. kjerr Buch-

mair war der gewissenhafteste Förderer des häuslichen
Fleißes und der geistigen Tätigkeit seiner penfionäre,
welche immer mit zu den besten Schülern ihrer Alassen
gehörten, und dem ungehobeltsten Bauernjungen wurde
„im 5chloß" in kurzer Ieit ein Schliff beigebracht, der
ihm sein ganzes Leben lang nützlich war. Grdnung
und fdünktlichkeit war das erste Gesetz im Lsause; alles
blitzblank von unten bis oben, Reinlichkeit und frische
Luft überalll

Wenn es in der Pension Buchmair etwas zu tadeln
gab, so war es die allerdings nicht ganz unwichtige
Tatsache, daß am Lssen mehr als nötig gesxart wurde.

Aber, wer kann es der Frau Präzeptor übelnehmen,
wenn sie bei den 60 Niark monatlich, die jeder Iunge
zahlte, auf ihre Aosten zu kommen suchte? Aus reiner
Menschenfreundlichkeit belastet sich selten jemand mit
einem Dutzend sremder Ainder und an sünf eigenen
Töchterchen hätte die Mutter ihre xädagogischen Talente
genügend üben können. Aber sür diese fünf Töchter
wollte sie etwas erwerben und je mehr ihr Mammon sich
häuste, um so enger und genauer wurde sie. Glücklicher-
weise waren die pensionäre von zu bsause immer mit
einem anständigen Taschengeld versehen, und die Bäcker-,
Dietzger- und Vbstfrauen des Städtchens hatten an den
Buben vom Schloß sehr gute Aunden. Der lserr
Präzextor litt nicht am wenigsten unter der teuren
Gattin und sühlte nicht selten hestige Gewissensbisse.
Aber bei einem richtigen Pantoffelhelden können eben
die besten und edelsten Gefühle erstickt werdenl

Lines schönen Tages stand die Frau präzextor in
der Aüche, wo auf dem großen Tisch sünfundzwanzig
Laibe Schwarzbrot dampften, welche die Alagd soeben
aus dem Vfen gezogen hatte. Die fünsundzwanzig
Brotlaibe glichen fünfundzwanzig steinernen ksalbkugeln,
so hart, so kompakt und so schwer waren sie. Die
ksausfrau befand sich in denkbar schlechtester Laune,
denn sie staud zweisellos vor der uuangenehmen Tat-
sache, dcn Preis von zirka einem Zentner Uiehl in ihr
Verlustkonto eintragen zu müssen. Dieses Verlustkonto
war ganz hinten in ihrem lieben Sparbuch angelegt
und zeigte lauter ausgestrichene Zahlen, denn die gute
Frau ruhte jnicht cher, als bis sie auf irgend eine Weise
das verlorene Geld wieder hereingebracht hatte. Bis
cs aber erst so weit war, hatte sie schlaflose Nächte
und befand sich in einem sehr aufgeregten Iustande.
So auch diesmall Aber nach ein paar schliinmen Tagen
schien sie die Lösung des schwierigen problems gefunden
zu haben, denn sie hatte eine lange Unterredung mit
ihrem Gatten, und als cine Folge dieser Unterredung
war es zu betrachten, daß der brave, gute pantoffel-
hcld am nächsten Sonntag nach dem Sonntagsgottes-
dienst seinesIöglinge aufforderte, mit ihm einen Sxazier-
gang durch die im bserbstschmuck prangenden Wälder
zu machen.

Lrwartungsvoll, sreudig bewegt harrte die jugend-
liche Schar ihres Führers, als die getreue Nährmutter
erschien und sich außerordentlich liebenswürdig nach
Ziel und Zweck des Ausflugs erkundigte.

Vierzehn krästige Bubenstimmen brüllten: „In
den lvald, Frau Präzeptorl"

„Ach wie hübschl" rief die Dame, „da wcrdet ihr
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Der bestrafte Wucherer
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Natürlich hat der Herr Meister die Türe wieder abgesperrt! Na, ich werd' ihn schön herausläuten! // Autsch! - Himmel, Kruzi Türken!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pommerhanz, Karl
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Streich <Scherz>
Klingel
Türklingel
Handwerker
Mann
Schulden
Geld
Verbrennung
Schadenfreude

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 55.1903, Nr. 669, S. 34
 
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