meggendorfer - Llälter, München
Dic drei Grazien oder das lebende Aad.
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(Lrund.
Baruch (zu zoinkus, der die Hände in den Taschen trägt): „Pinkus,
warum biste so schweigsam?"
Pinkus: „Soll ich mer vielleicht erfrieren die Hände bei
der Aält?"
-Lied.
gleichst dem jungen Lindenzweig,
E' Du Zarte, Schmiegsam-Schlanke,
All meine Lieb' umklammert Dich
Wie wilde Lfeuranke.
Und wie die junge Linde steht
Dein Herz in gold'ner Blüte,
An Deiner Mädchenseele Duft
Berauscht sich mein Gemüte.
Reinhard Volker.
Uur immer schlau.
"?>.er Herr Professor war ein ebenso großer Gelehrter wie
Vekonom und Sparmeister. Er für seine Person war total
unempfindlich gegen die Anforderungen der Mode und soge-
nannten guten Sitte, und sein Rock, der von Tag zu Tag
immer schäbiger wurde, dünkte ihm noch ein wahres Wunder
von Eleganz. Seine gute brave Frau, die durchaus nicht ge-
lehrt war und somit keine Ursache hatte, in punkto Aeußerlich-
keiten ebenso anspruchslos zu sein wie ihr Gatte, hatte schwere
Rümpfe zu bestehen, wenn es notwendig wurde, ein Toiletten-
stück zu ergänzen, und sie mußte alle Rniffe und Listen der
weiblichen Natur aufwenden, um nur wenigstens das Nötigste
bewilligt zu erhalten. Don Luxusgegenständen war schon ganz
und gar keine Rede und das bekümmerte die arme Professorin
tief, denn die bescheidenste Frau hat ihre Freude an ein wenig
Flitter und Tand. So war z. B. der Sonnenschirm der Frau
Professor, der notabene noch aus ihrer Uiädchenzeit stammte,
neuerdings in einen geradezu bemitleidenswerten Zustand ge-
raten. Ehemals von zartem Blau, hatte er nach und nach
alle Nuancen bis zum Aschgrau durchgemacht, und der Prosessor,
der ihn eigenhändig einigemal gewaschen hatte, hatte mit
seiner Fleckseife mehr Spuren hinterlassen als selbst der er-
barmungslose Zahn der Zeit. Vergebens hatte die Frau Pro-
fessor Briefe über Briefe an das liebe Christkindl um einen
neuen, wenn auch ganz billigen Sonnenschirm geschrieben; der
harte Ehegatte erklärte den Sonnenschirm seiner Gemahlin für
ein wahres Prachtstück in seiner Art. Nun stehen aber ein
Schirm irgendwelcher Art, ein natürlicherweise zerstreuter
Professor und eine listige Evastochter in einen: unbedingten
Aausalnexus zueinander, und darauf baute die Frau Professor
ihren Plan.
An einen: schönen Sommernachmittage gingen die beiden
Ehegatten miteinander spazieren, der aufgespannte Sonnen-
schirm tat seine Dienste wie ein treuer, wenn auch schon in-
valider Hund, als plötzlich die Frau Professor stehen blieb und
sagte: „Lieber Mann, in diesem Hause wohnt eine Freundin,
die ich schon lange nicht besucht habe, und da wir gerade in
der Nähe sind, so möchte ich doch das versäumte wieder gut
machen und auf ein Viertelstündchen hinaufspringen. Du kannst
einstweilen in ein nahegelegenes Restaurant gehen und mich nach
Verlauf einer kleinen halben Stunde hier unten wieder erwarten.
„Apropos," rief sie dem bereits davongehenden Professor noch
nach, „Du könntest eigentlich so lange meinen Schirm in Ver-
wahrung nehmen. Meine Freundin hat nämlich einen sehr un-
gezogenen Spitz, der alles zerbeißt, was ihm zwischen die Zähne
kommt. Er könnte mir am Ende gar in meinen Sonnenschirm
ein Loch beißen."
„Gib her," antwortete der Professor rasch und nahm den
gefährdeten Schirm an sich.
Als nach einer halben Stunde die Frau Professor wieder
Dic drei Grazien oder das lebende Aad.
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(Lrund.
Baruch (zu zoinkus, der die Hände in den Taschen trägt): „Pinkus,
warum biste so schweigsam?"
Pinkus: „Soll ich mer vielleicht erfrieren die Hände bei
der Aält?"
-Lied.
gleichst dem jungen Lindenzweig,
E' Du Zarte, Schmiegsam-Schlanke,
All meine Lieb' umklammert Dich
Wie wilde Lfeuranke.
Und wie die junge Linde steht
Dein Herz in gold'ner Blüte,
An Deiner Mädchenseele Duft
Berauscht sich mein Gemüte.
Reinhard Volker.
Uur immer schlau.
"?>.er Herr Professor war ein ebenso großer Gelehrter wie
Vekonom und Sparmeister. Er für seine Person war total
unempfindlich gegen die Anforderungen der Mode und soge-
nannten guten Sitte, und sein Rock, der von Tag zu Tag
immer schäbiger wurde, dünkte ihm noch ein wahres Wunder
von Eleganz. Seine gute brave Frau, die durchaus nicht ge-
lehrt war und somit keine Ursache hatte, in punkto Aeußerlich-
keiten ebenso anspruchslos zu sein wie ihr Gatte, hatte schwere
Rümpfe zu bestehen, wenn es notwendig wurde, ein Toiletten-
stück zu ergänzen, und sie mußte alle Rniffe und Listen der
weiblichen Natur aufwenden, um nur wenigstens das Nötigste
bewilligt zu erhalten. Don Luxusgegenständen war schon ganz
und gar keine Rede und das bekümmerte die arme Professorin
tief, denn die bescheidenste Frau hat ihre Freude an ein wenig
Flitter und Tand. So war z. B. der Sonnenschirm der Frau
Professor, der notabene noch aus ihrer Uiädchenzeit stammte,
neuerdings in einen geradezu bemitleidenswerten Zustand ge-
raten. Ehemals von zartem Blau, hatte er nach und nach
alle Nuancen bis zum Aschgrau durchgemacht, und der Prosessor,
der ihn eigenhändig einigemal gewaschen hatte, hatte mit
seiner Fleckseife mehr Spuren hinterlassen als selbst der er-
barmungslose Zahn der Zeit. Vergebens hatte die Frau Pro-
fessor Briefe über Briefe an das liebe Christkindl um einen
neuen, wenn auch ganz billigen Sonnenschirm geschrieben; der
harte Ehegatte erklärte den Sonnenschirm seiner Gemahlin für
ein wahres Prachtstück in seiner Art. Nun stehen aber ein
Schirm irgendwelcher Art, ein natürlicherweise zerstreuter
Professor und eine listige Evastochter in einen: unbedingten
Aausalnexus zueinander, und darauf baute die Frau Professor
ihren Plan.
An einen: schönen Sommernachmittage gingen die beiden
Ehegatten miteinander spazieren, der aufgespannte Sonnen-
schirm tat seine Dienste wie ein treuer, wenn auch schon in-
valider Hund, als plötzlich die Frau Professor stehen blieb und
sagte: „Lieber Mann, in diesem Hause wohnt eine Freundin,
die ich schon lange nicht besucht habe, und da wir gerade in
der Nähe sind, so möchte ich doch das versäumte wieder gut
machen und auf ein Viertelstündchen hinaufspringen. Du kannst
einstweilen in ein nahegelegenes Restaurant gehen und mich nach
Verlauf einer kleinen halben Stunde hier unten wieder erwarten.
„Apropos," rief sie dem bereits davongehenden Professor noch
nach, „Du könntest eigentlich so lange meinen Schirm in Ver-
wahrung nehmen. Meine Freundin hat nämlich einen sehr un-
gezogenen Spitz, der alles zerbeißt, was ihm zwischen die Zähne
kommt. Er könnte mir am Ende gar in meinen Sonnenschirm
ein Loch beißen."
„Gib her," antwortete der Professor rasch und nahm den
gefährdeten Schirm an sich.
Als nach einer halben Stunde die Frau Professor wieder