Meggendorfer-Blätter, München
94
Rache des eifersüchtigen Kaminkehrers.
3
Replik.
A: „Gibt's bei euch in der Pfalz auch Rebhühner ?"
B: „Sell will ich meeue, alle Bccm' hocke voll."
A: „Ja sitzen denn die Rebhühner bei euch auf
den Bäumen?"
B: „No, wo solle sie denn sitze, wenn Hunne
schon alles gerudelt voll is?"
plötzlich blitzte es in ihm aus. Jetzt verstand er, was sie eben gedacht
hatte. Wütend sah er das Bild an und rief: „Das ist ja direkt empörend I
was erlaubt sich denn dieser Hungerleider!" — Wütend lief er umher, denn
jetzt war er an seiner empfindlichsten Stelle verletzt.
Und noch in derselben Minute verschwand das Bild in der Rumpel-
kammer, da, wo sie am tiefsten war.
Als am Abend dann Herr Karl Uleinhold zum Souper kam, suchte er
sein Bild vergebens, und außerdem mußte er die Bemerkung machen, daß die
Gastgeber, besonders der Mäcen, ihn recht obenhin behandelten; er war aber
ein junger Mann mit Humor, der junge Maler, und so lächelte er nur dazu,
verschwand sehr bald — und mied fortan das Haus Hartwig.
Vier Wochen später war der große Weihnachtsbasar, den die vornehme
Welt alljährlich arrangierte.
Und Frau Hartwig, die auch in diesem Jahr wieder Verschiedenes für
die Wohltätigkeit tun mußte, schickte diesen: Basar eine reiche Anzahl von
Gaben, unter denen sich auch das Bild befand, das ehedem ihr Mißfallen erregt
hatte; dies war — so fand sie — eine günstige Gelegenheit, das dumme Bild
aus dem Hause zu schaffen; natürlich tat sie das ohne Wissen ihres Mannes.
So hing nun also das arg verlästerte Bild in den Räumen des Basars.
Angesehen und belächelt wurde es auch von manchem, es aber zu kaufen,
dazu entschloß sich niemand, trotzdem es sehr billig zu haben war.
Am letzten Tage des Basars ging auch Karl Meinhold durch die Räume.
Er war in bester Laune, denn soeben hatte er sein erstes großes Bild „Kühe
am Teich" verkauft, — endlich war sein Streben belohnt, endlich war die
Anerkennung dal — Und als er nun so seelenvergnügt durch die Räume
wanderte, da erblickte er sein Bild, das er einst dem Näcen gestiftet hatte.
Lächelnd sah er seine so mißachtete Arbeit an, — plötzlich kam ihm eine Idee.
Er kaufte das Bildchen.
Sodann fuhr er zu seinem Kunsthändler, instruierte diesen, und wartete
lächelnd der Dinge, die sich nun abspielen würden.
Die nächsten Tage schon brachten die große Ueberraschung für die Kunst-
welt: Karl Meinhold war über Nacht ein berühmter Mann geworden, — sein
verkauftes neues Bild war Schlager allerersten Ranges, ein echtes Kunstwerk,
das alle in Helles Entzücken versetzte. Nun kamen Glückwünsche von allen
Seiten, und der junge Künstler hatte es bisher gar nicht gewußt, daß er so
viele Freunde hatte, die ihn nun für sich reklamierten.
Natürlich wußten auch Hartwigs sofort die Neuigkeit.
Aber während der Mäcen sich freute, wurde die gute Therese plötzlich
sehr verlegen.
„Jetzt werden wir ihm einen Besuch machen," sagte Herr Heinz, „dann
werden wir ihm zu Ehren ein Fest geben, und dann wird er schon wieder
ausgesöhnt sein."
„Aber das geht nicht," protestierte sie, „sein Bild ist ja nicht mehr da!"
Erstaunt fragte er: „Ja, wo ist cs denn geblieben?"
Und nun gestand sie, was sie ohne sein Wissen getan hatte.
Jetzt war er starr. Was sollte man nun beginnen?
Einladen mußte mau den Maler, wenn man nicht vor den anderen der
„Gesellschaft" zurückstehen wollte, — wie aber ihn einladen, ohne sein Bild
zu haben! — Und wo sollte man nun dies unglückselige Bild wieder aufspüren I
Ratlos lief er hin und her.
Endlich sagte sie: „Versuch's doch einmal bei den Kunsthändlern."
Wütend sah er sie an und fragte: „Weißt Du auch, was der Spaß
dann kosten kann, wenn ich es bei einem Händler finde?" Aber sie zuckte nur
die Schultern und schwieg.
Er indessen stieg in eine Droschke und fuhr von einem Kunsthändler
zum anderen.
Endlich fand er sein Bildchen wieder, zahlte schweren Herzens ein-
tausend Mark dafür und fuhr damit nach Hause.
Als drei Tage später Herr Karl Meinhold seinen Besuch im Hause
Hartwig machte, sah er sein einst so verlästertes Bild nun im Salon an einem
Ehrenplatz hängen; und als dann der Mäcen stolz zu ihm sagte: „Ja, lieber
Neiuhold, wir haben Ihr Genie ja längst erkannt," da nickte der junge Maler
lächelnd und dachte: „Diese kleine Lüge hat mir tausend Mark eingebracht l
So haben auch Bilder ihre Schicksale!
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Rache des eifersüchtigen Kaminkehrers.
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Replik.
A: „Gibt's bei euch in der Pfalz auch Rebhühner ?"
B: „Sell will ich meeue, alle Bccm' hocke voll."
A: „Ja sitzen denn die Rebhühner bei euch auf
den Bäumen?"
B: „No, wo solle sie denn sitze, wenn Hunne
schon alles gerudelt voll is?"
plötzlich blitzte es in ihm aus. Jetzt verstand er, was sie eben gedacht
hatte. Wütend sah er das Bild an und rief: „Das ist ja direkt empörend I
was erlaubt sich denn dieser Hungerleider!" — Wütend lief er umher, denn
jetzt war er an seiner empfindlichsten Stelle verletzt.
Und noch in derselben Minute verschwand das Bild in der Rumpel-
kammer, da, wo sie am tiefsten war.
Als am Abend dann Herr Karl Uleinhold zum Souper kam, suchte er
sein Bild vergebens, und außerdem mußte er die Bemerkung machen, daß die
Gastgeber, besonders der Mäcen, ihn recht obenhin behandelten; er war aber
ein junger Mann mit Humor, der junge Maler, und so lächelte er nur dazu,
verschwand sehr bald — und mied fortan das Haus Hartwig.
Vier Wochen später war der große Weihnachtsbasar, den die vornehme
Welt alljährlich arrangierte.
Und Frau Hartwig, die auch in diesem Jahr wieder Verschiedenes für
die Wohltätigkeit tun mußte, schickte diesen: Basar eine reiche Anzahl von
Gaben, unter denen sich auch das Bild befand, das ehedem ihr Mißfallen erregt
hatte; dies war — so fand sie — eine günstige Gelegenheit, das dumme Bild
aus dem Hause zu schaffen; natürlich tat sie das ohne Wissen ihres Mannes.
So hing nun also das arg verlästerte Bild in den Räumen des Basars.
Angesehen und belächelt wurde es auch von manchem, es aber zu kaufen,
dazu entschloß sich niemand, trotzdem es sehr billig zu haben war.
Am letzten Tage des Basars ging auch Karl Meinhold durch die Räume.
Er war in bester Laune, denn soeben hatte er sein erstes großes Bild „Kühe
am Teich" verkauft, — endlich war sein Streben belohnt, endlich war die
Anerkennung dal — Und als er nun so seelenvergnügt durch die Räume
wanderte, da erblickte er sein Bild, das er einst dem Näcen gestiftet hatte.
Lächelnd sah er seine so mißachtete Arbeit an, — plötzlich kam ihm eine Idee.
Er kaufte das Bildchen.
Sodann fuhr er zu seinem Kunsthändler, instruierte diesen, und wartete
lächelnd der Dinge, die sich nun abspielen würden.
Die nächsten Tage schon brachten die große Ueberraschung für die Kunst-
welt: Karl Meinhold war über Nacht ein berühmter Mann geworden, — sein
verkauftes neues Bild war Schlager allerersten Ranges, ein echtes Kunstwerk,
das alle in Helles Entzücken versetzte. Nun kamen Glückwünsche von allen
Seiten, und der junge Künstler hatte es bisher gar nicht gewußt, daß er so
viele Freunde hatte, die ihn nun für sich reklamierten.
Natürlich wußten auch Hartwigs sofort die Neuigkeit.
Aber während der Mäcen sich freute, wurde die gute Therese plötzlich
sehr verlegen.
„Jetzt werden wir ihm einen Besuch machen," sagte Herr Heinz, „dann
werden wir ihm zu Ehren ein Fest geben, und dann wird er schon wieder
ausgesöhnt sein."
„Aber das geht nicht," protestierte sie, „sein Bild ist ja nicht mehr da!"
Erstaunt fragte er: „Ja, wo ist cs denn geblieben?"
Und nun gestand sie, was sie ohne sein Wissen getan hatte.
Jetzt war er starr. Was sollte man nun beginnen?
Einladen mußte mau den Maler, wenn man nicht vor den anderen der
„Gesellschaft" zurückstehen wollte, — wie aber ihn einladen, ohne sein Bild
zu haben! — Und wo sollte man nun dies unglückselige Bild wieder aufspüren I
Ratlos lief er hin und her.
Endlich sagte sie: „Versuch's doch einmal bei den Kunsthändlern."
Wütend sah er sie an und fragte: „Weißt Du auch, was der Spaß
dann kosten kann, wenn ich es bei einem Händler finde?" Aber sie zuckte nur
die Schultern und schwieg.
Er indessen stieg in eine Droschke und fuhr von einem Kunsthändler
zum anderen.
Endlich fand er sein Bildchen wieder, zahlte schweren Herzens ein-
tausend Mark dafür und fuhr damit nach Hause.
Als drei Tage später Herr Karl Meinhold seinen Besuch im Hause
Hartwig machte, sah er sein einst so verlästertes Bild nun im Salon an einem
Ehrenplatz hängen; und als dann der Mäcen stolz zu ihm sagte: „Ja, lieber
Neiuhold, wir haben Ihr Genie ja längst erkannt," da nickte der junge Maler
lächelnd und dachte: „Diese kleine Lüge hat mir tausend Mark eingebracht l
So haben auch Bilder ihre Schicksale!