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INeggendorfer-Blätler, München
Anhänglichkeit.
Bekannter: „Bei dem Zahnarzt in Ihrem Hause ist's ja heute so volll"
Hausherr: „Ja, der seiert heute sein sünfzigjähriges Berufsjubiläum, und da sind alle seine alten Kunden nochmal gekommen
und lassen sich einen Zahn ziehen!"
Sechzehn Krügl Mer.
lühend heiß sandte die liebe Sonne ihre Strahlen zur
Erde nieder, zur Freude des Landmannes und des Wirtes.
Ersterem trocknete sie nämlich das Heu und für letzteren trocknete
sie die Kehlen der schwer arbeitenden Bauern aus. Zu diesen
gehörte auch der Lendmoser Sepp, und als er nun hoch oben
auf dein Wagen ins duftende Heu gestreckt, heimwärts fuhr, sah
er schon im Geiste, wie ihm die Rest vom Ludlwirt einen
schäumenden Maßkrug hinaufreichte. Bis zu besagtem Ludl-
wirt war aber noch ein gutes Stück Wegs, und ehe sich's der
Lendmoser Sepp versah, nickte er ein und träumte im Schlafe
weiter von ungezählten Krügeln Bier, die er heute noch in
seine durstige Gurgel rinnen lassen wird.
Da stand am Straßenrand der Guggenmuggler Toni mit
dein Schinzer Franzl, und als er den schlafenden Bauern sah,
flüsterte er seinem Spezi ganz heimlich etwas zu, worauf die-
ser von einem Vhr bis zum andern grinste und verständnis-
innig nickte. Darauf schlichen sich die beiden Hallodri, welche
auch ohne Sonnenhitze stets über einen ausgiebigen Durst ver-
fügten, dem Heuwagen nach, der Guggenmuggler Toni machte
einen krummen Buckel, aus welchen gestützt, sich der Schinzer
Franzl hinaufschwang ins Heu und alsdann, die Hände hinab-
reichend, seinem Freund ebenfalls herauf half.
Ganz sachte krochen sie nun weiter vor, bemächtigten sich
zuerst der Leitseile und deckten hierauf den ohnehin schon halb
und halb im Heu versunkenen Bauer ganz zu. Gerade waren
sie damit fertig geworden, als auch schon das Ludlwirtshaus
in Sicht kam, und nun duckten sich die zwei wie die Hasen im
Klee, so daß nur des Guggenmugglers Zipfelmütze sichtbar
war. Beim Wirt zog letzterer die Leitseile an, die Pferde
blieben stehen und die Rest trat ins Haustor. Das Gespann
hatte sie gleich als das des Lendmoser Sepp erkannt, und
freundlich fragte sie nach dessen Begehr. Eine Hand streckte
sich aus dem Heu und —
,,A' Bier!" brummte der Schinzer Franzl, leerte das schnell
gebrachte Krügl auf einen Zug, schnalzte mit der Zunge und
sagte: „Noch ans!" Die Rest, flink wie immer, war im Hand-
umdrehen mit dem zweiten da, dessen Inhalt diesmal in die
Kehle des Guggenmuggler floß. „Noch ansl" grunzte dieser
mit verhaltener Stimme, und nun leerte zur Abwechslung wieder
der Schinzer Franzel den Krug mit seltener Virtuosität.
So ging es eine ganze Viertelstunde fort, und konnte sich die
Rest nicht genug über den Lendmoserschen Durst wundern.
„Der trinkt ja heut' für zwei," dachte sie sich beim
zehnten Krügl. „Und gar nix reden tut er heut', als wie immer
nur ,noch ansU"
Beim sechzehnten Krügl endlich sagte der Schinzer Franzl:
„Ruf 'n Wirt außi, Resil" Und als die Kellnerin dem Auf-
trage Folge leistend, ins Haus hineingegangen war, rutschten
die beiden Kerle auf der andern Seite des Heuwagens herab
und trollten sich lachend davon. —
INeggendorfer-Blätler, München
Anhänglichkeit.
Bekannter: „Bei dem Zahnarzt in Ihrem Hause ist's ja heute so volll"
Hausherr: „Ja, der seiert heute sein sünfzigjähriges Berufsjubiläum, und da sind alle seine alten Kunden nochmal gekommen
und lassen sich einen Zahn ziehen!"
Sechzehn Krügl Mer.
lühend heiß sandte die liebe Sonne ihre Strahlen zur
Erde nieder, zur Freude des Landmannes und des Wirtes.
Ersterem trocknete sie nämlich das Heu und für letzteren trocknete
sie die Kehlen der schwer arbeitenden Bauern aus. Zu diesen
gehörte auch der Lendmoser Sepp, und als er nun hoch oben
auf dein Wagen ins duftende Heu gestreckt, heimwärts fuhr, sah
er schon im Geiste, wie ihm die Rest vom Ludlwirt einen
schäumenden Maßkrug hinaufreichte. Bis zu besagtem Ludl-
wirt war aber noch ein gutes Stück Wegs, und ehe sich's der
Lendmoser Sepp versah, nickte er ein und träumte im Schlafe
weiter von ungezählten Krügeln Bier, die er heute noch in
seine durstige Gurgel rinnen lassen wird.
Da stand am Straßenrand der Guggenmuggler Toni mit
dein Schinzer Franzl, und als er den schlafenden Bauern sah,
flüsterte er seinem Spezi ganz heimlich etwas zu, worauf die-
ser von einem Vhr bis zum andern grinste und verständnis-
innig nickte. Darauf schlichen sich die beiden Hallodri, welche
auch ohne Sonnenhitze stets über einen ausgiebigen Durst ver-
fügten, dem Heuwagen nach, der Guggenmuggler Toni machte
einen krummen Buckel, aus welchen gestützt, sich der Schinzer
Franzl hinaufschwang ins Heu und alsdann, die Hände hinab-
reichend, seinem Freund ebenfalls herauf half.
Ganz sachte krochen sie nun weiter vor, bemächtigten sich
zuerst der Leitseile und deckten hierauf den ohnehin schon halb
und halb im Heu versunkenen Bauer ganz zu. Gerade waren
sie damit fertig geworden, als auch schon das Ludlwirtshaus
in Sicht kam, und nun duckten sich die zwei wie die Hasen im
Klee, so daß nur des Guggenmugglers Zipfelmütze sichtbar
war. Beim Wirt zog letzterer die Leitseile an, die Pferde
blieben stehen und die Rest trat ins Haustor. Das Gespann
hatte sie gleich als das des Lendmoser Sepp erkannt, und
freundlich fragte sie nach dessen Begehr. Eine Hand streckte
sich aus dem Heu und —
,,A' Bier!" brummte der Schinzer Franzl, leerte das schnell
gebrachte Krügl auf einen Zug, schnalzte mit der Zunge und
sagte: „Noch ans!" Die Rest, flink wie immer, war im Hand-
umdrehen mit dem zweiten da, dessen Inhalt diesmal in die
Kehle des Guggenmuggler floß. „Noch ansl" grunzte dieser
mit verhaltener Stimme, und nun leerte zur Abwechslung wieder
der Schinzer Franzel den Krug mit seltener Virtuosität.
So ging es eine ganze Viertelstunde fort, und konnte sich die
Rest nicht genug über den Lendmoserschen Durst wundern.
„Der trinkt ja heut' für zwei," dachte sie sich beim
zehnten Krügl. „Und gar nix reden tut er heut', als wie immer
nur ,noch ansU"
Beim sechzehnten Krügl endlich sagte der Schinzer Franzl:
„Ruf 'n Wirt außi, Resil" Und als die Kellnerin dem Auf-
trage Folge leistend, ins Haus hineingegangen war, rutschten
die beiden Kerle auf der andern Seite des Heuwagens herab
und trollten sich lachend davon. —