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Meggendorfer-Blätter, München

Vom Negen in die Traufe.

Reisender: „Ich danke Ihnen, daß Sie mich aus den Urallen dieses blutdürstigen Löwen
gerettet haben!"
Uannibale (srmjcnd): „Nicht nötig, sür ein solches Biest sind Sie viel zu gut!"


Im Geschäftselfer.
Herr: „Ja, ja, ihr Geld wär'
nicht übel; aber diese Züge
und die hervorstehenden
Schulterblätter!"
Heiratsvermittler: „Wie
heißt Schulterblätter? E'
Engel is se und Flügel-
ansätze sind esl"

Aufruf.
Kehre zurück,
liebe Rosa, eine
Freundin will Dir et-
was unterdem„Siegel
der Verschwiegen-
heit" mitteilen I
_>

Rus der guten alten Zeit.
Rekrut: „HerrFeldwebel, kann
ich Urlaub bekommen? Wir
schlachten daheim!"
Feldwebel: „Jawohl, aber
wehe Dir, wenn Du zurück-
kommst und hast Deinen
Feldwebel belogen! "

Hin Zackfifchstreich.

rau Brennert hatte als praktische und sparsame Hausfrau
wieder einmal die Schneiderin ins Haus kommen lassen,
damit sie die Garderobe der weiblichen Familienglieder
repariere und modernisiere. Soeben befand man sich bei einer
Generalmusterung der Aleidungsstücke, um diejenigen herauszu-
suchen, die „reif" waren für die geschickte Hand der Nähkünstlerin.
„Anna, gehen Sie einmal auf die Stube meiner Liddy,"
befahl die Frau des Hauses dem Dienstmädchen, „und bringen
Sie deren Aleider herunter."
Alsbald kehrte Anna zurück und meldete, daß Liddys
Uleiderspind fest verschlossen und der Schlüssel nicht zu finden sei.
„Es ist gut, dann müssen wir warten, bis meine Tochter
aus der Schule kommt."
Im stillen aber dachte Frau Brennert: „Was hat es nur
zu bedeuten, daß das Mädel seit einiger Zeit seinen Uleiderspind
immer so ängstlich verschlossen hält und den Schlüssel an sich
nimmt? Das war doch früher nicht der Fall. Nun, der Sache
wollen wir auf den Grund gehen."
Nach einer halben Stunde kehrte Liddy, die „höhere Tochter",
ein allerliebster Blondkopf von einem Backfischchen, mit vom
raschen Gehen geröteten Wangen heim.
„Guten Tag! Ist das Mittagessen fertig? Ich habe einen
wahren Bären — — Riesenappetit."
„Nun, Du wirft nicht gleich verhungern," bemerkte die Mama;
„erst will ich Deine Garderobe mustern, — Du siehst, die Schnei-
derin ist da. Gib mir doch den Schlüssel zu Deinem Uleiderspind!"
Blutrot wurde des Backfischchens Gesicht.
„Mama — bemühe Dich weiter nicht — ich — ich hole
meine Sachen schon selbst!"

Wie hastig stürmte Liddy hinaus auf ihr Zimmer! Doch
schon war ihr die Mama gefolgt und stand nun erwartungs-
voll vor dem Uleiderbehälter.
„So, nun schließ auf!"
Doch Liddy zauderte in sichtlicher Verlegenheit.
„Ach, Mama, ich — ich kann nicht, wenn Du dabei stehst,
ich — es — —"
„Aber Liddy, was hast Du nur, Du verbirgst ein Geheimnis
vor Deiner Mama?"
Mit raschem Griffe entwandt Frau Brennert den Fingern
des Töchterleins den Schlüssel und öffnete die Tür, — erschrocken
prallte sie zurück. Was war das? Zwischen den Garderobe-
stücken Liddys hing ein — Leutnantswaffenrock, alt und
abgetragen, eine Ruine einstiger Pracht und Herrlichkeit.
„Liddy, Uind, so sprich doch nur — was soll denn das
bedeuten?"
Liddy hatte schluchzend das Uöxfchen gesenkt, die Hellen
Zähren rannen über die abwechselnd errötenden und erblassenden
Wangen.
„Ach, Mama, es ist ja weiter gar nichts Schlimmes! Ich
will Dir alles gestehen, sei nur nicht böse. — Auf dem Wege
zur Schule komme ich täglich mehrmals an dem Laden des
Trödlers Itzig Lohn vorbei, der hauptsächlich mit getragenen
Sachen handelt. Da sah ich durch die häufig offenstehende Tür
zwischen allerlei Trödelkram und abgelegten Zivilkleidungsstücken
diesen Leutnantswaffenrock; und da nahm ich eines Abends
aus meiner Sparkasse das nötige Geld und kaufte die Uniform,
um — um sie aus der unwürdigen Umgebung zu
erlösen."
 
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