Zeitschrift für Humor und Run st s2ss
— „Nun, Herr Dipferl, werden Sie sich die erlegte Eule für Ihr Iagdzimmer ausstoxfen lassen?"
— „Hm, lieber nichtl Meine Schwiegermutter konnte es am Ende für 'ne Anspielung halleni"
Die große Urise.
ie saßen in dein traulichen Eckchen zwischen dem großen
Eßtisch und dem Delfter Kamin, in dein ein lustiges
kleines Feuerchen prasselte, um die ungemütlichen Herbst-
nebel, die zudringlich an den Ritzen der Fenster herumlugten,
zu verscheuchen. Sie, über eine winzige Filigranstickerei gebeugt,
er, in andachtsvollem Anschauen seines jungen Glückes ver-
sunken. Plötzlich aber gab er sich einen kleinen Ruck, langte in
die Taschen seines Hausrockes, holte eine goldene Dose hervor
und — schnupfte. Ls gibt nichts auf der Welt, was hätte
prosaischer sein können, als eine Prise inmitten dieser jungen
Lhe-Idylle.
Lin langer, fragender, halb vorwurfsvoller Blick glitt
unter den Wimpern der jungen Frau hervor und folgte jeder
Bewegung ihres Mannes.
„Vito," kam es dann zaghaft von den Lippen der Frau,
„willst Du mir nicht böse sein, wenn ich Dich jetzt etwas frage?"
„Gar nicht, mein Herzemäuschen," gab lachend der Gefragte
zurück, „frage nur immer zu."
„Siehst Du," nahm nun die Frau wieder das Wort, „ich
will Dir ja nichts in Deine liebgewordenen Gewohnheiten
reden; Papa hat geschnupft und Vnkel auch und viele große
Männer jedweden Standes haben es ebenfalls getan; aber ich
muß mir dann immer ein Gesicht vorstellen mit einer roten,
dicken Nase, einem mächtigen Schnauzbart und einem roten,
baumwollenen Taschentuch. Und so oft ich Dich nun schnupfen
sehe, spielt mir meine Phantasie den Possen, Dein Gesicht
C. A. Hennig.
in solch eine Schnupfermaske umgewandelt zu sehen, und
das quält mich. Gtto, nicht wahr, Du wirst ja nie ein solches
Gesicht bekommen?"
Gtto lachte hellauf.
„Nein, mein liebes Annerl," sagte er, „ein solches Gesicht
werde ich nicht bekommen. Hab also keine Angst. Ich schnupfe
lediglich ein ganz, ganz kleines Prischen und das muß ich tun,
so oft — — nun so oft ich Dich ansehe."
„Aber, Gtto, so etwas habe ich doch noch nie gehört!"
„Ls ist aber doch so, denn Du mußt wissen, daß ich Dich, mein
liebes süßes Weibchen, lediglich dem Schnupftabak verdankel"
„Gtto!" Zwei dicke Tränen quollen aus Frau Annas
Augen und fielen wie zwei Tautropfen auf die kunstvolle
Stickerei. Und der ungezogene Gatte gab sich nicht einmal
Mühe, sie zu trocknen, oder, wie es sich von Rechts wegen
gehört hätte, sie hinwegzuküssen, sondern erwiderte ganz gelassen
und noch immer lächelnd: „Ich wollte Dir die Geschichte schon
immer erzählen, doch fand ich nie Gelegenheit dazu. Denn
selber davon anfangen, das ist so 'ne Sache. Sie ist nämlich
ein ganz klein wenig pikant."
Frau Annerl richtete sich bei den letzten Worten hoch auf,
die beginnende salzige Flut war wie auf Zauberwort versiegt,
und mit neugieriger Hast erwiderte sie: „Ja, bitte, bitte, er-
zähl' mir das!"
„Nun wohl, so höre. Ich war damals noch ein gut Teil
jünger als heut, und mein Herz war entzündlich wie trockenes
— „Nun, Herr Dipferl, werden Sie sich die erlegte Eule für Ihr Iagdzimmer ausstoxfen lassen?"
— „Hm, lieber nichtl Meine Schwiegermutter konnte es am Ende für 'ne Anspielung halleni"
Die große Urise.
ie saßen in dein traulichen Eckchen zwischen dem großen
Eßtisch und dem Delfter Kamin, in dein ein lustiges
kleines Feuerchen prasselte, um die ungemütlichen Herbst-
nebel, die zudringlich an den Ritzen der Fenster herumlugten,
zu verscheuchen. Sie, über eine winzige Filigranstickerei gebeugt,
er, in andachtsvollem Anschauen seines jungen Glückes ver-
sunken. Plötzlich aber gab er sich einen kleinen Ruck, langte in
die Taschen seines Hausrockes, holte eine goldene Dose hervor
und — schnupfte. Ls gibt nichts auf der Welt, was hätte
prosaischer sein können, als eine Prise inmitten dieser jungen
Lhe-Idylle.
Lin langer, fragender, halb vorwurfsvoller Blick glitt
unter den Wimpern der jungen Frau hervor und folgte jeder
Bewegung ihres Mannes.
„Vito," kam es dann zaghaft von den Lippen der Frau,
„willst Du mir nicht böse sein, wenn ich Dich jetzt etwas frage?"
„Gar nicht, mein Herzemäuschen," gab lachend der Gefragte
zurück, „frage nur immer zu."
„Siehst Du," nahm nun die Frau wieder das Wort, „ich
will Dir ja nichts in Deine liebgewordenen Gewohnheiten
reden; Papa hat geschnupft und Vnkel auch und viele große
Männer jedweden Standes haben es ebenfalls getan; aber ich
muß mir dann immer ein Gesicht vorstellen mit einer roten,
dicken Nase, einem mächtigen Schnauzbart und einem roten,
baumwollenen Taschentuch. Und so oft ich Dich nun schnupfen
sehe, spielt mir meine Phantasie den Possen, Dein Gesicht
C. A. Hennig.
in solch eine Schnupfermaske umgewandelt zu sehen, und
das quält mich. Gtto, nicht wahr, Du wirst ja nie ein solches
Gesicht bekommen?"
Gtto lachte hellauf.
„Nein, mein liebes Annerl," sagte er, „ein solches Gesicht
werde ich nicht bekommen. Hab also keine Angst. Ich schnupfe
lediglich ein ganz, ganz kleines Prischen und das muß ich tun,
so oft — — nun so oft ich Dich ansehe."
„Aber, Gtto, so etwas habe ich doch noch nie gehört!"
„Ls ist aber doch so, denn Du mußt wissen, daß ich Dich, mein
liebes süßes Weibchen, lediglich dem Schnupftabak verdankel"
„Gtto!" Zwei dicke Tränen quollen aus Frau Annas
Augen und fielen wie zwei Tautropfen auf die kunstvolle
Stickerei. Und der ungezogene Gatte gab sich nicht einmal
Mühe, sie zu trocknen, oder, wie es sich von Rechts wegen
gehört hätte, sie hinwegzuküssen, sondern erwiderte ganz gelassen
und noch immer lächelnd: „Ich wollte Dir die Geschichte schon
immer erzählen, doch fand ich nie Gelegenheit dazu. Denn
selber davon anfangen, das ist so 'ne Sache. Sie ist nämlich
ein ganz klein wenig pikant."
Frau Annerl richtete sich bei den letzten Worten hoch auf,
die beginnende salzige Flut war wie auf Zauberwort versiegt,
und mit neugieriger Hast erwiderte sie: „Ja, bitte, bitte, er-
zähl' mir das!"
„Nun wohl, so höre. Ich war damals noch ein gut Teil
jünger als heut, und mein Herz war entzündlich wie trockenes