Zeitschrift für Huinor und Aunst
s35
Der golöene Reif.
MLrlein von C. A. Henirig.
n dein rNärchenwalde, wo die Sonne niemals untergeht,
^ wo die Sternlein funkeln wie der reinste Rristall und
^ ^ der Mond pure Silberflocksn herniederfließen läßt, wohnte
ein Nägdlein, das war so schön wie eine Nixe aus dem
grünen Nieeresgrunde und so zart wie eine Llfe aus dem Feen-
reiche. Ueber seinem Lsaupte schwebte ein goldener Reif, der
so viel wert war wie ein ganzes Uönigreich, und dessen Glanz
durch den ll)ald hindurch erstrahlte bis in das Tal, wo die
Nenschen wohnten. Das Mägdelein aber saß auf einer Moos-
bank und blickte mit seinen großen Augen nach einem Lreiers-
mann aus. Denn es fühlte fich in dem großen walde so allein
und verlassen und trotz seines goldenen Reifes so arm, und sehnte
sich darum nach femand, der es recht von Herzen lieb
Und es kamen auch gar viele Freiersleute von nah und
fern; Ränigssöhne und edle Grafen, Ritter und Bürgerssöhne
und wohl auch arme Schlucker die schwere Rlenge.
Aber sie alle griffen zuerst nach dem goldenen Reif und
meinten damit auch das Rkägdelein zu besitzen, aber der Reif
wandelte sich unter ihren Lsänden in flüssiges Feuer und das
zarte Rkägdelein ward zur greulichen Ifexe, die ihnen die Augen
auskratzte.
Lines Tages aber kam ein Hirtenknabe durch den ll)ald
gezogen und blies eine gar traurige N)eise auf seiner Fläte.
Denn er hatte weder
Vater noch Rkutter mehr,
und vor kurzem war ihm
auch sein letztes chchäf-
lein gestorben. Als er
des Rkägdeleins ansichtig
wurde, ward ihm so
wundersam zu Rkute, daß
er vor ihm niederknieen mußte, und er legte
sein Lockenhaupt in des RkLgdeleins 5choß und
weinte.
Lr mußte weinen, weil er gar so arm und
das Rkägdelein gar so schön war. Und siehe da,
leise senkte sich der goldene Reif hernieder und
umschloß die beiden einsamen Rkenschenkinder mit
seinem goldenen Glanze. Und das Rkägdelein
beugte sich herab und küßte den Hirtenknaben
auf den bleichen Rkund. Da ward ihm auf ein-
mal so selig zu Rkute, daß er alle ll)elt um sich
herum vergaß und sprach: „sZch will immer bei
Dir bleiben, Du Ifolde, und niemals von Dir
fortgehen."
Und so lebten die beiden glücklich und zu-
frieden im Märchenwalde und lehrten den lauschen-
den vögelein wunderliebliche Lieder. Die väqe-
lein aber flatterten hinaus in die ll)elt, und wo
sie einen Unglücklichen wußten, da setzten sie sich
an sein Fensterlein und sangen ihm ihre Lieder
aus dem Märchenwalde vor. Und süßer Trost
zog in das Lserz des Unglücklichen und er wurde
wieder froh und heiter.
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Der golöene Reif.
MLrlein von C. A. Henirig.
n dein rNärchenwalde, wo die Sonne niemals untergeht,
^ wo die Sternlein funkeln wie der reinste Rristall und
^ ^ der Mond pure Silberflocksn herniederfließen läßt, wohnte
ein Nägdlein, das war so schön wie eine Nixe aus dem
grünen Nieeresgrunde und so zart wie eine Llfe aus dem Feen-
reiche. Ueber seinem Lsaupte schwebte ein goldener Reif, der
so viel wert war wie ein ganzes Uönigreich, und dessen Glanz
durch den ll)ald hindurch erstrahlte bis in das Tal, wo die
Nenschen wohnten. Das Mägdelein aber saß auf einer Moos-
bank und blickte mit seinen großen Augen nach einem Lreiers-
mann aus. Denn es fühlte fich in dem großen walde so allein
und verlassen und trotz seines goldenen Reifes so arm, und sehnte
sich darum nach femand, der es recht von Herzen lieb
Und es kamen auch gar viele Freiersleute von nah und
fern; Ränigssöhne und edle Grafen, Ritter und Bürgerssöhne
und wohl auch arme Schlucker die schwere Rlenge.
Aber sie alle griffen zuerst nach dem goldenen Reif und
meinten damit auch das Rkägdelein zu besitzen, aber der Reif
wandelte sich unter ihren Lsänden in flüssiges Feuer und das
zarte Rkägdelein ward zur greulichen Ifexe, die ihnen die Augen
auskratzte.
Lines Tages aber kam ein Hirtenknabe durch den ll)ald
gezogen und blies eine gar traurige N)eise auf seiner Fläte.
Denn er hatte weder
Vater noch Rkutter mehr,
und vor kurzem war ihm
auch sein letztes chchäf-
lein gestorben. Als er
des Rkägdeleins ansichtig
wurde, ward ihm so
wundersam zu Rkute, daß
er vor ihm niederknieen mußte, und er legte
sein Lockenhaupt in des RkLgdeleins 5choß und
weinte.
Lr mußte weinen, weil er gar so arm und
das Rkägdelein gar so schön war. Und siehe da,
leise senkte sich der goldene Reif hernieder und
umschloß die beiden einsamen Rkenschenkinder mit
seinem goldenen Glanze. Und das Rkägdelein
beugte sich herab und küßte den Hirtenknaben
auf den bleichen Rkund. Da ward ihm auf ein-
mal so selig zu Rkute, daß er alle ll)elt um sich
herum vergaß und sprach: „sZch will immer bei
Dir bleiben, Du Ifolde, und niemals von Dir
fortgehen."
Und so lebten die beiden glücklich und zu-
frieden im Märchenwalde und lehrten den lauschen-
den vögelein wunderliebliche Lieder. Die väqe-
lein aber flatterten hinaus in die ll)elt, und wo
sie einen Unglücklichen wußten, da setzten sie sich
an sein Fensterlein und sangen ihm ihre Lieder
aus dem Märchenwalde vor. Und süßer Trost
zog in das Lserz des Unglücklichen und er wurde
wieder froh und heiter.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Der goldene Reif
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)