Meggendorfer-Blätter, München
Der große Mund.
Zimmerwirtin (ihr neue-Dienstmädchen cmwestend): „ . . Beim Zimmerherrn auf
Nummer sechs dürfen S' net erschrecken, wenn S' ihm in der Früh 'n Kaffee bringen; er
schläft nämlich mit offenem Mund; ich hab' anfangs auch 'glaubt, 's Bett hält' a' Lochl"
Der Esel.
Diese Worte überzeugten den
Hassan, und er gab dem Fremden
für dessen Pferd fünf Zechinen und
den Esel.
Als Hassan am andern Tage
dem Pferde die Körbe auf den
Rücken binden wollte, gebärdete
es sich sehr störrisch, und Hassan
mußte sich sehr in acht nehmen, daß
er von den Hufen des immerfort
ausschlagenden Tieres nicht ge-
troffen wurde. Linen kleinen Schlag
gegen das Schienbein bekam er
aber doch.
Auch der Weg zur Stadt war
sehr beschwerlich. Manchmal stand
das Pferd eine lange Zeit still und
war trotz aller Peitschenhiebe nicht
vorwärts zu bringen, und dann
schlug es wieder eine Art von bock-
beinigem Galopp an, so daß Hassan
ihm im schnellsten Laufe kaum
folgen konnte. Auf diese Weise kam
er viel später zur Stadt als sonst
mit seinem ruhigen Lsel.
Der Äsel.
Humoreske von Albert Roderich.
gute Hassan von Balsora trieb alltäglich seinen Lsel
/ aus den Markt. Der Lsel war rnit Körben behangen,
die mit Erd- und Baumsrüchten, mit Geflügel und
Eiern gefüllt waren. Das alles kaufte er von Bauern der
Umgegend und verhandelte es wieder auf dem Markte zu
Balsora. Lange Jahre schon hatte er dies Geschäft so be-
trieben und sich ehrlich und mühselig ein kleines Vermögen
erworben.
Lines Tages trieb er wieder seinen Lsel mit den leeren
Körben nach Hause zurück, als ein fremder Mann ihn auf der
Straße ansprach. — „Allah sei mit Dir," begann der Fremde,
„und schenke Dir und Deiner Familie Glück und Freude."
„Ich habe gar keine Familie," entgegnete Hassan.
„So schenke Allah Dir auch noch das Glück, das sonst
Deiner Familie zuteil geworden wäre. Und gerade durch
mich sendet Allah Dir Glück. Das sollst Du sehen. Höre mich
nur an. Du beladest immer diesen halblahmen alten Lsel mit
Deinen Waren. Ich habe ein wunderschönes Pferd im Stalle
stehen. Das will ich Dir sür fünf Zechinen verkaufen. Das
große, starke Pserd kann viel mehr tragen als der alte lahme
Lsel. Du kannst jeden Tag dreimal soviel verdienen wie jetzt."
„Dann habe ich doch aber zwei Tiere zu füttern, das Pferd
und auch den Lsel," sagte Hassan.
„So will ich Dir den Lsel auch noch abnehmen ohne jede
Vergütung," sagte der Fremde. „Allah will Dich nun einmal
segnen durch meine Hilfe."
Hassan grübelte lange vor sich hin.
„Nein," sagte er endlich, „ich will das alte treue Tier nicht
von mir geben. Wir sind nun schon so viele Jahre beisammen.
Und ich verdiene ja so auch, was ich brauche."
„Du bist ein Narr," entgegnete der Fremde, „jeder andere
würde mit Freuden zugreifen. Und denke doch, wenn Du mit
einem Pferde zu Markte kommstl Alle Deine Konkurrenten
haben nur Esel! Alle Leute würden von Dir kaufen wollen.
Wie würden sich die andern ärgern, und wie stolz könntest
Du herabblicken auf die andern Händler!"
Als er nun endlich zum Marktplatz einbog, ward das Roß
durch das laute Geschrei und das bunte Durcheinander plötzlich
scheu und rannte mit wilden Sprüngen in die Menschenhaufen-
Die Käufer und Verkäufer stoben kreischend auseinander, aber
Hassans Pferd brachte viele zu Fall und riß eine Anzahl der
Verkaufszelte zu Boden. Endlich fing man das wilde Roß ein
und zugleich auch den guten Hassan. — Man schleppte ihn vor
den Kadi, und er wurde verurteilt, den Schaden zu ersetzen,
den sein Pferd angerichtet, oder ins Gefängnis zu wandern. —
Ls ward aber so viel Schadenersatz verlangt, daß Hassan all
seine Ersparnisse hergeben mußte und doch noch auf ein paar
Monate ins Gefängnis kam.
Als er wieder frei gelassen war, mußte er sein Geschäft
ganz im kleinen wieder von vorn anfangen und kam, ein paar
Körbe voll Früchte auf dem eigenen Rücken tragend, wieder
auf den Markt von Balsora.
„wo hast Du denn Deinen Lsel gelassen?" fragte ihn ein
Bekannter.
„Ach," antwortete trübe der gute Hassan, „ach, Allah sei
es geklagt, ich bin selber der Lsell"
Schlechter Trost.
aß Geld und Geldes Wert nicht macht
Das Leben ungetrübt,
Das ist fürwahr ein schlechter Trost,
Den man den Armen gibt.
O. u.
Dann allerdings.
— „Warum verlassen Sie denn das Geschäft des Fabrikanten
Schnetzler?"
Buchhalter: „Der ist mir zu bequem und zu wenig zartfühlend;
denken Sie, sogar mein Lntlassungsschreiben hat er
mir in die Feder diktiert."
Der große Mund.
Zimmerwirtin (ihr neue-Dienstmädchen cmwestend): „ . . Beim Zimmerherrn auf
Nummer sechs dürfen S' net erschrecken, wenn S' ihm in der Früh 'n Kaffee bringen; er
schläft nämlich mit offenem Mund; ich hab' anfangs auch 'glaubt, 's Bett hält' a' Lochl"
Der Esel.
Diese Worte überzeugten den
Hassan, und er gab dem Fremden
für dessen Pferd fünf Zechinen und
den Esel.
Als Hassan am andern Tage
dem Pferde die Körbe auf den
Rücken binden wollte, gebärdete
es sich sehr störrisch, und Hassan
mußte sich sehr in acht nehmen, daß
er von den Hufen des immerfort
ausschlagenden Tieres nicht ge-
troffen wurde. Linen kleinen Schlag
gegen das Schienbein bekam er
aber doch.
Auch der Weg zur Stadt war
sehr beschwerlich. Manchmal stand
das Pferd eine lange Zeit still und
war trotz aller Peitschenhiebe nicht
vorwärts zu bringen, und dann
schlug es wieder eine Art von bock-
beinigem Galopp an, so daß Hassan
ihm im schnellsten Laufe kaum
folgen konnte. Auf diese Weise kam
er viel später zur Stadt als sonst
mit seinem ruhigen Lsel.
Der Äsel.
Humoreske von Albert Roderich.
gute Hassan von Balsora trieb alltäglich seinen Lsel
/ aus den Markt. Der Lsel war rnit Körben behangen,
die mit Erd- und Baumsrüchten, mit Geflügel und
Eiern gefüllt waren. Das alles kaufte er von Bauern der
Umgegend und verhandelte es wieder auf dem Markte zu
Balsora. Lange Jahre schon hatte er dies Geschäft so be-
trieben und sich ehrlich und mühselig ein kleines Vermögen
erworben.
Lines Tages trieb er wieder seinen Lsel mit den leeren
Körben nach Hause zurück, als ein fremder Mann ihn auf der
Straße ansprach. — „Allah sei mit Dir," begann der Fremde,
„und schenke Dir und Deiner Familie Glück und Freude."
„Ich habe gar keine Familie," entgegnete Hassan.
„So schenke Allah Dir auch noch das Glück, das sonst
Deiner Familie zuteil geworden wäre. Und gerade durch
mich sendet Allah Dir Glück. Das sollst Du sehen. Höre mich
nur an. Du beladest immer diesen halblahmen alten Lsel mit
Deinen Waren. Ich habe ein wunderschönes Pferd im Stalle
stehen. Das will ich Dir sür fünf Zechinen verkaufen. Das
große, starke Pserd kann viel mehr tragen als der alte lahme
Lsel. Du kannst jeden Tag dreimal soviel verdienen wie jetzt."
„Dann habe ich doch aber zwei Tiere zu füttern, das Pferd
und auch den Lsel," sagte Hassan.
„So will ich Dir den Lsel auch noch abnehmen ohne jede
Vergütung," sagte der Fremde. „Allah will Dich nun einmal
segnen durch meine Hilfe."
Hassan grübelte lange vor sich hin.
„Nein," sagte er endlich, „ich will das alte treue Tier nicht
von mir geben. Wir sind nun schon so viele Jahre beisammen.
Und ich verdiene ja so auch, was ich brauche."
„Du bist ein Narr," entgegnete der Fremde, „jeder andere
würde mit Freuden zugreifen. Und denke doch, wenn Du mit
einem Pferde zu Markte kommstl Alle Deine Konkurrenten
haben nur Esel! Alle Leute würden von Dir kaufen wollen.
Wie würden sich die andern ärgern, und wie stolz könntest
Du herabblicken auf die andern Händler!"
Als er nun endlich zum Marktplatz einbog, ward das Roß
durch das laute Geschrei und das bunte Durcheinander plötzlich
scheu und rannte mit wilden Sprüngen in die Menschenhaufen-
Die Käufer und Verkäufer stoben kreischend auseinander, aber
Hassans Pferd brachte viele zu Fall und riß eine Anzahl der
Verkaufszelte zu Boden. Endlich fing man das wilde Roß ein
und zugleich auch den guten Hassan. — Man schleppte ihn vor
den Kadi, und er wurde verurteilt, den Schaden zu ersetzen,
den sein Pferd angerichtet, oder ins Gefängnis zu wandern. —
Ls ward aber so viel Schadenersatz verlangt, daß Hassan all
seine Ersparnisse hergeben mußte und doch noch auf ein paar
Monate ins Gefängnis kam.
Als er wieder frei gelassen war, mußte er sein Geschäft
ganz im kleinen wieder von vorn anfangen und kam, ein paar
Körbe voll Früchte auf dem eigenen Rücken tragend, wieder
auf den Markt von Balsora.
„wo hast Du denn Deinen Lsel gelassen?" fragte ihn ein
Bekannter.
„Ach," antwortete trübe der gute Hassan, „ach, Allah sei
es geklagt, ich bin selber der Lsell"
Schlechter Trost.
aß Geld und Geldes Wert nicht macht
Das Leben ungetrübt,
Das ist fürwahr ein schlechter Trost,
Den man den Armen gibt.
O. u.
Dann allerdings.
— „Warum verlassen Sie denn das Geschäft des Fabrikanten
Schnetzler?"
Buchhalter: „Der ist mir zu bequem und zu wenig zartfühlend;
denken Sie, sogar mein Lntlassungsschreiben hat er
mir in die Feder diktiert."