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Mißglücktes ÄXperimeni.
„Der Gaul w.', scheint es, heut'nicht springen. Aber
warten Sie nur, ich kenne seine Leidenschaft für Zucker,
sieht er erst den, so wird er'ffchon kommen.
Komm, Miß, komm!
Z
Hoppla!"
Meb.
Dame: „Meine Freundinnen'sagen inir nie die Wahrheit."
Herr: „Das ist ja natürlich, sonst hätten Sie ja gar keine
Freundinnen!"
Immer derselbe.
"V^Ht verstörter Miene durchflog Doktor Könnemann den Brief
-^-1 seines Freundes, des Professors Kaßberg, den die Nach-
mittagspost soeben gebracht hatte.
Mein teuerster, bester Freund!
Wenn Du diese Zeilen liest, weile ich bereits im Reiche der
Schatten. Nachdem es die Heißgeliebte verschmäht hat, die Ge-
fährtin meines Lebens zu werden, ist mir dieses zur unerträglichen
Last geworden. Unter der alten Eiche im Stadtforste, wo wir so
manches Mal geweilt, in angeregtem Gedankenaustausch Feste des
Geistes feiernd oder goldene Luftschlösser bauend, wirst Du meine
entseelte Hülle finden, veranlasse das Weitere! Lebe wohl! Die
Pistole ist geladen, die mir Erlösung bringen wird von allem
Herzeleid. Nochmals lebe wohl! vergiß nicht Deinen unglücklichen
Heinrich.
Tragisches Verhängnis! vor einer Viertelstunde hatte Doktor
Könnemann mit der jungen Dame gesprochen, die durch ihre Ab-
weisung den Professor in die Nacht der Verzweiflung getrieben.
Sie hatte dem Doktor, einem alten Freunde ihrer Familie, erklärt,
daß sie auf die Einflüsterungen „guter Freundinnen" hin, die ihr
allerlei Ungünstiges über den Professor berichtet, diesem den Korb
gegeben, daß sie denselben jedoch bereue, nachdem sich jene Ver-
dächtigungen als unbegründet erwiesen. Heute noch wollte der
Doktor dem Freunde die frohe Botschaft überbringen, und nun —
zu spät.
Aber vielleicht vermochte er Kaßberg noch zu retten. Sicherlich
war er vor nicht allzu langer Zeit zu Fuß in den Wald gegangen.
Wenn der Doktor ihm schleunigst zu wagen folgte, konnte er den
Lebensmüden vielleicht noch vor Begehung der unseligen Tat ein-
holen. Jedenfalls mußte der versuch gemacht werden.
Wenige Minuten später flog Könnemann in einem Mietsfuhr-
werke auf der Landstraße zum städtischen Forst dahin.
Um den Kutscher zur größten Eile anzufeucrn, hatte er ihn ver-
ständigt, daß cs sich um die Rettung eines Menschenlebens handle,
ihm zugleich den mehrfachen Fahrpreis versprechend.
Endlich, endlich tauchte der Wald gleich einer dunkeln Mauer
am Horizont auf. Mächtig fühlte der Doktor sein Herz pochen in
Bangen und Hoffen, als er nunmehr der alten Eiche ansichtig
wurde. In unbeschreiblicher Spannung lauschte er, ob nicht der
Knall eines Schusses des Waldes Frieden stören, und Kunde geben
würde, daß das Schreckliche geschehen. Doch nur das Rasseln des
dahinrasenden Gefährtes tönte an sein Vhr. Sollte er doch zu spät
gekommen sein?
Das Ziel war erreicht, der Wagen hielt. Hastig sprang der
Doktor hinaus und eilte im Sturmschritt auf den Baumriesen zu.
Jetzt löste sich ein Heller Iubelruf von seinen Lippen — er
hatte den Professor 'erblickt — mit bleichem Angesicht, aus welchem
eine Welt von Verzweiflung sprach, lehnte er am Stamme der Eiche.
„Heinrich, Du lebst — dem Himmel sei Dank! Nun wird ja
alles gut werden. — Doch sprich, war's wirklich Dein Ernst, den
Sprung ins Nichts zu tun?^ Nicht wahr, Dir ist Dein Entschluß leid
geworden?"
Ueberrascht blickte der Professor auf, dann antwortete er mit
dumpfer Grabesstimme:
„Bitter ernst war's mir mit meinem Vorsatz,-doch konnte
ich mich nicht erschießen, denn ich habe meine Pistole zu Hause
vergessen." H. Mnr».
Mißglücktes ÄXperimeni.
„Der Gaul w.', scheint es, heut'nicht springen. Aber
warten Sie nur, ich kenne seine Leidenschaft für Zucker,
sieht er erst den, so wird er'ffchon kommen.
Komm, Miß, komm!
Z
Hoppla!"
Meb.
Dame: „Meine Freundinnen'sagen inir nie die Wahrheit."
Herr: „Das ist ja natürlich, sonst hätten Sie ja gar keine
Freundinnen!"
Immer derselbe.
"V^Ht verstörter Miene durchflog Doktor Könnemann den Brief
-^-1 seines Freundes, des Professors Kaßberg, den die Nach-
mittagspost soeben gebracht hatte.
Mein teuerster, bester Freund!
Wenn Du diese Zeilen liest, weile ich bereits im Reiche der
Schatten. Nachdem es die Heißgeliebte verschmäht hat, die Ge-
fährtin meines Lebens zu werden, ist mir dieses zur unerträglichen
Last geworden. Unter der alten Eiche im Stadtforste, wo wir so
manches Mal geweilt, in angeregtem Gedankenaustausch Feste des
Geistes feiernd oder goldene Luftschlösser bauend, wirst Du meine
entseelte Hülle finden, veranlasse das Weitere! Lebe wohl! Die
Pistole ist geladen, die mir Erlösung bringen wird von allem
Herzeleid. Nochmals lebe wohl! vergiß nicht Deinen unglücklichen
Heinrich.
Tragisches Verhängnis! vor einer Viertelstunde hatte Doktor
Könnemann mit der jungen Dame gesprochen, die durch ihre Ab-
weisung den Professor in die Nacht der Verzweiflung getrieben.
Sie hatte dem Doktor, einem alten Freunde ihrer Familie, erklärt,
daß sie auf die Einflüsterungen „guter Freundinnen" hin, die ihr
allerlei Ungünstiges über den Professor berichtet, diesem den Korb
gegeben, daß sie denselben jedoch bereue, nachdem sich jene Ver-
dächtigungen als unbegründet erwiesen. Heute noch wollte der
Doktor dem Freunde die frohe Botschaft überbringen, und nun —
zu spät.
Aber vielleicht vermochte er Kaßberg noch zu retten. Sicherlich
war er vor nicht allzu langer Zeit zu Fuß in den Wald gegangen.
Wenn der Doktor ihm schleunigst zu wagen folgte, konnte er den
Lebensmüden vielleicht noch vor Begehung der unseligen Tat ein-
holen. Jedenfalls mußte der versuch gemacht werden.
Wenige Minuten später flog Könnemann in einem Mietsfuhr-
werke auf der Landstraße zum städtischen Forst dahin.
Um den Kutscher zur größten Eile anzufeucrn, hatte er ihn ver-
ständigt, daß cs sich um die Rettung eines Menschenlebens handle,
ihm zugleich den mehrfachen Fahrpreis versprechend.
Endlich, endlich tauchte der Wald gleich einer dunkeln Mauer
am Horizont auf. Mächtig fühlte der Doktor sein Herz pochen in
Bangen und Hoffen, als er nunmehr der alten Eiche ansichtig
wurde. In unbeschreiblicher Spannung lauschte er, ob nicht der
Knall eines Schusses des Waldes Frieden stören, und Kunde geben
würde, daß das Schreckliche geschehen. Doch nur das Rasseln des
dahinrasenden Gefährtes tönte an sein Vhr. Sollte er doch zu spät
gekommen sein?
Das Ziel war erreicht, der Wagen hielt. Hastig sprang der
Doktor hinaus und eilte im Sturmschritt auf den Baumriesen zu.
Jetzt löste sich ein Heller Iubelruf von seinen Lippen — er
hatte den Professor 'erblickt — mit bleichem Angesicht, aus welchem
eine Welt von Verzweiflung sprach, lehnte er am Stamme der Eiche.
„Heinrich, Du lebst — dem Himmel sei Dank! Nun wird ja
alles gut werden. — Doch sprich, war's wirklich Dein Ernst, den
Sprung ins Nichts zu tun?^ Nicht wahr, Dir ist Dein Entschluß leid
geworden?"
Ueberrascht blickte der Professor auf, dann antwortete er mit
dumpfer Grabesstimme:
„Bitter ernst war's mir mit meinem Vorsatz,-doch konnte
ich mich nicht erschießen, denn ich habe meine Pistole zu Hause
vergessen." H. Mnr».